Der Tagesspiegel Von Ruth Ciesinger 19.07.2024
Podcast „Gradmesser“ mit Stefan Rahmstorf
Dass unser Klima in Europa relativ mild ist, verdanken wir einer gigantischen Strömung im Atlantik, die wie auf einem Förderband riesige Mengen warmen Wassers von Süden Richtung Norden transportiert, und dann in der Tiefe des Ozeans kaltes Wasser wieder zurückschickt. Wenn dieses Förderband, die sogenannte Atlantische Umwälzströmung, stoppt, hat das massive Folgen für unser regionales Klima. Und mit steigender Erderwärmung wächst auch die Wahrscheinlichkeit, dass das tatsächlich passiert.
Stefan Rahmstorf, Klimaphysiker am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, ist einer der renommiertesten Experten zur Atlantischen Umwälzströmung (kurz AMOC). Im Klima-Podcast „Gradmesser“ spricht er darüber, woran sich bereits deutlich zeigt, dass die AMOC schwächer wird. Er nimmt Bezug auf neueste Computeranalysen, die nun sehr detailliert deutlich machen, dass im Atlantik ein Klimakipppunkt in der Tat erreicht wird.
Klimakipppunkt bedeutet, dass ab einem bestimmten Moment die Entwicklung nicht mehr gestoppt oder rückgängig gemacht werden kann, auch wenn die Menschheit aufhört, immer mehr CO₂ in der Atmosphäre abzulagern. Bei der AMOC bedeutet es, dass sie immer schwächer wird, bis sie komplett stoppt.
Es drohen „unvorstellbare Wetterextreme“
Die Folge: In Nordeuropa wird es innerhalb sehr kurzer Zeit sehr viel kälter, infolge der krassen Temperaturunterschiede erwartet Rahmstorf „heute noch unvorstellbare Wetterextreme“.
Im „Gradmesser“ spricht Stefan Rahmstorf auch darüber, warum er die Klimamodelle und Vorhersagen des Weltklimarates (IPCC) im Blick auf die Atlantische Umwälzströmung als zu optimistisch beurteilt. Und er sagt, wann und unter welchen Bedingungen in der Vergangenheit, die AMOC schon zusammengebrochen ist.
„Die Leute möchten gerne glauben, dass das alles nicht so schlimm ist“, sagt Rahmstorf, der regelmäßig in Vorträgen und Artikeln vor den Folgen des Klimawandels warnt. Er wird damit auch nicht aufhören, auch wenn er sagt: „Das hätte ich mir nicht vorstellen können als junger Wissenschaftler, dass wenn die Evidenz mal so klar ist, dass dann immer noch nicht gehandelt wird.“
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