Tagesschau ARD hier 25.03.2024 Von Patricia Preis, SWR
Wie können Menschen Tier- und Pflanzenarten besser verstehen? Mit Künstlicher Intelligenz können Arten umfassender beobachtet werden.Ob in den Meeren, Flüssen, Seen oder an Land: Mit dem Artensterben geht überall die Biodiversität - also die Vielfalt des Lebens - zurück. Und es ist ernst: Neben dem Klimawandel ist das Artensterben die zweite globale Krise.
Allein in Europa ist in den kommenden Jahrzehnten ein Fünftel aller Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Das geht aus einer Studie von Wissenschaftlern des Nationalmuseums für Naturgeschichte Luxemburg und der Universität Trier hervor.
Ein Game Changer? Mehr Überblick und Durchblick mit KI
Mit künstlicher Intelligenz können die Zusammenhänge, warum es zu einem großen Artensterben kommt, besser verstanden werden. Wie sieht das Zusammenleben in einem Ökosystem aus? Und welche Arten vertragen sich nicht? Fragen, bei denen die KI, einen Überblick schafft.
Tatsächlich zeigt eine Studie zur Wirkung von KI-Anwendungen, dass ein großer Teil der Nachhaltigkeitsziele (79%) einen positiven Einfluss hat. Besonders bei den Nachhaltigkeitszielen mit direktem Klima- und Umweltbezug, wie das Leben auf dem Land und das Leben im Wasser, hat KI ein besonders großes Potential diese Ziele zu realisieren (93%). Wie sieht die Realisierung mit KI aus?
KI als Vogelexperte
Um die Komplexität unserer Ökosysteme zu verstehen, braucht es eine Bestandsaufnahme. Wer lebt innerhalb eines Ökosystems und wer agiert miteinander? Einen genauen Blick auf das Ökosystem Wald, wirft Felix Günther. Er ist Ökologe im Team von BirdNet, einer App und Forschungsplattform der Cornell Lab of Ornithology und der Universität Chemnitz.Ihre Forschung beschäftigt sich mit der Frage, wie Computer lernen können, Vögel anhand von Geräuschen zu erkennen.
Mittlerweile sind es 6.000 Vogelarten, die die KI-gestützte App Birdnet erkennt.
Im Wald macht der Ton die Musik
Jeder Vogel hat eine einzigartige Melodie, durch die er mit anderen Waldbewohnern kommuniziert. So gibt es bestimmte Rufe, um seinen Angreifer zu vertreiben und auch Rufe, andere Vögel vor Angreifern zu warnen. Diese Rufe werden auch Mobbing Calls genannt. Die Kohlmeise zum Beispiel nutzt diesen Call, wenn sie andere Vögel um Unterstützung bittet den Feind, wie die Eule, zu vertreiben.
Durch diese Rufe können Ornithologen nicht nur verschiedene Lebensbedingungen der Vögel erfassen, so Günther im Interview mit dem SWR, sondern auch erkennen, welche Feinde sich im Wald befinden.
Große Fragen brauchen große Lösungen
"Wir können das Ökosystem besser verstehen, zumindest all das, was vokalisiert", so Günther.
Durch Audiorekorder können viele Daten vom Leben im Wald gesammelt werden. Durchaus mehr als von Forscher und Forscherinnen und mit deutlich weniger Aufwand. So gibt es Gebiete, die kaum zugänglich sind, wie etwa Überschwemmungsgebiete oder Naturschutzgebiete.
Hinzu kommt, dass allein die Anwesenheit von Forschenden bestimmte Arten vertreiben und diese somit nicht erfasst werden können. Ein Audiorekorder dagegen stört die Waldbewohner nicht und liefert der KI mehrere hundert Stunden Material im Jahr, die dann von ihr ausgewertet werden können. Das Archiv an Daten wächst.
Auch durch Hobby-Ornithologen und Spaziergänger, die die App Birdnet nutzen und mir ihrem Material die KI füttern. Mehr Daten bedeutet mehr Überblick und das Ökosystem in seiner Vielfalt und Gänze besser zu begreifen.
Die KI taucht ab und wird zum Forellenexperten
Ähnlich wie im Wald, werden auch Daten in Flüssen gesammelt. Ein Grund mit Videokameras abzutauchen, gab die Forelle. Sie steht in allen ihren Formen (Bach-, See- und Meerforelle) auf der Liste der gefährdeten Arten. Um ihren Bestand festzustellen, wird ihr Laichweg der Meerforelle von Matthias Vahl, Abteilungsleiter von Maritime Graphics am Fraunhofer Institut, genau dokumentiert.
“Was die KI eigentlich macht, ist Fragen zu ermöglichen, die wir vorher gar nicht so stellen konnten”, sagt Vahl.
Bisher wurden die knapp 1,4 Millionen Videos, aufgenommen in einem halben Jahr und in einem Umfang von 5.600 Stunden, mühsam von Wissenschaftlern ausgewertet. Diese zeitintensive Arbeit hat nun die KI übernommen. So können Fragen, wie z.B. über den Zustand und Einfluss von Staudämmen und Wasserkraftwerken auf den Laichweg der Meerforelle schneller und effektiver beantwortet werden. Ergänzt durch weitere Daten wie Wassertemperatur oder Salzgehalt kann so das Leben im Fluss umfangreicher abgebildet werden.
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