Donnerstag, 11. Juli 2024

Unsicherheiten in der Heizungsbranche wegen Heizungsgesetz

Frankfurter Rundschau  hier  10.07.2024  Von: Amy Walker

 „Die Wärmepumpe ist alternativlos“ – Auch die CDU wird das Heizungsgesetz nicht abschaffen

Der Deutschland-Chef des Heizungs-Giganten Vaillant spricht im Interview über die Folgen des Heizungsgesetzes – und warum die Wärmepumpe langfristig die Masse begeistern wird.


Es ist nun über ein Jahr her, da stritt die Bundesrepublik heftig über die Wärmewende. Das sogenannte Heizungsgesetz trat nach langen Debatten im Januar 2024 in Kraft – doch in der Heizungsbranche richteten die Diskussionen einen Schaden an. Verunsichert durch die öffentliche Debatte kauften Verbraucher weniger Wärmepumpen als erwartet, was Hersteller in Schwierigkeiten brachte.

Einer der bekanntesten und wichtigsten deutschen Hersteller von Heizungstechnik ist die Vaillant Gruppe. Im Gespräch mit IPPEN.MEDIA erklärt der Geschäftsführer Vaillant Deutschland, Tillmann von Schroeter, warum er trotz des schwierigen Jahres zuversichtlich bleibt. Und warum er nicht daran glaubt, dass die Union das Heizungsgesetz wirklich abschaffen kann.

Herr von Schroeter, Anfang Juli hat Ihr Konkurrent Viessmann für einige Mitarbeiter Kurzarbeit angemeldet. Diesen Schritt mussten schon andere Wärmepumpenhersteller gehen - auch Sie. Wie ist bei Ihnen denn die Lage?

Wir sind in Teilen der Produktion noch in Kurzarbeit. Von unseren 5.000 Mitarbeitern in Deutschland sind es rund 100 Personen.

Was glauben Sie, wann das vorbei sein könnte?

Das ist schwierig zu sagen. In Deutschland hat sich die Konjunktur abgekühlt – das gilt auch für die Nachfrage nach effizienter Heiztechnik.
Als Unternehmen orientieren wir uns selbstverständlich an der Nachfrage unserer Kunden. Viele Geräte, die wir letztes Jahr produziert haben, wurden dieses Jahr noch verbaut. 

Mittelfristig rechnen wir damit, dass das Geschäft mit Wärmepumpen wieder anziehen wird. Diese Technologie, die etwa drei Viertel ihrer Energie kostenlos aus der Umwelt bezieht, ist prädestiniert für die Dekarbonisierung im Gebäudebereich. Und solange wir den gesellschaftlichen Konsens haben, den Klimawandel eindämmen zu wollen, ist der Einsatz von Wärmepumpen heute alternativlos.

Die Bundesregierung hat bekanntlich das Ziel vorgegeben, jährlich 500.000 Wärmepumpen einbauen zu wollen. Wie viele Geräte bauen Sie denn gerade ein?

Derzeit gehen insgesamt rund 9.000 Förderanträge pro Monat bei der KfW-Bank ein. Und na ja, neun mal zwölf, das sind jetzt noch nicht ganz 500.000 Wärmepumpen. (lacht) Ein erster, wichtiger Schritt wäre ein Anstieg auf 20.000 Förderanträge pro Monat. Aber auch davon sind wir noch ein ganz schönes Stück weg. Zu den Gründen zählen eine stark rückläufige Baukonjunktur, aber auch die öffentlich ausgetragene, kontroverse Debatte um Gesetze zur Nutzung umweltschonender Heiztechnik und entsprechender Förderung.

Heizungs-Branche erwartet langsame Belebung: „Wärmepumpen-Bashing“ wohl vorbei

Die Heizungsbranche hat ein schwieriges Jahr hinter sich, die Wärmepumpe ist zwischenzeitlich sogar fast in Verruf geraten. Wie nehmen Sie die Stimmung heute wahr?

