Mittwoch, 31. August 2022

Beschlüsse des Kabinetts: Wo wie Energie gespart werden muss

 Merkur  hier   27.08.2022  Max Müller

Energieexperte analysiert Habecks Pläne: Was wirklich Strom und Gas spart – und wo es hakt

Wirtschaftsminister Robert Habeck hat eine Reihe von Maßnahmen vorgelegt, mit denen Strom und Gas gespart werden soll. Doch was taugen sie? Ein Energieexperte klärt auf.

Eigentlich ist Hans Weinreuter Energieberater, seit dem 24. Februar arbeitet er bisweilen auch als Seelsorger. „Es brechen Leute am Telefon in Tränen aus, weil sie Nachzahlungen nicht leisten können“, sagt der Fachbereichsleiter Energie/Bauen von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Im 1. Halbjahr 2022 hätte es bereits mehr als doppelt so viele Anfragen gegeben wie im letzten Jahr – dabei beginnt die Heizperiode erst in den kommenden Wochen. „Da rollt eine Lawine auf uns zu“, so Weinreuter.

Die Angst vor großen Nachzahlungen wächst. Die Politik versucht mit Entlastungspaketen die finanziellen Belastungen abzufedern. Letzten Freitag (19. August) hat Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit einem Maßnahmenpaket nachgelegt, um Energie zu sparen. Am Mittwoch (24. August) hat das Kabinett zugestimmt. Habecks Plan sieht eine Reihe von Verordnungen vor, die vom 1. September bis 28. Februar gelten sollen.

Energie, die nicht verbraucht wird, muss nicht teuer eingekauft werden – und obendrein verbessert sich sogar die CO₂-Bilanz
. So weit, so einleuchtend. Doch was bringen die Regeln konkret – im Einzelfall und vor allem im Vergleich untereinander? „Das Sparpotenzial ist unterschiedlich hoch, wenn ich mir die einzelnen Punkte aus der Habeck-Verordnung anschaue“, sagt Weinreuter. Merkur.de von IPPEN.MEDIA hat die Verordnung dem Fachmann vorgelegt – und dokumentiert hier seine Einordnung.

Strom und Gas sparen: Diese Habeck-Maßnahmen sollen ab 1. September in öffentlichen Gebäuden gelten
  • Habeck-Verordnung: Öffentliche Gebäude sollen nur noch bis höchstens 19 Grad geheizt werden. Bisher lag die empfohlene Mindest­temperatur laut Ministerium bei 20 Grad.
  • Weinreuter: „In der Theorie bringt jedes Grad weniger sechs Prozent Ersparnis. Aber: Die erreicht man nur, wenn die Temperatur wirklich 24/7 um ein Grad abgesenkt wird – also auch dann, wenn die Nachtabsenkung aktiviert ist. Das wird bisher unterschlagen in der Debatte. Wenn ich diese ganzen möglichen Einsparprozente lese: Da stellen sich mir die Haare auf. Wie groß das Einsparpotenzial ist? Das hängt natürlich davon ab, wie die Temperatur vorher war.“

  • Habeck-Verordnung: Durchgangsbereiche wie Flure, Foyers oder Technikräume sollen möglichst gar nicht mehr geheizt werden – außer, es gibt dafür sicherheits­technische Gründe. 
  • Weinreuter: „Dort ist das Einsparpotential groß, weil wir in der Regel über ein großes Raumvolumen sprechen. Je größer ein Raum, desto mehr Energie brauche ich, um ihn aufzuheizen. Auch hier gilt die Regel: Ein Grad kälter, sechs Prozent Ersparnis. Man muss allerdings beachten: 19 Grad sind nicht gleich 19 Grad. Es kommt auf die Dämmung an. In schlecht isolierten Räumen wird man eine Steppjacke brauchen – in einem Neubau geht es sicherlich ohne. Das Entscheidende ist nämlich die gefühlte Temperatur, die sich aus zwei Komponenten zusammensetzt: die Raumlufttemperatur, die man mit dem Thermometer misst und die Oberflächentemperatur. Also: Wie warm oder kalt sind Wände, Decken und der Boden? Das ist wiederum eine Frage der Dämmung, weswegen das die empfundene Temperatur enorm beeinflusst.

