Augsburger Allgemeine hier Von Dominik Prandl | 08.07.24,
Ulmer Klima-Kletterer setzen Münster-Aktion fort und kritisieren CDU/CSUIn einem offenen Brief konfrontieren die Aktivisten die Parteien direkt. Nach der Kletteraktion aufs Münster treffen sie sich zudem mit dem zuständigen Dekan.
Die Ulmer Klima-Kletterer machen weiter: Nachdem sie am vergangenen Dienstag auf das Ulmer Münster geklettert waren, um in rund 65 Meter Höhe ein Banner auszurollen mit der Frage „Wäre Jesus Klimaaktivist?“, treffen sie sich nun eine Woche später mit Münster-Dekan Torsten Krannich. Dabei wollen sie Wege ausloten, „wie wir gemeinsam christliche Werte in die deutsche und europäische Klimapolitik tragen können“, teilen sie mit.
Ihre Gesprächspositionen hätten sie im Vorfeld mit Pfarrern verschiedener Gemeinden in Süddeutschland abgestimmt, die aktuell mit ihren Kirchenräten im Gespräch seien, um ein Angebot der Kletterer anzunehmen.
Diese wollen nämlich auch Banner an weiteren Kirchenfassaden aufhängen.
Beim Gespräch in Ulm seien nicht nur die drei Kletterer dabei, sondern auch weitere Mitglieder des generationenübergreifenden Vorbereitungsteams der Aktion, darunter die 71-jährige Rosmarie Vogt aus Weingarten, die die Perspektive der älteren Generation vertreten wird.
Offener Brief an CDU und CSU vor Ort
Unabhängig davon richten sich die Aktivisten mit einem offenen Brief direkt an die CDU Ulm und die CSU-Neu-Ulm. Von einigen Stellen sei die Kletteraktion nämlich als Kritik an der Münstergemeinde missverstanden, obwohl man damit eigentlich erreichen wollte, dass „christliche und kirchliche Werte Einzug in die Politik halten“, schreiben sie. Besondere Verantwortung dafür tragen aus Sicht der Kletterer die CDU und die CSU, „die sich christliche Werte auf die Fahnen schreiben“.
Im Brief zitieren die Klimaaktivisten ein Dokument der CDU aus dem Jahr 1947. Darin heißt es: „Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen. Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr als das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein. Durch eine gemeinwirtschaftliche Ordnung soll das deutsche Volk eine Wirtschafts- und Sozialverfassung erhalten, die dem Recht und der Würde des Menschen entspricht, dem geistigen und materiellen Aufbau unseres Volkes dient und den inneren und äußeren Frieden sichert.“
Direkte Konfrontation
Dann folgt im Brief eine offene Kritik mit den Worten: „Was meinen Sie, würde Jesus Ihnen das ,C‘ klauen und im Gegenzug Bibeln schenken? Ihre Politik steht schon seit Jahren nicht mehr im Einklang mit christlichen Werten, erst recht nicht Ihre Klimapolitik.“
Die Aktivisten kündigen an, dass sie in den Parteibüros vorbeischauen werden, um an christliche Werte zu erinnern.
Die erste Reaktion des Dekans des Kirchenbezirks Ulm mit dem Satz „Ihr seid ja völlig irre“ kann ich gut nachvollziehen. Diese Aktion, ein Banner am Turm des Ulmer Münsters aufzuhängen, war ja wirklich unglaublich und so was war in Ulm noch nie zu sehen. Das Wort „irre“ wird manchmal auch in einem anderen Zusammenhang gesprochen z. B. „Das war irre gut“. Auch dieser Satz würde für diese Aktion bestens passen. Weil die, auf dem Banner gestellte Frage, „Wäre Jesus heute Klimaaktivist?“ in der heutigen Zeit ihre absolute Berechtigung hat. Niemand kann diese Frage beantworten. Aber angesichts dessen, was wir Menschen auf dieser Welt, die uns anvertraut ist, anrichten, ist diese Frage, mit Blick auf den Auftrag Bewahrung der Schöpfung, nicht nur berechtigt, sondern unbedingt nötig.
AntwortenLöschenEs erübrigt sich auf die aktuelle Entwicklung in der Natur, in unserer Umwelt und der drohenden Klimakatastrophe näher einzugehen. Alle, die es wissen wollen, können es hören, lesen oder auch schon spüren.
Doch wir sorgen uns weiterhin ungebremst um unseren Wohlstand und unsere Freiheit. Wir lieben unsere tollen Autos und die „erholsamen“ Urlaubstage in fernen Ländern.
Selbstverständlich kann der Dekan laut unserer Rechtsprechung die Aktivisten wegen Hausfriedensbruch anzeigen. Es bleibt die Frage: Mit welchem Ziel?
Ich wünsche dem Dekan, dass er sein Gesprächsangebot an die Aktivisten aufrechterhält. Das Gespräch mit diesen jungen Menschen zu pflegen wäre praktizierte Seelsorge. Diese jungen Leute sind in großer Sorge um ihre (oder auch um unsere) Zukunft. Als Großvater von vier kleinen Enkeln teile ich deren Sorgen voll und ganz.
Wenn sich diese jungen Leute durch ihre Aktion mit ihrer Sorge an die Kirchen und Christen richten, müssten sich eigentlich die kirchlich Verantwortlichen freuen und dies als ernsten Auf-Weckruf verstehen. Wie heißt es so schön in einem Kirchenlied? „Weck die tote Christenheit aus dem Schlaf der Sicherheit, dass sie deine Stimme hört…“.
Lieber Herr G. ich habe ihren Brief an die Klimaaktivisten im Altdorfer Wald weiter geleitet. Sie freuen sich sehr darüber.
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