Mittwoch, 10. August 2022

Wassermangel in Deutschland : Kampf ums Wasser

SWR  17.6.2022   HIER  Podcast zum Anhören


Ralf Caspary im Gespräch mit Sascha Maier vom BUND.

Wasserknappheit in Deutschland: Die Politik muss reagieren

Zum Welttag zur Bekämpfung der Wüstenbildung und Dürre fordert der BUND, die Nationale Wasserstrategie endlich zu verabschieden. Sie sieht vor, die natürlichen Wasserreserven Deutschlands zu sichern und Vorsorge gegen Wasserknappheit zu leisten. Der Entwurf liegt seit einem Jahr vor – jetzt müsse gehandelt werden.


FAZ  hier   Von Stefanie DiemandStephan Finsterbusch   

Deutschland ist eigentlich ein wasserreiches Land. Der Kampf ums Wasser hat mancherorts aber längst begonnen.

„In der Zeit von 17 bis 21 Uhr ist das Bewässern und Beregnen von Grundstücken, öffentlichen Grünflächen und Parkflächen und das Befüllen von Wasserbecken mit Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage verboten“, heißt es in der Mitteilung der Gemeinde Panketal in Brandenburg. Die Regelung gilt seit Anfang August. Denn die dort gelegene Panke, ein kleines Flüsschen, das in die Spree in Berlin mündet, ist ausgetrocknet. Trockenheit und Niedrigwasser in Seen und Flüssen plagen immer mehr Gemeinden in Deutschland. Und immer häufiger werden die Bürger zum Wassersparen aufgerufen, manchmal resultieren aus Hitze Verordnungen wie in Panketal.

Für Millionen Menschen auf der Welt, für die gesamte Industrie und Landwirtschaft ist der immer größer werdende Mangel an Wasser nicht nur eine tägliche Herausforderung, er ist geradezu ein Politikum. Im Norden Italiens rief die Regierung jüngst den Notstand aus, ein französisches Dorf verbietet Zähneputzen mit Leitungswasser. Ganz zu schweigen von Regionen im Nahen Osten, Lateinamerika, Asien oder Afrika, in denen Wassermangel längst kein Ausnahmezustand mehr ist – sondern alltägliche Not.

Eigentlich hat die Erde genug Wasser, schließlich ist sie zu zwei Dritteln mit dem kostbaren Nass bedeckt. Doch 97 Prozent davon sind salzig und alles in allem nur 3 Prozent der Vorkommen für den Menschen genießbar. Rund zwei Drittel des Süßwassers jedoch liegen tiefgefroren an den Polen. So steht dem Mensch nur ein Drittel des globalen Süßwasservorrats von alles in allem rund 35 Millionen Kubikkilometern für die täglichen Bedürfnisse zur Verfügung.

„Wassermangel und Verteilungskämpfe vermeiden“

Diese Menge gilt zwar als ausreichend, um sieben bis neun Milliarden Menschen Tag für Tag gut über die Runden zu bringen. Doch diese Vorräte sind auf der Welt ungleich verteilt. Rund 2,2 Milliarden Menschen auf der Welt haben laut UNICEF keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Wasser, rund 785 Millionen Menschen fehlt eine Grundversorgung mit Trinkwasser – und der Bedarf wächst. Denn die Weltbevölkerung nimmt quasi jährlich zu, und dank der Industrialisierung rund um den Globus steigt auch der allgemeine Wohlstand. Und das hat eine Kehrseite. Nach Angaben der Vereinten Nationen hat sich binnen hundert Jahren die Bevölkerungszahl auf der Welt vervierfacht, der Wasserverbrauch aber hat sich nahezu verzehnfacht. Damals wie heute schluckt die Landwirtschaft 70 Prozent des verfügbaren Süßwassers. Die Industrie braucht rund 20 Prozent. So weit die Lage auf der Welt. Deutschland zählt zu den wasserreichen Ländern der Welt. Doch schon heute wird die Bundesrepublik von Ernteausfällen in der Landwirtschaft, zu niedrigen Wasserständen in den Seen und Flüssen oder Schäden in den Wäldern geplagt. Nicht alle Regionen trifft das gleich, denn auch in Deutschland ist das Wasser ungleich verteilt: Zu den wasserarmen Regionen zählen viele Städte und Dörfer in Ostdeutschland.