  • Habeck-Verordnung: Boiler und Durch­lauf­erhitzer sollen nicht mehr für die Warm­wasser­bereitung am Waschbecken genutzt werden – es sei denn, das ist aus hygienischen Gründen vorgeschrieben.
  • Weinreuter: „Das bringt auch etwas, allerdings deutlich weniger als eine Absenkung der Raumtemperatur. Dazu muss man wissen: In Privathaushalten gehen 20-25 Prozent des Gesamtwärmebedarfs für Warmwasser drauf. Der Rest für die Heizung. In Bürogebäuden ist das anders, da wird ja nicht geduscht oder gebadet.“

  • Habeck-Verordnung: Die Beleuchtung von Gebäuden und Denkmälern aus rein ästhetischen oder repräsentativen Gründen soll ausgeschaltet werden.
  • Weinreuter: „Das hat neben einem eher geringen Einspareffekt auch eine symbolische Wirkung. Wichtig ist, dass es LED und keine Halogen-Lampen sind, das macht den größten Unterschied. Dennoch hat Habeck mit dem Grundgedanken recht: Es geht um jede Kilowattstunde.“

Energiekosten: So sollen laut Habeck Privathaushalte und Gewerbe ab 1. September Strom und Gas sparen

  • Habeck-Verordnung: Klauseln in Mietverträgen, die eine bestimmte Mindest­temperatur vorsehen, sollen vorübergehend ausgesetzt werden.
  • Weinreuter: „Auch hier gilt: Unter Laborbedingungen sind sechs Prozent Ersparnis pro Grad drin. Aber es gibt zu diesem Thema enorm viel gefährliches Halbwissen. Es scheint der Konsens zu sein, dass es zwangsläufig schimmelt, wenn man nicht heizt. Das stimmt aber nicht. Tatsächlich wächst Schimmel ja gerne, wenn es warm wird. Nicht umsonst lagern wir ja auch Lebensmittel im Kühlschrank. Neben der Temperatur im Raum kommt es aber auch auf die Oberflächentemperatur und die Feuchtigkeit an. Die wird beeinflusst durch das Lüftungsverhalten und die Dämmung. Dazu kommt ein ganz praktisches Problem. Mal ganz ehrlich: Wie viele Menschen wissen, was in ihrem Mietvertrag steht und wer soll das am Ende kontrollieren? Von daher ist der Ansatz richtig, hat aber mehr einen appellierenden Charakter.

  • Habeck-Verordnung: Private Pools, ob drinnen oder draußen, sollen nicht mehr mit Gas und Strom geheizt werden dürfen.
  • Weinreuter: „Ein Pool verbraucht unterschätzt viel Energie. Es hängt natürlich davon ab, ob es eine Innen- oder Außenpool ist und noch von ein paar weiteren Parametern. Ein Beispiel: Nehmen wir ein Exemplar, das ein Volumen von 10x5x2 Metern hat – insgesamt also 100 Kubikmeter. Wenn ich den nun befülle mit Leitungswasser (10 Grad) und ihn auf 20 Grad heizen möchte, verbraucht das 1200 Kilowattstunden. Zum Vergleich: Eine vierköpfige Familie in einer Wohnung verbraucht in einem ganzen Jahr ca. 4000 Kilowattstunden an Strom.“

  • Habeck-Verordnung: Gasversorger und Besitzer größerer Wohngebäude sollen ihre Kunden beziehungsweise Mieter frühzeitig informieren müssen – über den voraussichtlichen Energie­verbrauch, dessen Kosten und mögliche Einspar­möglichkeiten. Das soll spätestens zum Beginn der Heizsaison passieren.
  • Weinreuter: „Das ist eine sehr gute Idee. Fraglich ist natürlich, wie das dann konkret abläuft. Aus meiner Sicht wäre es sehr hilfreich, wenn Verbraucher einmal im Monat ihre Zählerstände ablesen würden. So ist man sensibilisiert für den eigenen Verbrauch. Ich mache das auch schon seit Jahren.“

  • Habeck-Verordnung: Beleuchtete Werbeanlagen sollen von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens ausgeschaltet werden, allerdings nicht an Haltestellen und in Bahnhofsunterführungen.
  • Weinreuter: „Es ist ähnlich wie bei den beleuchteten Gebäuden: Die Frage ist nicht so sehr, wie lange die Lampen brennen, sondern welches Leuchtmittel verwendet wird. Nehmen wir eine LED-Lampe mit einer Leistung von 10 Watt. Wenn die ein ganzes Jahr brennt, werden 87,6 Kilowattstunden verbraucht – eine eher zu vernachlässigende Ersparnis im Vergleich zum Wechsel von Halogenleuchten auf LED.“

  • Habeck-Verordnung: Türen von Geschäften sollen nicht mehr offenbleiben dürfen.
  • Weinreuter: „Das ist eine sehr vernünftige Maßnahme, die mehr Energie sparen wird als die dunklen Schaufenster. Am schlimmsten sind die Kaufhäuser mit komplett offener Tür, sowas können wir uns in diesen Zeiten echt nicht mehr leisten. Das zweite Maßnahmen­paket für die kommenden beiden Jahre soll ab Oktober den Gasverbrauch in öffentlichen, privaten und Firmen­gebäuden senken.“

Robert Habeck (Grünen): Diese Maßnahmen sollen ab 1. Oktober langfristig Energie einsparen

Eine weitere Verordnung, die das Kabinett ebenfalls beschlossen hat, braucht noch die Zustimmung des Bundesrats und soll ab Oktober für zwei Jahre gelten. Auch diese Regeln hat sich der Energieexperte für uns angeschaut.

  • Habeck-Verordnung: Jährliche Heizungs­prüfungen sollen für Gebäude mit Gasheizungen zur Pflicht werden. Dabei sollen die Anlagen zum Beispiel auf niedrigere Vorlauf­temperaturen und eine Absenkung während der Nacht eingestellt werden.
  • Weinreuter: „Viele verwechseln eine Heizungsprüfung mit einer Wartung. Bei einer Wartung wird gereinigt und der Wasserdruck geprüft. Bei einer Heizungsprüfung werden die Einstellungen der Regelung gecheckt, da können Verbraucher bis zu 10 Prozent Gas sparen. Warum das allerdings jährlich erfolgen soll, erschließt sich mir nicht. Eingestellt ist eingestellt – da ändert sich ja nichts nach einem Jahr. In diesem Zusammenhang rege ich mich immer über Heizungsbauer auf, die sagen, dass eine Nachtabschaltung nichts bringt. Es wird dann argumentiert, dass das Aufheizen mehr Energie verbraucht als der Dauerbetrieb. Das ist falsch.“

  • Habeck-Verordnung: Auch der sogenannte hydraulische Abgleich kann Heizungen effizienter machen, indem das Wasser optimal verteilt wird. Er soll verpflichtend werden für große Gebäude mit zentraler Wärmeversorgung durch Erdgas, falls er bislang nicht gemacht wurde.
  • Weinreuter: „Das ist grundsätzlich sinnvoll. Der Einspareffekt ist umso größer, je besser das Haus gedämmt ist. Aber auch im Altbau bringt er was, weil auf jeden Fall Strom für die Umwälzpumpe gespart wird.“

  • Habeck-Verordnung: Ineffiziente, ungesteuerte Heizungspumpen in Gebäuden mit Erdgasheizung sollen ausgetauscht werden müssen, weil sie laut Ministerium Energiefresser sind.
  • Weinreuter: „Insbesondere alte, ungeregelte Heizungspumpen brauchen bis zu 300 Kilowattstunden Strom im Einfamilienhaus. Eine neue Hocheffizienzpumpe kommt nach einem hydraulischen Abgleich mit 80 bis 90 Prozent weniger Strom aus.“

Über IPPEN.MEDIA


hier     ARD    Wirtschaftsminister Habeck   12.08.2022 

Öffentliche Gebäude nur noch 19 Grad warm Ein Grad weniger bringen sechs Prozent Gas-Ersparnis - deshalb will Wirtschaftsminister Habeck alle 186.000 öffentlichen Gebäude in Deutschland nur noch auf 19 Grad heizen. Auch sollen Denkmäler nachts nicht mehr angestrahlt werden.


Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat Verordnungen zum Energiesparen angekündigt. Unter anderem sollen öffentliche Gebäude nur noch auf höchstens 19 Grad geheizt werden dürfen, sagte der Grünen-Politiker in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung". "Wir werden über das Energiesicherungsgesetz Verordnungen erlassen", sagte er.
Insgesamt gibt es laut der Deutschen Energie-Agentur (DENA) rund 186.000 öffentliche Gebäude in Deutschland. Durch Absenken der Raumtemperatur um ein Grad Celsius lassen sich etwa im Schnitt sechs Prozent Gas einsparen.

Denkmäler nicht mehr angestrahlt

Zudem sollten Gebäude und Denkmäler nachts nicht mehr angestrahlt und Werbeanlagen nicht beleuchtet werden, so Habeck. "Auch in der Arbeitswelt sind mehr Einsparungen nötig." Darüber werde gerade mit dem Arbeitsministerium und den Sozialpartnern gesprochen.

Im Juli hatte Habeck Eckpunkte eines neuen Energiesicherungspakets vorgelegt. Hintergrund sind die stark gedrosselten russischen Gaslieferungen. In dem Papier hieß es, es sei wichtig, dass der Gasverbrauch auch in Betrieben, Bürogebäuden und privaten Haushalten sinke. Dazu plane das Wirtschaftsministerium in enger Abstimmung mit anderen Ressorts der Bundesregierung zusätzliche Energie- und Effizienzmaßnahmen.

Wassertemperatur in Schwimmbädern senken

Der Deutsche Städtetag hat eine Liste mit zwölf Vorschlägen vorgelegt, wie Kommunen Energie einsparen können. So kann die Wassertemperatur in öffentlichen Schwimmbädern reduziert oder in "ausgewählten öffentlichen Gebäuden" das Warmwasser komplett abgestellt werden. Mit Beginn der Heizperiode können Schulen die Temperatur in Turnhallen auf maximal 15 Grad begrenzen, in den Klassenzimmern auf den gesetzlichen Mindestwert von 20 Grad.

Experten betonen jedoch, dass auch Privathaushalte und Industriebetriebe ihren Verbrauch verringern müssen. Erstere verbrauchen 31, letztere rund 37 Prozent des gesamten Gases in Deutschland. Die Industrie reduzierte im März und April ihren Konsum um rund elf Prozent, die Einsparungen der privaten Haushalte betrugen sechs Prozent.

Abwärme von Rechenzentren reicht für 350.000 Haushalte

Es gibt aber auch weitere Ideen, wie sich Heizenergie einsparen lässt. Mit der Abwärme großer Rechenzentren beispielsweise ließen sich laut einer Studie des Digitalverbands Bitkom jährlich rund 350.000 Wohnungen in Deutschland mit Energie für Heizung und Warmwasser versorgen. "Dieses Potenzial sollten wir nicht weiter brachliegen lassen", erklärte Bitkom-Präsident Achim Berg Ende Juli.

