Montag, 24. Juni 2024

Deutschlands EU-Klimapläne reichen wohl nicht – das könnte auch für Steuerzahlende teuer werden

Frankfurter Rundschau  hier  23.06.2024, Von: Lisa Mahnke

Aktuelle Klimapläne könnten Deutschland mit Milliardenstrafen konfrontiert. Die Bundesregierung muss schnell handeln, um finanzielle Lasten zu vermeiden.

Der deutschen Klimaplan könnte Deutschland teuer zu stehen kommen, auch wenn die Bundesregierung mit der Novelle des Klimaschutzgesetzes die Sektorziele abgeschafft hat. Deutschland schneidet mit Italien bei einer Analyse der neuesten Nationalen Energie- und Klimapläne (NECP) für die EU-Lastenteilungsverordnung (ESR) am schlechtesten ab. Auch die Steuerzahler könnten darunter leiden, denn laut aktuellen Einschätzungen wäre der Ausgleich mit Emissionszertifikaten kostspielig bis unmöglich.

Die ESR bindet Mitgliedsstaaten durch Emissionszertifikate an nationale Klimaziele, die jedem Staat abhängig vom Bruttoinlandsprodukt und der Kosteneffektivität der Maßnahmen in unterschiedlichen Mengen erlaubt werden. Mit den nationalen Zielen soll gesamteuropäisch bis 2030 eine 40-prozentige Emissionsreduktion erreicht werden.

Laut den Plänen, die der EU-Kommission bis zum 30. Juni final vorgelegt werden sollen, verfehlen über zwei Drittel der EU-Mitgliedsstaaten das ESR-Ziel. Deutschland verfehlt in seinem aktuellen Plan das Ziel um zehn Prozent, so die NGO-Dachorganisation „Transport & Environment“ (T&E), und müsste unter allen Ländern am meisten für den Zertifikatsausgleich zahlen.

Zertifikatehandel Ausweg bei EU-Klimazielen? 
Diese Kosten kommen auf Deutschland zu

So bräuchte Deutschland alleine 126 Millionen Zertifikate, also 70 Prozent des voraussichtlichen Überschusses anderer Länder. Je nach verhandeltem Preis könnte dies unterschiedlich viele Kosten für Deutschland bedeuten. Bei einem Preis von 129 Euro pro Zertifikat, den T&E annahm, lege Deutschland bei 16,25 Milliarden Euro. Das deutsche Umweltbundesamt ging in Schätzungen von einem ähnlichen Preis aus (125 Euro pro Tonne CO₂). Die NGO-Dachorganisation warnte, dass die Ausgleichszertifikate im Jahr 2030 knapp werden könnten, sodass die tatsächlichen Auswirkungen noch höher sein könnten.

Einige Schätzungen veranschlagten bis zu 260 Euro pro Zertifikat, was zu 33,54 Milliarden Euro an Kosten führen könnte. Deutschland und Italien, das laut T&E-Analysen das Ziel ebenfalls um 7,7 Prozent verfehlen würde, würden zudem die Zertifikatsrechte fehlen, um überhaupt die Lücke schließen zu können: Die Steuerzahler würden darunter leiden. Verantwortlich sei laut T&E in Deutschland vor allem der Verkehrssektor für die Nichteinhaltung der Ziele.

Haushaltsprobleme bei der Bundesregierung: Klimaschutz steht hinten an

Schon bei den diesjährigen Haushaltsverhandlungen für das Jahr 2025 musste die Bundesregierung knausern, um ein 40-Milliarden-Loch zu stopfen, ohne gleichzeitig die Schuldenbremse auszusetzen. Eine Ausgabenstelle traf es dabei ausgerechnet besonders: den Klimafond. Zusätzliche Kosten durch den Zertifikatsausgleich würden die Bundesregierung hart treffen. „Die schiere Höhe der Zahlungen, die Deutschland im Jahr 2030 möglicherweise leisten müsste, ist atemberaubend“, sagte Sebastian Bock, der Geschäftsführer von T&E Deutschland, in einer Pressemitteilung.

Die Novelle des Klimaschutzgesetzes, die vor allem von der FDP vorangetrieben wurde, sei laut Bock „nicht mehr als ein Taschenspielertrick“. Er forderte den Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) auf: „Entweder er zahlt für den verschleppten Klimaschutz Milliarden an unsere Europäischen Nachbarländer oder er fängt endlich an beim Klimaschutz im Verkehr ernst zu machen.“

EU erreicht Klimaziel voraussichtlich nicht – Gerichtsverfahren wegen fehlender Zertifikate

Weiteren Länder, die ebenfalls Zertifikate benötigten, könnten Gerichtsverfahren drohen, wenn sie keine Zertifikate mehr abbekommen würden. Laut den aktuellen NECP würden Spanien, Griechenland und Polen ihr Ziel am ehesten übertreffen und könnten so massivst durch Zertifikatehandel profitieren.

Basierend auf den NECP-Entwürfen, die im Vorjahr eingereicht wurden, berechnete die Europäische Kommission eine Emissionsreduktion von 33,8 Prozent bis 2030, sodass das europäische Emissionsziel um 6,2 Prozent verfehlt wäre. Laut einer neuen Kalkulation der NGO-Dachorganisation Transport & Environment (T&E) fehlen nun, wenige Tage vor der NECP-Frist immernoch 4,5 Prozent zum Erreichen des Emissionsziels. (lismah)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen