Capital hier von Nils Kreimeier 21.10.2025
Start-up geht bei EU gegen neue Gaskraftwerke vorDie Bundesregierung plant neue Gaskraftwerke gegen Stromflauten – und will sich dafür Subventionen von der EU-Kommission genehmigen lassen. Der Energie-Anbieter 1Komma5 Grad möchte das verhindern
Das Energie-Start-up 1Komma5 Grad geht bei der Europäischen Kommission gegen den geplanten Ausbau von Gaskraftwerken durch die Bundesregierung vor. Das Berliner Unternehmen reichte eine Beschwerde bei der Kommission ein, die sich im Kern gegen die Subventionen für die Kraftwerke richtet. Diese müssen von der EU genehmigt werden.
1Komma5 Grad argumentiert, dass durch die geplanten Beihilfen der Wettbewerb verzerrt wird.
„Die Kraftwerksstrategie darf nicht alte Strukturen
einseitig zementieren,
sondern muss die wirtschaftlichsten und klimafreundlichsten Lösungen berücksichtigen“,
einseitig zementieren,
sondern muss die wirtschaftlichsten und klimafreundlichsten Lösungen berücksichtigen“,
sagte der Unternehmenschef Philipp Schröder laut offizieller Mitteilung. „Die geplante Kombination aus Zuschüssen für neue Gaskraftwerke einerseits und Vergütungen im Kapazitätsmarkt andererseits ist ein aus unserer Sicht unzulässiger Eingriff.“
Strom durch Gaskraftwerke in Dunkelflauten
Die Kraftwerksstrategie des Bundeswirtschaftsministeriums stößt schon in ihren ersten Ansätzen auf Widerstand aus der Branche – zumal auch andere Unternehmen den Prozess sehr argwöhnisch beobachten.
Die Bundesregierung plant bis 2030 den Bau von Gaskraftwerken mit einer Leistung von mindestens 20 Gigawatt, um möglichen Versorgungsproblemen durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu begegnen. Allerdings gilt die Zahl in der Branche als politisch gesetzt und nicht durch einen exakt ermittelten Bedarf gedeckt.
Kritiker monieren zudem, durch den Zubau der Gaskraftwerke werde der Strom für Verbraucher unnötig verteuert. Zwar gilt als ausgemacht, dass Gaskraftwerke gebraucht werden, die in möglichen Dunkelflauten einspringen können, wenn weder Solarstrom noch Windkraft entstehen.
Die geplante Leistung gilt jedoch als willkürlich und zu hoch.
Die geplante Leistung gilt jedoch als willkürlich und zu hoch.
Unternehmen wie 1Komma5 Grad sehen durch die Förderung der Gaskraftwerke auch ihr Geschäftsmodell bedroht. Sie haben sich darauf spezialisiert, dezentrale Einheiten wie Solaranlagen, Batteriespeicher oder Wärmepumpen zu sogenannten virtuellen Kraftwerken zusammenzuschalten. Geld wird auch damit verdient, überschüssigen Strom zum günstigen Zeitpunkt am Markt zu verkaufen oder das Netz zu stabilisieren. Die Beschwerde des Start-ups bei der EU hat zunächst keine formalen Folgen, sie ermöglicht allerdings Einblick in das Beihilfeverfahren und kann damit die Grundlage für eine spätere Klage bilden.
In einer „New Energy Alliance“ hatte sich unlängst eine Reihe von Unternehmen zusammengefunden, die vor allem dafür werben, dezentrale Lösungen wie Batteriespeicher oder Energiemanagementsysteme voranzutreiben. Zu dem Verbund gehören neben 1Komma5 Grad deren Konkurrenten von Lichtblick und Thermondo, aber auch traditionelle Konzerne wie Bosch und das Immobilienunternehmen Vonovia.
Die Mitglieder dieser Allianz sehen den Umbau des deutschen Strommarkts durch die aktuelle Kraftwerksstrategie der Bundesregierung gefährdet. „Es muss einen technologisch offenen Wettbewerb zwischen zentralen und dezentralen Kraftwerken geben, bei denen Erzeuger und Flexibilität grundsätzlich gleichbehandelt beziehungsweise gefördert werden“, sagte Schröder.
NTV hier 21.10.2025,
Ministerin Reiches Gaskraftwerks-Pläne wackeln
Doch weit weniger als 20 GW?
Bisher konnte Katherina Reiche nur "signifikant mehr als die Hälfte" der von ihr geplanten 20 Gigawatt mit Brüssel aushandeln.
Einem Medienbericht zufolge macht die EU der Wirtschaftsministerin einen Strich durch die Rechnung, neue Gaskraftwerke mit einer Gesamtleistung von 20 Gigawatt zu bauen. Am Ende könnte es auf die zuletzt unter Habeck geplante Kapazität hinauslaufen.
Aus Wirtschaftsministerin Katherina Reiches Plan, Gaskraftwerke mit einer Gesamtleistung von mindestens 20 Gigawatt (GW) bauen zu lassen, wird laut einem Medienbericht voraussichtlich nichts. Der für Strom zuständige Abteilungsleiter im Ministerium, Christian Schmidt, räumte in einer vertraulichen Runde mit den Chefs von Energieunternehmen ein, mit der EU werde nur über 12 bis 12,5 GW verhandelt. Das berichtet der "Spiegel" unter Berufung auf Gesprächsteilnehmer. Demnach soll es nach dem Willen der EU-Kommission bei dieser Größenordnung bleiben.
Das Ministerium wollte dies dem Magazin nicht bestätigen, sondern verwies auf Reiches Aussage im August, als sie bereits signalisiert habe, dass es wohl weniger als 20 GW werden. Man habe "bislang signifikant mehr als die Hälfte" der 20 GW in Brüssel aushandeln können, sagte die CDU-Politikerin damals. Da die Kraftwerke staatlich gefördert werden sollen, muss die EU-Kommission zustimmen.
Die neuen Gaskraftwerke sind zur Absicherung von Engpässen geplant, wenn erneuerbare Energien den Strombedarf vorübergehend nicht decken. Bei sogenannten Dunkelflauten weht weder Wind noch scheint die Sonne. Bereits Reiches Vorgänger Robert Habeck von den Grünen hatte dafür neue Gaskraftwerke geplant, allerdings letztlich mit deutlich geringerer Kapazität als Reiche, nämlich 12,5 GW, sowie einem stärkeren Fokus auf eine spätere Umrüstung der Kraftwerke auf Wasserstoff.
Im Koalitionsvertrag ist von bis zu 20 GW an Gaskraftwerksleistung bis 2030 die Rede. Kritiker bemängeln einen einseitigen Fokus auf Erdgas.
Dem Bericht zufolge verzögert sich zudem voraussichtlich die Ausschreibung der ersten neuen Kraftwerke. Frühestens im kommenden Frühjahr ist demnach damit zu rechnen.
Quelle: ntv.de, chl
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