Die Rechenzentren müssten direkt an öffentliche und private Fernwärmenetze angeschlossen werden - oftmals fehle dafür jedoch die nötige Infrastruktur. Mit der Abwärme könnten beispielsweise kommunale Einrichtungen wie Schwimmbäder, aber auch Privatwohnungen und Gewerbegebäude mit Wärme versorgt werden, erklärte der Verband. In Betracht kämen mittlere und große Rechenzentren, insbesondere in den Regionen Frankfurt am Main, Berlin, Hamburg und München. 


ARD hier  25.08.2022

Beschlüsse des Kabinetts Wo wie Energie gespart werden muss

Per Verordnung will die Bundesregierung ab kommender Woche den Gas- und Energieverbrauch senken. Was ist dann verboten? Wo gelten welche Höchsttemperaturen? Und wann müssen welche Lichter ausgehen?

Von der kommenden Woche an gelten in Deutschland zahlreiche Vorschriften zum Energiesparen. Die Bundesregierung hat dazu auf der Basis des Energiesicherungsgesetzes zwei Verordnungen beschlossen. Die erste Verordnung gilt ab dem 1. September bis zum 28. Februar. Die zweite Verordnung soll ab dem 1. Oktober für zwei Jahre gelten - sie muss aber noch vom Bundesrat gebilligt werden.

Ziel der neuen Vorschriften ist es nach Angaben von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, mit "einer nationalen Kraftanstrengung" in der kommenden und in der folgenden Heizperiode "deutlich mehr Gas einzusparen". Die konkreten Vorgaben betreffen Privathaushalte, Unternehmen und die öffentliche Verwaltung. Wer muss dabei wie Energie sparen? Ein Überblick.

Mindesttemperatur in Mietwohnungen

Durch die Verordnung werden ab September Klauseln in Mietverträgen ausgesetzt, in denen Mieter verpflichtet werden, durch Heizen eine bestimmte Mindesttemperatur in den gemieteten Räumen sicherzustellen. Das bedeutet, dass Mieter weniger heizen dürfen, wenn sie Energie sparen wollen - es verschafft ihnen also zusätzliche Spielräume, um auch Heizkosten einzusparen. Die Mieter bleiben aber verpflichtet, "durch angemessenes Heiz- und Lüftungsverhalten Schäden an der Mietsache vorzubeugen".

Heizen privater Pools

Private Pools - egal, ob drinnen oder draußen - dürfen nicht mehr mit Gas und Strom geheizt werden. Eine Ausnahme gilt, wenn das Schwimmbad für therapeutische Anwendungen genutzt wird. Pools in Hotels, Freizeiteinrichtungen oder Rehazentren sind nicht betroffen.

Höchsttemperatur in öffentlichen Gebäuden

In öffentlichen Gebäuden dürfen Arbeitsräume nur noch bis zur einer Raumtemperatur von höchstens 19 Grad geheizt werden. Wenn in den entsprechenden Räumen schwere körperliche Tätigkeiten erledigt werden, liegen die erlaubten Höchsttemperaturen noch tiefer. Bisher lag die empfohlene Mindesttemperatur laut Ministerium bei 20 Grad. In öffentlichen Gebäuden sollen zudem Durchgangsbereiche wie Flure und Foyers, große Hallen oder Technikräume möglichst nicht mehr geheizt werden. Für Kliniken, Pflegeeinrichtungen oder andere soziale Einrichtungen gelten die neuen Regelungen ausdrücklich nicht.

Warmes Wasser in öffentlichen Gebäuden

Eine weitere Sparmaßnahme betrifft Waschbecken in öffentlichen Gebäuden, die überwiegend zum Händewaschen genutzt werden. Boiler und Durchlauferhitzer für die Warmwasserbereitung an diesen Waschbecken müssen ausgeschaltet werden - es sei denn, dass hygienische Gründen etwas anderes erforderlich machen. Dort, wo das Warmwasser zentral erwärmt wird, muss die Temperatur abgesenkt werden - aber nur so weit, wie es erforderlich ist, um das Risiko von Legionellen im Trinkwasser zu vermeiden. Ausnahmen der genannten Regeln gelten unter anderem für Schulen, Kitas, Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser.

