Einerseits: Die Grünen konzentrieren sich nicht auf Themen, die der Gesellschaft nahe gehen - andererseits: Die Grünen müssen mehr für ihre Überzeugungen einstehen, auch wenn`s unbequem wird. Ja was denn nun?
hier 12.06.2024, Von: Alexandra Heidsiek
Europawahl-Klatsche für die Grünen
Inflation, Migration, Energiekrise: Die Grünen konzentrieren sich nicht genug auf die Themen, die der Gesellschaft nahe gehen, argumentieren US-Medien.
Die Europawahl-Ergebnisse schockieren über den Atlantik hinweg. In einem vernichtenden Beitrag hat die amerikanische Zeitung Wall Street Journal analysiert, warum die Grünen in Deutschland so schlecht abgeschnitten haben.
Die Habeck-Partei hatte 11,9 Prozent erreicht – ein starker Fall im Vergleich zu den 20,5 Prozent, die die Grünen bei der Europawahl 2019 einfahren konnten. Bei der Bundestagswahl 2021 kamen sie immerhin auf 15 Prozent. Abgewandert sind die Wähler zu CDU und AfD, die jeweils 30 und 15,9 Prozent holen konnten.
Das WSJ spekuliert, das dramatische Ergebnis der Grünen läge neben einer allgemeinen Ampel-Müdigkeit an falscher Schwerpunktsetzung. So wären Nachhaltigkeits- und Klimathemen vor fünf Jahren noch Wählerpriorität gewesen. Nach Pandemie, Krieg und Inflation trieben nun jedoch andere Probleme die Bevölkerung um. Zu den größten Sorgen zählten Sicherheit und Immigration. Gleichzeitig scheinen die Heilsversprechen nachhaltiger Energie in Zeiten des umstrittenen Heizungsgesetzes fern. Dass die Wählerinnen und Wähler sich von Klimapolitik abwenden, die ihren Lebensstandard jetzt zugunsten einer ungewissen Zukunft beeinflusst, sei eine Warnung, schreibt das WSJ: Brüssel müsse seine ökologischen Initiativen überdenken.
Die Klimakrise hat keine einfache Lösung
Dass sich viele jetzt dem Populismus aus der Opposition zuwenden, zeigt vor allem: Die Probleme werden komplexer. Wenn man den Krieg in der Ukraine mit Reden lösen könnte, hätten die westlichen Politikerinnen und Politiker das sicher längst getan. Wer von ihnen profitiert denn davon, wenn Putin vor ihrer Haustür randaliert? Trotzdem verspricht Sahra Wagenknechts BSW genau das: Frieden statt Krieg. Ein Anruf im Kreml und die Sache ist gegessen. Gleiches gilt für die Migrationspolitik der AfD. Einfach alle abschieben, niemanden reinlassen – Problem gelöst? Sicherlich nicht.
Die Klimakrise jedoch ist verzwickt. Sie hat keinen offensichtlich Schuldigen, den wir aus dem Weg räumen können. Sie ist diffus, abstrakt und unintuitiv: „Aber es regnet doch! Es schneit!“ Weil sogar die Populisten erkannt haben, dass sie keine einfachen Antworten liefern können, ignorieren sie sie einfach. Besser, man konzentriert sich auf das Hier und Jetzt. Natürlich können die Grünen da nicht gewinnen. Sich mit seinem eigenen Verhalten zu beschäftigen – unabdingbar, wenn Deutschland seine Klimaziele erreichen will – ist unbequem.
Doch wenn sie mit diesem Thema Stimmen gewinnen wollen, müssen die Grünen ihre Kommunikation überdenken und stärker für ihre Überzeugungen einstehen. Auch die EU kann und darf nicht „von ihrer grünen Agenda abrücken“, wie das WSJ schreibt. Sonst könnte die Klimakrise ganz schnell auf Platz 1 der Wählersorgen landen.
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