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Campact e.V.
Einmal so geliebt werden, wie die CDU die Autolobby liebt
Es ist der wichtigste Klimaschutz-Meilenstein in der Verkehrspolitik: Ab 2035 sollen in der Europäischen Union keine neuen Autos mit Benzin- oder Dieselmotor mehr zugelassen werden. Die Union will das Verbrenner-Aus jetzt kippen – und bedroht damit die Klimaziele.
Ihre Position lässt sich die Union wortwörtlich von der Autoindustrie vorschreiben. Sie macht Klientelpolitik für Großaktionär*innen auf unser aller Rücken. Sollte die Union das Verbrenner-Aus sabotieren, heizt sie die Klimakrise weiter an und gefährdet Menschenleben. Eine Zukunft ohne Diesel und Benzin ist unumgänglich: Für unsere Gesundheit, für den Klimaschutz und für zukunftsfähige Arbeitsplätze. CDU Deutschlands Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)
Lena Donat hier LinkedIn
Erschreckend ist, dass es gar nicht mehr erschreckt: Teile der Union sind offenbar Teil der Verbrenner-Lobby.
📝 SPIEGEL-Recherche zeigt: Der Verband der Automobilindustrie (VDA) darf ganze Passagen in ein Unions-Positionspapier schreiben und wünscht sich dort mehr Geld für Autobahnen, Wasserstoffnetze und am besten die Abschaffung des europäischen Aus für neue Verbrenner.
⚠️ VDA und Union sehen anscheinend nicht einmal ein Problem darin, gemeinsam an Positionspapieren der Regierungspartei zu schreiben. Ich schon! Denn der VDA vertritt eben nicht die Interessen der Gesellschaft, sondern die Interessen der Autokonzerne.
Der Umstieg auf E-Autos muss schneller, nicht langsamer werden - und das EU-Gesetz zum Verbrenner-Aus ist ein wichtiger Treiber. Drei gute Gründe
1️⃣ Klimaschutz: Ohne den Umstieg auf Elektroautos (und natürlich Verkehrsverlagerung) werden die Klimaziele nicht erreicht. Die Forderungen des VDA würden 0,5 bis 1,4 Millionen Tonnen an vermeidbaren CO2 Emissionen in der EU bedeuten.
2️⃣ Die Welt fährt in Zukunft elektrisch - mit oder ohne die deutsche Autoindustrie. Im weltweit größten Markt China sowie in wachsenden Märkten wie Vietnam, Thailand und der Türkei steigt der E-Auto-Anteil rapide.
3️⃣ In ländlichen Räumen werden auch in Zukunft Menschen aufs Auto angewiesen sein. Das Verbrenner-Aus 2035 erhöht den Druck auf Autohersteller, kleine und bezahlbare E-Autos auf den Markt zu bringen - und nicht nur teure SUVs. Durch die VDA-Forderungen würden Mobilität für Millionen Menschen teurer.
Watson Artikel von Tim Kröplin 1.10.25
Geleaktes Papier zeigt: Die Autoindustrie diktiert der CDU ihre Argumente
CDU-Chef Friedrich Merz will das Verbrennerverbot kippen – und bekommt dabei offenbar Nachhilfe vom Verband der Autoindustrie. Ein geleaktes Papier zeigt, wie eng Politik und Lobby hier zusammenarbeiten. Von der CDU gibt es dazu keine Einsicht. Ein Problem.
Bundeskanzler Friedrich Merz hat sich Großes vorgenommen. In Brüssel will er dem Verbrennerverbot das Stöckchen in die Räder halten – und dieses Stöckchen hat der VDA geschnitzt. Das zeigt ein geleaktes Positionspapier – ein Glanzstück politisch-lobbyistischer Gruppenarbeit.
Es handelt sich um ein Schriftstück, das noch im Überarbeitungsprozess steckte, die Datei "Entwurf_Textbausteine_AG03", welche dem "Spiegel" vorlag. Und in diesem finden sich neben Überarbeitungswünschen von Tilman Kuban (oder seinem Büro) auch welche vom Verband der Automobilindustrie (VDA).
Dieser gab fleißig Formulierungshilfen, gut sichtbar dank lila Markierungen. Manche lesen sich wie Lobeshymnen: "Weltweit investieren die Hersteller und Zulieferer insgesamt 320 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung sowie weitere 220 Mrd. Euro in den Auf- und Umbau von Werken". Andere sind klare Forderungen: "Zusätzliche Mittel aus Sondervermögen Infrastruktur zur Modernisierung der Autobahnen und Bundesstraßen nutzen."
Politik und Kapital: ziemlich beste Freunde
Schockierend ist das Papier nicht – selten aber wird Lobbyeinfluss so sichtbar. Von außen betrachtet wirkt es wie Coaching, ein motivierender Klaps auf den Po, bevor sich Merz bei seinem Auswärtsspiel in Brüssel so richtig verausgabt.
Kapitalinteressen bestimmen seit jeher die Politik – auch in Demokratien. Diese werden aber meist hinter verschlossenen Türen eingebracht, etwa in Form von Beratungen, auf Tagungen oder auch durch vergebene Posten an Wirtschaftsakteur:innen.
Das Muster ist altbekannt, doch etwas hat sich verändert. Früher reagierte man immerhin noch mit gespielter Empörung, wenn Lobbyverbindungen aufflogen – man denke an Joe Laschets Maskenaffäre während der Corona-Pandemie. Heute winkt die CDU ab.
Auf Anfrage des "Spiegel" wollen sich die Christdemokraten nicht zu dem Papier direkt äußern. Man sei sich keines Problems bewusst. Der VDA spricht hingegen von einem normalen, demokratischen Vorgang. Es ginge schlicht darum, Expertise einzubringen.
Die Datei "Positionspapier_final" ist offensichtlich nicht einsehbar, vielleicht existiert sie in der Form noch nicht. Merz' Vorhaben, in Brüssel hart gegen das Verbrennergesetz vorzugehen, zeigt aber eine sprachliche Überschneidung.
Es spricht zudem Bände, dass andere Expert:innen offensichtlich nicht stattfanden, etwa solche, die vom Verbrenner aus ökologischer (Umwelt) wie ökonomischer (Innovation) abraten.
Schreibwerkstatt mit dem VDA: So geht Regierung
Und da könnte die CDU durchaus selbstkritischer sein. Das geleakte Papier wäre dafür ein guter Anlass. Schreibwerkstatt mit dem VDA ist doch ohnehin mehr als peinlich für diejenigen, die sich als befähigt genug sehen (und verkaufen), einen Nationalstaat zu führen.
"Hier gibt es nichts zu sehen, gehen Sie weiter", wirkt da nicht wirklich staatsmännisch. Vielmehr trotzig. Doch das gab es auch schon bei Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche, die laut "TableMedia" ihren Zehn-Punkte-Plan für die Energiepolitik fleißig von Eon und RWE abgeschrieben hat. Ihr Ministerium reagierte darauf verhalten und wich Fragen aus.
Vielleicht ist das Ganze ja wirklich nur ein "normaler demokratischer Vorgang", wie der VDA sagt. Es mag üblich sein, bleibt aber dennoch ein Übel: Wenn es ernst wird, diktiert die Industrie – und die Politik tippt brav ab. So geht Regierung!
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