Beleuchtung von Gebäuden und Denkmälern

Die Beleuchtung von Gebäuden und Denkmälern aus rein ästhetischen oder repräsentativen Gründen wird ausgeschaltet. Ausgenommen sind kurzzeitige Beleuchtungen bei Kulturveranstaltungen und Volksfesten. Die Sicherheits- und Notbeleuchtung darf weiter brennen.

Leuchtreklamen

Leuchtreklamen müssen von 22 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages ausgeschaltet werden. Eine Ausnahme gilt nur, wenn sie zum Zwecke der Verkehrssicherheit nötig sind, wie etwa an Bahnunterführungen oder Bushaltestellen. In diesen Fällen sind sie wie Straßenbeleuchtung zu behandeln. Nachdem die Verordnung anfangs so interpretiert wurde, dass das Beleuchtungsverbot auch für Schaufenster von Geschäften gelten solle, stellte eine Sprecher des Wirtschaftsministeriums am Tag nach dem Kabinettsbeschluss klar: "Schaufenster und Straßenbeleuchtung sind nicht erfasst in den gestern vom Kabinett beschlossenen Energieisparverordnungen, sondern vielmehr beleuchtete Werbetafeln." Damit werde auch den Anforderungen an die Sicherheit in den Innenstädten Rechnung getragen, da Straßen und Schaufenster weiterhin beleuchtet blieben.

Ladentüren

Wenn Geschäfte beheizt werden, dürfen sie zwischen September und Ende Februar ihre Ladentüren nicht mehr dauerhaft offen halten. Das gilt auch für sonstige Eingangssysteme, wenn Heizwärme beim Öffnen verloren geht. Ausnahmen gelten nur, wenn der betreffende Ein- oder Ausgang offen gehalten werden muss, um als Fluchtweg fungieren zu können.

Temperaturen in Räumen privater Unternehmen

Die Verordnung schreibt nicht vor, dass zum Beispiel in Büros die Raumtemperaturen verringert werden müssen. Laut Ministerium wird aber den Unternehmen ermöglicht, auch im gewerblichen Bereich rechtssicher weniger zu heizen. Dies sei Grundlage für Selbstverpflichtungen von Betrieben und betrieblichen Vereinbarungen zur Energieeinsparung. Die Verordnung der Bundesregierung schreibt konkret vor, dass die für Arbeitsräume öffentlicher Gebäude festgelegten Höchsttemperaturen in gewerblich genutzten Räumen als Mindesttemperatur gelten.

Informationspflichten gegenüber Mietern

Gasversorger und Besitzer größerer Wohngebäude müssen ihre Kunden beziehungsweise Mieter frühzeitig informieren - über den erwarteten Energieverbrauch, dessen Kosten und Einsparmöglichkeiten. Das soll spätestens zum Beginn der Heizsaison passieren.

Heizungen und Energieverbrauch überprüfen

Ab dem 1. Oktober sollen dann weitere Maßnahmen in Kraft treten. Sie betreffen öffentliche, private und Firmengebäude. Vorgesehen ist unter anderem eine verpflichtende jährliche Heizungsprüfungen für Gebäude mit Gasheizungen. Der so genannte hydraulische Abgleich wird für große Gebäude mit zentraler Wärmeversorgung durch Erdgas zur Pflicht, falls er bislang nicht gemacht wurde.

Ineffiziente, ungesteuerte Heizungspumpen in Gebäuden mit Erdgasheizung müssen ausgetauscht werden, weil sie laut Ministerium Energiefresser sind.