Diese ganze Diskussion, die wir letztes Jahr insbesondere im Sommer hatten, das hat für sehr viel Verunsicherung gesorgt. Wenn man aber heute fragt, mit welcher Technologie die Menschen ihr Haus am liebsten beheizen würden, sagen etwa die Hälfte: mit einer Wärmepumpe. Damit sind wir ungefähr wieder auf dem Niveau von Januar 2023. Damit haben wir das Wärmepumpen-Bashing endlich hinter uns gelassen. Wir arbeiten kontinuierlich daran, unseren Kunden und der Branche zu vermitteln, dass der Einbau einer Wärmepumpe in den allermeisten Fällen die ökonomisch sinnvollste und zukunftsfähigste Lösung für ihr Haus ist.

Eine neue Heizung kostet ja auch ordentlich Geld. Und die Förderung wird aktuell ja auch noch nicht ausgezahlt. Erwarten Sie da im Herbst eine weitere Belebung?

Ja, es stimmt: Der Förderantrag kann seit Februar gestellt werden und wird auch sehr schnell bewilligt. Das Geld kommt aber mit Verzögerung. Und ja, es gibt Haushalte, die das Geld für eine zukunftsfähige Heizung – auch wenn diese geringere Betriebskosten als die alte Heizung hat – nicht auf der hohen Kante liegen haben. Aber auch früher mussten Kunden oft eine Zeit überbrücken und zwischenfinanzieren, bevor das Geld dann wirklich da war. 

Ab September wird sich diese aber Situation ändern. Dann wird die Förderung von der KfW zeitnah ausgezahlt. Wichtig ist zudem, dass Dienstleister wie Energieberater oder Fachhandwerker den Kunden zukünftig bei der Antragstellung helfen und den Prozess begleiten können. Der Hausbesitzer muss den Antrag dann nur noch prüfen und unterschreiben. Dies und eine schnelle Auszahlung der Fördermittel werden die Bereitschaft, in eine zukunftsfähige und auch wirtschaftlich sinnvolle Technologie zu investieren, weiter steigern.

Vaillant-Chef überzeugt: Flexible Stromtarife machen Wärmepumpe noch attraktiver

Wie geht’s denn bei Vaillant mit den fossilen Heizungen weiter, also insbesondere mit den Gasheizungen?

Wenn die alte Gasheizung im Januar kaputtgeht und der Hausbesitzer schnell reagieren muss, dann wird die Gasheizung noch oft durch eine Gasheizung ersetzt. Aber sobald mehr Zeit für eine detaillierte Planung da ist, wird heute meist schon anders entschieden – für eine Wärmepumpe, für die es hohe Fördermittel gibt und die im Betrieb Geld spart. Deswegen ist das Geschäft mit fossilen Heizungen nicht nur in Deutschland rückläufig. Wir sind davon überzeugt, dass die Wärmepumpe in den allermeisten Fällen die wirtschaftlich attraktivste Lösung ist. Das werden wir verstärkt sehen, wenn flexible Stromtarife kommen. Dann werden die Energiekosten für elektrisch betriebene Wärmepumpen immer günstiger werden gegenüber fossilen Energieträgern, die sich durch immer stärker steigende CO₂-Preise deutlich verteuern.

Bieten Sie denn auch sogenannte „H2-ready”-Heizungen an, also solche, die auch mit Wasserstoff laufen können?

Ja, wir glauben, dass grüne Gase im Energiemix eine Rolle spielen werden. Welche Rolle Wasserstoff für den Wärmemarkt spielen wird, wird sich zeigen. Wir bieten unseren Kunden Gasheizgeräte an, die sich mit einem Umrüst-Kit so umbauen lassen, dass sie mit 100 Prozent Wasserstoff betrieben werden können. Am Ende entscheiden aber die Versorger und die Kommunen, ob überhaupt ein Wasserstoffnetz aufgebaut wird oder ob Biogase verwendet werden. 

Ausschlaggebend ist die kommunale Wärmeplanung: Wir sprechen hier von einem substanziellen Umbau der Versorgungsinfrastruktur. Dabei wird es natürlich auch um Kosten gehen. Im Vergleich zur Verlegung einer Fernwärmeleitung kostet es einen Bruchteil, ein Stromkabel zu verlegen. Wenn wir pro eingesetztem Euro die maximale CO₂-Einsparung haben wollen, dann wird die Wärmepumpe eine führende Rolle spielen.

