Dienstag, 21. Oktober 2025

Der Lobbyist legt seine Wunschliste vor, das Ministerium schreibt einfach ab

 

Christoph Bautz   LinkedIn

Peinlich: Gleich zweimal abgeschrieben – und dann noch bei der Fossil-Lobby.

Eine Geschichte wie eine Karikatur: Der Lobbyist legt seine Wunschliste vor, das Ministerium schreibt einfach ab. Aber das ist keine Karikatur. Unter Merz ist das inzwischen Realität. Und der Union scheint das nicht mal peinlich. 

Erstes Beispiel Energiekonzerne: Der Journalist Malte Kreutzfeldt hat es aufgedeckt. Im Zehn-Punkte-Papier zur Neuausrichtung der Energiewende von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) finden sich auffällige Ähnlichkeiten zu einem Positionspapier von E.ON und RWE. Viele Stellen im Papier der Ministerin sind fast wortgleich mit den Formulierungen der Lobbyisten. Da hat sich offenbar jemand inspirieren lassen.

Zweites Beispiel Autoindustrie und Verbrenner-Aus bei Neuwagen: Laut Spiegel hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ihr internes Positionspapier zur Automobilausstellung im September 2025 mit Formulierungen des Verbands der Automobilindustrie (VDA) ergänzt. Ganz oben steht dort: »LILA – Änderung vom VDA« Dann folgen vier Seiten - gespickt mit Lila- Einfügungen. Gleich der erste Einschub: ein Loblied auf die Autoindustrie und ihre Investitionen, als Signal an die Politik: Seht her, wir tun doch was – jetzt lasst uns beim Verbrenner-Aus in Ruhe. Kurz darauf erklärte Kanzler Merz das längst beschlossene Verbrenner-Aus bei Neuwagen für falsch.

Das ist kein Zufall, sondern entfesselter Lobbyismus. Denn es ist keinesfalls ein “normaler Vorgang” bei der Interessenvertretung, wie der VDA behauptet. Tatsächlich ist die Union ziemlich wählerisch, von wem sie sich “inspirieren” lässt. Studien von LobbyControl zeigen: Gewerkschaften und zivilgesellschaftliche Verbände sind da vergleichsweise selten dabei. Mehr noch: Auch wichtige Wirtschaftsbereiche wie die Erneuerbaren Energien haben gegenüber Gaswirtschaft und Kohlekonzernen oft das Nachsehen.

Die Folgen sind fatal:

Statt die Energiewende weiterzubringen, stellt Reiche das Ziel der Klimaneutralität 2045 infrage. Sie hält den Ausbau der Erneuerbaren für „völlig überzogen“ – und will neue Gaskraftwerke mit 20 Gigawatt bauen, ohne Wasserstoffoption.

Gleichzeitig will Merz jetzt wirklich das Verbrenner-Aus bei Neuwagen kippen – obwohl alles für eine schnelle Wende zur E-Mobilität spricht: So stoßen E-Autos über ihren Lebenszyklus 73 % weniger Treibhausgase aus als Verbrenner. Und 2024 wurden europaweit schon über 1,3 Mio. neue Ladepunkte installiert – mehr als je zuvor. Wer diese Dynamik bremst, schadet Klima, Industrie und Arbeitsplätzen gleichermaßen.

Doch in der Kanzlerpartei rennt die fossile Lobby gerade offene Türen ein – und setzt sich viel zu oft in der Regierung durch. So darf das nicht weitergehen. Es braucht eine Kurskorrektur: Schluss mit der Politik von Vorgestern, keine neuen Schlupflöcher für Gas, kein Rückzieher beim Verbrenner-Aus.

Ich finde: Eine Lobby für die Zukunft in der Regierung - das wäre doch mal was.

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