Unternehmen mit einem Energieverbrauch ab 10 Gigawattstunden pro Jahr werden zu Energieeffizienzmaßnahmen verpflichtet - falls sie bereits ein Energieaudit gemacht haben, bei dem Verbräuche und Einsparmöglichkeiten aufgeschlüsselt werden.


hier

Regierung beschließt Maßnahmen

Strom und Gas sparen wird Pflicht – ab September gelten neue Verbote

zur Ergänzung des oben gesagten: 

Bahnkunden eventuell von den Plänen betroffen – Energietransporte haben Vorrang vor Personenzügen

Auch für Pendler und Bahnreisende könnten die neuen Maßnahmen der Bundesregierung zu Einschränkungen führen. So erklärten Robert Habeck (Grüne) und Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) am Mittwoch (24. August) in einem gemeinsamen Pressestatement, man habe eine Verordnung für die Schienenwege beschlossen. Diese sehe vor, dass im Notfall Energietransporte Personentransporten vorgezogen werden können.

Wenn kurzfristig Energielieferungen anstünden, könne das im Zweifel auch bedeuten, „dass Personenzüge warten müssen“, verdeutlichte Volker Wissing (FDP). Die Verordnung werde dabei nicht sofort angewandt, sondern man schaffe mit ihr eine Rechtsgrundlage, um schnell reagieren zu können. Ob und wie stark der Personenverkehr davon betroffen sein wird, sei derzeit noch nicht klar (weitere Service-News auf RUHR24).

Strom und Gas sparen per Verordnung – die mittelfristigen Maßnahmen der Bundesregierung

Darüber hinaus plant der Bundesenergieminister mittelfristige Maßnahmen, die ab dem 1. Oktober 2022 für zwei Jahre gelten sollen. Diese müssen allerdings noch vom Bundesrat beschlossen werden. Diese mittelfristigen Sparpläne nennt sein Ministerium:

  • Pflicht zur Heizungsüberprüfung: Haus- und Wohnungseigentümer, die mit Gas heizen, müssen innerhalb der nächsten zwei Jahre einen Heizungscheck durchführen.
  • Hydraulischer Abgleich: Eigentümer großer Gebäude müssen einen hydraulischen Abgleich vornehmen. Betroffen von der Regel sind Wohngebäude ab sechs Parteien sowie Firmen und öffentliche Gebäude ab 1000 Quadratmeter.
  • Energiesparen in Unternehmen: Unternehmen, die 10 Gigawattstunden (GWh) oder mehr pro Jahr verbrauchen, müssen Energieeffizienzmaßnahmen umsetzen. Dazu können laut Ministerium beispielsweise der Austausch von Beleuchtung mit LED oder Optimierung von Arbeitsabläufen zählen.

„Überzogene Regelungsflut“: Scharfe Kritik an den Plänen zur Sicherung der Energieversorgung

Das BMWK erklärt, dass die beschlossenen Maßnahmen auch eine Vorbildfunktion hätten. So ließe sich zwar mit den neuen Regeln der Gasverbrauch nur um circa 2 bis 2,5 Prozent senken, sie sollten die Bürger aber auch zu freiwilligen Sparmaßnahmen animieren.

Kritik an den Verordnungen kommt vonseiten der Union: Laut Bericht des RND habe der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger (CDU), die Energiesparpläne als „exzessives Mikromanagement“ sowie „völlig überzogene Regelungsflut“ bezeichnet.

Auch die ab Oktober geplante Gasumlage hatten Unionspolitiker bereits scharf kritisiert. So betitelte Unionsfraktionsvize Jens Spahn sie gegenüber dem Spiegel als „Chaos-Umlage“.

Energieversorgung in Deutschland: Habeck möchte weg von russischem Gas

Robert Habeck (Grüne) hatte seine Pläne zur Gasumlage hingegen verteidigt. Denn das Modell, auf die Abhängigkeit von billigen Importe aus Russland zu setzen, sei gescheitert – und es käme auch nicht wieder.

Es benötige jetzt einen „nationalen Kraftakt“, um Energie einzusparen, erklärte der Minister seine Verordnungen am Mittwoch (24. August). Deutschland müsse „in dieser schweren Zeit zusammen stehen“. Einige der neu beschlossenen Maßnahmen, wie Türen geschlossen zu halten, sehe er dabei „fast als selbstverständlich“ an.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen