Samstag, 20. August 2022

Die Gäubahn stand 2022 an jedem fünften Tag still

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 19.08.2022  |  VON ULRIKE BÄUERLEIN ULRIKE.BAEUERLEIN@SUEDKURIER.DE

Stuttgart – Es war eine kleine Fleißarbeit, die der grüne Bundestagsabgeordnete und Verkehrsexperte Matthias Gastel und seine Mitarbeiter sich da vorgenommen hatten: Sie wollten wissen, was jenseits von der Debatte um die Anbindung der Gäubahn in Stuttgart wirklich los ist mit dem Zugverkehr auf der Gäubahn-Strecke zwischen Stuttgart und Singen. Und ihre Auswertung zeigt: ziemlich wenig.

Demnach herrschte an jedem fünften Tag im Jahr 2022 Stillstand auf der wichtigsten Bahnstrecke von Stuttgart Richtung Bodensee und in die Schweiz. An 19,5 Prozent der Tage, so Gastels Analyse, war die Gäubahn in diesem Jahr durch Baustellen unterbrochen – und diese Zahl betrifft nur ganztägige Beeinträchtigungen, also etwa keine Sperrung wegen Nachtbaustellen. „Rechnet man diese Sperrungen hinzu, gab es sogar an jedem vierten Tag baustellenbedingte Einschränkungen“, teilt Gastel mit. Davon betroffen seien im Jahr 2022 rund 4300 Zugfahrten gewesen. Und dabei sind die tagelangen Ausfälle durch die jüngste Stellwerkstörung am Stuttgarter Hauptbahnhof noch gar nicht mitgerechnet. Dadurch waren Ende Juli tagelang alle umsteigefreien Züge der Schweizerischen Bundesbahnen zwischen Stuttgart und Zürich ausgefallen.....

„Aber eine Streckenverfügbarkeit von 75 bis 80 Prozent ist viel zu gering, um einen verlässlichen Bahnverkehr anbieten zu können“, kritisiert der Verkehrsexperte das Baustellenmanagement der Deutschen Bahn. Gastel gehört seit Kurzem dem Aufsichtsrat der DB Netz AG und der Beschleunigungskommission Schiene der Bundesregierung an. Dort hat man jüngst bei einer Pressekonferenz öffentlich zugesagt, die Baustellenplanung zu ändern und mehr auf Korridormaßnahmen zu setzen: Es sollen alle Arbeiten, die an einem Streckenabschnitt fällig oder absehbar sind, innerhalb eines Zeitraums angegangen werden, damit nicht für jede einzelne Maßnahme gesperrt werden muss – wie es derzeit erfolgt.......

Aber auch insgesamt hat Gastel nur begrenzte Hoffnungen darauf, dass sich der Ausbau der gesamten Gäubahnstrecke nach der jüngsten Berichterstattungswelle um die Anbindung nach Stuttgart verbessert. Eher im Gegenteil. „Es tut sich rein gar nichts“, sagt Gastel, „alles hat sich jetzt in der Diskussion auf den Pfaffensteigtunnel und die Anbindung an Stuttgart reduziert und konzentriert. Mir ist nicht klar, wer hier außer uns überhaupt noch Druck auf den weiteren Gäubahn-Ausbau macht.“

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