Süddeutsche Zeitung hier 6. Juni 2024 Kommentar von Vera Schroeder
Die Zerstörung der Natur rächt sich inzwischen beinahe Tag für Tag. Was zu tun wäre, ist seit Langem bekannt. Doch das Realitätsverweigerungstheater geht weiter.
Es ist nicht zu übersehen: Die Menschheit ist an einem Punkt angelangt, an dem ihr die Zerstörung des Planeten um die Ohren fliegt. Klimakrise mitsamt Hochwasser sind ja nur ein Teil davon. Da ist der Müll, der die Erde bis in die Tiefsee runter verdreckt. Da sind der Stickstoff und die Gifte in den Böden. Da ist das Artensterben, die vielleicht größte Krise von allen, weil die Folgen so unkalkulierbar sind, da ohne etliche Tiere und Pflanzen ganze Ökosysteme kollabieren, was Seuchen und Ernährungskrisen nach sich ziehen würde.
Praktischerweise jedoch ist die Lösung all dieser Krisen bekannt. Bei allem, was der Mensch tut und lässt, im Kleinsten wie im Größten, müsste er dem Schutz und der Wiederherstellung der Natur den Vorrang geben, statt sie weiter zu zerstören: sie nicht mehr vollmüllen, vergiften, verpesten, verletzen. Sich als Teil der Natur begreifen, statt als ihr ausbeuterischer Besitzer.
Auen bieten gleich fünf Leistungen auf einmal an
Keine technische Erfindung kann so umfassend den Planeten reparieren wie sich erholende Ökosysteme selbst, die, von Menschenhand unterstützt, die Chance bekommen, ein neues Gleichgewicht zu finden.
Man kann das am Beispiel von Flutkatastrophen beschreiben. Renaturierte Flussläufe, Auen und Feuchtgebiete bieten gleich fünf Leistungen: Als Rückhalteflächen schützen sie erstens vor Hochwasser. Als Wasserspeicher helfen sie zweitens gegen Dürre. Drittens filtern und säubern sie die Böden, viertens bunkern sie Kohlendioxid, und fünftens fördern sie die Artenvielfalt. Alles seit Langem bekannt.
Allein: Der Mensch kommt nicht in die Umsetzung. Stattdessen schwindelt er sich trotz offensichtlich eskalierender Lage stets weiter vor, dass seine 20.-Jahrhundert-Welteroberungsperspektive die einzig realistische sei;
dass naturverbundene Sichtweisen einer naiven Utopie entsprächen. Dabei ist doch allein die Vorstellung naiv, man komme aus dieser Lage mit Realitätsverweigerungstheater wieder heraus.
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