Freitag  hier  Ausgabe 31/2022   Konstantin Nowotny

Klimaforscher Dieter Gerten im Interview: „Ganz oben auf der Agenda“

Dürre Der Klimaforscher Dieter Gerten weiß, wie man die globale Wasserkrise bekämpfen kann: Sparen ist gut, aber Umverteilen ist besser
.....Bei den Kampagnen der 90er Jahre muss ich an einen Werbespot denken: Da wurde jemand, der beim Zähneputzen das Wasser laufen lässt, einem Wüstenvolk gegenübergestellt, das die letzten Tropfen aus einer Pfütze schöpft. Aber: Wenn ich hierzulande Wasser spare, ist doch nicht am anderen Ende der Welt auf einmal mehr davon da?
Das würde ich so lesen, dass wir hier mit einer eigentlich guten Wasserversorgung leben. Und tatsächlich ist es so: Wenn sie hier zu Hause Wasser sparen, dann kommt das nicht unbedingt einer anderen Region zugute. Dann gibt es aber noch Produkte, die wir konsumieren, die aber in anderen Gegenden hergestellt werden – das ist dann etwas anderes. Dann kann man sich überlegen, wie viel Wasser vor Ort dafür eingesetzt wurde und ob man das nicht hätte anders nutzen können als für die Produktion von Exportgütern. So würde ich eher globale Zusammenhänge darstellen: Ist unser Konsum verbunden mit dem Wasserverbrauch an anderen Orten, dem virtuellen Wasser, das in dem Produkt drinsteckt?
Verstehe ich Sie da richtig, dass eine der Hauptursachen für globale Wasserkrisen der zunehmende Wasserverbrauch der Industrie ist?
Nein, das ist ein Teil davon und hängt davon ab, über welche Region wir genau reden. Wassermangel hat nicht immer nur damit zu tun, ob man in wasserarmen oder wasserreichen Gegenden lebt, sondern wie viel Wasser genutzt oder übernutzt wird und von wem. Somit kann die Knappheit durchaus dadurch steigen, dass die Industrieunternehmen oder die Landwirtschaft – noch immer der weltweit größte Wasserverbraucher – einen Verbrauch haben, der teils weit über die nachhaltigen Neubildungen von Wasservorräten hinausgeht. Besonders problematisch ist das, wenn es an das tiefe Grundwasser geht, das sich in den nächsten Jahrhunderten oder Jahrtausenden nicht erneuern wird.
Das ist der Aspekt, den Sie meinen, wenn Sie in Ihrem Buch schreiben: Die Diskussion über Wasserknappheit lenke den Fokus zu sehr auf die Abwesenheit von Wasser und nicht darauf, wer Wasser verbraucht und wofür.
Ich benutze „Knappheit“ da immer in Anführungszeichen, da das Wort sonst signalisiert, dass nicht genug Wasser da wäre. Aber dann muss man auch fragen: wofür? Eine neue Denkrichtung wäre, mehr danach zu fragen, wie viel Wasser in einer Region vorhanden ist und wie man das sinnvoll nutzen kann, anstatt von dem Bedarf auszugehen und dann zu schauen: Wo bekomme ich das Wasser dafür her? Bei „Knappheit“ kann sich ein Unternehmen denken: Gut, das Wasser ist hier knapp, wie kann ich also investieren, dass ich Wasser heranziehen kann – neue Staudämme, neue Bewässerungsanlagen? Man muss vor Ort immer einen kritischen Blick darauf werfen, wer diesen Begriff benutzt.....

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