Donnerstag, 25. Juli 2024

Darum sind Kühe so selten Kühe auf der Weide

Schwäbische Zeitung  hier Patrick Müller  23.7.24

Im Vergleich zu einem modernen Laufstall ist die Weidehaltung arbeitsintensiver. Was zwei Allgäuer Landwirte jetzt fordern.

Die Weidekuh sei in Deutschland mittlerweile zu einer bedrohten Art geworden, warnte unlängst die Umweltschutzorganisation Greenpeace. Während 2010 noch 42 Prozent dieser Nutztiere Zugang zur Weide hatten, seien es zehn Jahre später nur noch 31 Prozent gewesen.

...Dass der Landkreis Ravensburg laut Zahlen des Statistischen Landesamts aus dem Jahr 2020 der mit dem größten Rinderbestand insgesamt sowie der mit dem größten Milchkuhbestand in Baden-Württemberg ist, kommt einem zumindest beim Blick auf die Wiesen nicht sofort in den Sinn.

Darum, wie man an diesem Zustand etwas ändern könnte, ging es unter anderem bei einem Gespräch, das kürzlich auf dem Hof von Bio-Landwirt Jonas Notz in Weipoldshofen stattfand. Neben ihm saßen auch „Altbauer“ Alfons Notz, Landwirt Oliver Post aus dem Kreuzthal sowie Agnieszka Brugger, stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, mit am Tisch.

„Schuld“ an dem Treffen ist Alfons Notz. Er habe Brugger, die den Wahlkreis Ravensburg vertritt, im vergangenen Jahr am Rande einer Veranstaltung angesprochen und sie auf den Hof eingeladen, wie er berichtete. Sein konkretes Thema sei schon damals eine bessere Förderung von Landwirten, die ihre Kühe auf die Weide lassen, gewesen.

Es gebe Berechnungen, so Alfons Notz, der für das Grüne Bürgerforum im Leutkircher Gemeinderat vertreten ist, dass ein Liter Milch aus der arbeitsintensiveren Weidehaltung 16 Cent pro Liter mehr kosten müsste, um die Mehrkosten auszugleichen. Das sei auch der Grund, warum man heutzutage nur noch so wenige Kühe auf der Wiese sehe, betonte er. Ein moderner, automatisierter Laufstall, so Post, mache deutlich weniger Arbeit.

Vorgeschrieben ist ein Zugang zur Weide bei vielen Bio-Verbänden. Beim Thema Bio berichtet Jonas Notz davon, dass sich hier die Inflation bemerkbar mache: Obwohl die Leute sagen würden, dass ihnen Bio-Lebensmittel wichtig seien, würden sie weniger kaufen.

Generell sei es ein Problem, dass die Verbraucher den Draht zur Landwirtschaft verloren haben. Verstärkt werde das durch falsche Bilder in der Werbung, aber auch durch das Höfesterben auf den Dörfern.

....Laut Alfons Notz würden Themen wie Artenschutz und Biodiversität in der landwirtschaftlichen Ausbildung kaum eine Rolle spielen, das betriebswirtschaftliche stehe im Vordergrund. Das Problem dabei: „Auf einer intensiven Grünlandbewirtschaftung mit sieben Schnitten gibt es so gut wie keine Insekten mehr“, so Notz. Wichtigster Punkt dafür, dass sich Landwirte für eine Stallhaltung entscheiden, sei laut BZL dabei „die Intensivierung der Haltung in Form höherer Milchleistung und immer größerer Herde.“

Es geht um den Preis. Vor diesem Hintergrund betonte Jonas Notz, dass konventionell erzeugte Lebensmittel seiner Meinung nach teurer als Bio seien, wenn man alle externen Kosten mit verrechnen würde. Dann, so Jonas Notz, bräuchte man für Bio-Lebensmittel keine Subventionen.

Weiter berichtete er, dass er vom Land eine jährliche Förderung von rund 2000 Euro für die Weidehaltung bekomme. Hier müsste es laut ihm Verbesserungen geben. Zum einen in der Höhe, zum anderen aber auch in der Abwicklung.

Denn um die Förderung zu bekommen, müsse er ein Weidetagebuch führen. Ein Hoch auf die deutsche Bürokratie. Beziehungsweise in diesem Fall auf die baden-württembergische, im benachbarten Bayern sei das nämlich nicht nötig.

Post, der Ziegen hält und Mitglied im Vorstand der Adelegg-Stiftung ist, ergänzte, dass man in der Landwirtschaft von Flächen- und Produktionsprämien wegkommen müsste. Es sollte um die Leistung für die Gesellschaft gehen, betonte er. Generell müsse man zu einer flächengebundenen Tierhaltung kommen....

1 Kommentar:

  1. Alle beklagen immer nur den Klimawandel und daß es immer weniger Insekten gibt. Kühe auf der Weide (z. B. die vom Kattendorfer Hof (www.kattendorfer-hof.de)) leisten enorme Beiträge zur Klimastabilisierung und zur Sicherung der Biodiversität: ökologischer Landbau ist enorm wichtig für die Biodiversität (Insekten, Bodenleben, Vögel; Humusbildung; sauberes Grundwasser). Zugleich bindet eine extensiv beweidete Weide, auf der die Kühe und Rinder grasen, viel mehr Kohlenstoff als ein Wald, außerdem sind die Kuhfladen segensreich für zahllose Insekten- und Käfer-Arten, und auch noch findet man Dutzende gefährdete Pflanzenarten auf den Weiden des Kattendorfer Hofs, nachweislich!

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