Die kommunale Wärmeplanung ist ja irgendwo Fluch und Segen zugleich. Auf der einen Seite ist es sinnvoll und wichtig, dass die Kommunen sich intensiv mit dem Thema beschäftigen. Gleichzeitig warten jetzt sehr viele Leute ab, obwohl eigentlich schon klar ist, vor allem bei Einfamilienhäusern, dass die Wärmepumpe die beste Lösung sein wird. 

In unseren Augen können Eigentümer von Einfamilienhäusern sofort mit der Planung einer Wärmepumpe beginnen. Eine Wärmepumpe liefert CO₂-freie Wärme und erfüllt alle rechtlichen Anforderungen – heute, morgen und übermorgen. Der Standard-Haushaltsstrom-Anschluss ist für ihren Betrieb ausreichend. Wenn ich heute meinen Backofen laufen lasse, staubsauge und sich meine zwei Töchter gleichzeitig noch die Haare föhnen können, dann geht auch eine Wärmepumpe. Das ist gar kein Problem. Für den Umbau von Mehrfamilienhäusern, die viel mehr Energie benötigen, ist es wichtig, die Energieversorgung von morgen zu planen und zu bauen.

CDU will Heizungsgesetz abschaffen – aber kann sie das überhaupt wirklich?

Sie spielen auf die Sorge vieler Menschen an, dass die Wärmepumpe so viel Strom zieht und dadurch auch unheimlich teuer wäre. Was sagen Sie diesen Leuten?

Ich sage: Es werden auch dieses Jahr sehr viele von diesen Maschinen eingebaut, aller Diskussionen und Vorurteile gegenüber dieser Technologie zum Trotz. Dadurch werden immer mehr Menschen erleben, dass Behauptungen wie „es geht nur mit Fußbodenheizung“ und „Stromkosten explodieren“ einfach nicht richtig sind. Es mag sicherlich mal eine Wärmepumpe falsch dimensioniert sein. Aber wenn die Menschen anfangen, mit ihren Nachbarn, Freunden und Familien zu sprechen und sagen: „bei mir funktioniert das prima“, dann wird sich die Wärmepumpe auch bei Skeptikern durchsetzen. Denn: was sind die Alternativen? Wir werden nicht flächendeckend Fernwärmenetze bauen. Das wird zu teuer werden und viel zu lange dauern. Die Wärmepumpe wird das Massengeschäft sein. Und wenn wir jetzt bei 60 Prozent erneuerbarem Strom sind, muss man auch aus volkswirtschaftlicher Sicht erkennen: Im Sommer mit fossiler Energie Warmwasser zu bereiten, sollte schnellstmöglich der Vergangenheit angehören.

Nächstes Jahr ist Bundestagswahl und aus Teilen der CDU ist zu hören: Sie würden das Heizungsgesetz abschaffen. Wie reagieren Sie darauf? 

Wer als Opposition in den Wahlkampf geht, wird nicht sagen, ich lasse alles so, wie es ist – vor allem bei einem so emotional diskutierten Thema. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die CDU einen komplett anderen Kurs einschlägt. Denn die Frage ist doch: Welche anderen Möglichkeiten gäbe es, den Umstieg auf regenerative Energien im Gebäudesektor zu bewältigen? Wenn ich ausschließlich den CO₂-Preis sehr stark erhöhe, dann trifft das alle, die pendeln, alle, die in unsanierten Häusern mit einer Öl- oder Gasheizung leben – das forciert eine sozialpolitische Diskussion. Ich glaube, dass CDU und CSU mit ihrer Verankerung im ländlichen Raum nicht ausschließlich auf eine Steuerung über höhere Energiepreise setzen werden. Deutschland wird auch morgen ein Gebäudeenergiegesetz benötigen. Ich freue mich auf eine sachliche und lösungsorientierte Diskussion darüber, wie wir das Heizungsgesetz weiterentwickeln.

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