Aber geht es denn nur noch um Wahlergebnisse :"Es gibt in der Partei zunehmende Nervosität, weil es mit unseren Zustimmungswerten nicht aufwärtsgeht"? Das scheint mir - bei aller Freude über die Wiederbelebung von Toten - denn doch ein sehr bescheidenes Ziel zu sein, angesichts der verbrieften Werte aus vergangenen Zeiten.
Kleines Video von Hr. Breymann hier
Zeit hier 29. Oktober 2025,Von Fabian Reinbold
Kritik an Merz: Neue Gruppe in der CDU fordert "Kurskorrektur" von
Parteichef Merz
Stadtbild-Debatte:
Neue Gruppe in der CDU fordert "Kurskorrektur" von Parteichef Merz
Nach der Debatte über die Brandmauer zur AfD und der Stadtbild-Kontroverse hat sich in der CDU eine neue Gruppe gegründet, die bei diesen Themen auf Distanz zum Parteivorsitzenden Friedrich Merz geht. In der Gründungserklärung der Plattform Compass Mitte, die der ZEIT vorliegt, treten die CDU-Mitglieder für eine klarere Abgrenzung zur AfD ein.
"Die CDU ist in dem Wissen gegründet worden, dass Faschismus immer nur mithilfe von Konservativen an die Macht gekommen ist", heißt es darin. "Es darf deshalb keinerlei politische Zusammenarbeit der CDU mit der rechtsextremistischen AfD geben." Und weiter: "Deshalb behandeln wir die AfD mit zivilisierter Verachtung, bekämpfen sie politisch und stehen zum Beschluss des CDU-Bundesparteitags, der jegliche politische Zusammenarbeit mit der AfD ausschließt."
Die Parteimitglieder, zu denen der Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter und der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz zählen, reagieren damit auf Forderungen aus Reihen der Partei, die als sogenannte Brandmauer bekannte klare Ausgrenzung der AfD aufzuweichen, wie sie zuletzt etwa mit Peter Tauber ein anderer Ex-Generalsekretär vor einer Strategieklausur der Parteispitze erhoben hatte. Merz und sein CDU-Präsidium hatten im Anschluss an das Treffen noch einmal klargestellt: Man werde die AfD bekämpfen und nicht mit ihr zusammenarbeiten.
Doch die Unterzeichner von Compass Mitte gehen deutlich weiter als die Parteispitze.
Sie fordern: Der Unvereinbarkeitsbeschluss müsse "für alle politischen Ebenen" gelten, und:
"Die CDU darf deshalb auch keine Anträge stellen, die nur mit Stimmen der AfD eine Mehrheit bekommen können." Merz selbst hatte argumentiert, die Lage in den Kommunen sei eine andere als in den "gesetzgebenden Körperschaften", womit er Länder, Bund und EU-Ebene meint. Und er hatte im vergangenen Januar einen Antrag zur Migration in den Bundestag eingebracht, der nur mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit erhielt. Stellt ein Landrat die Ausgrenzung der AfD infrage, so hat dies bislang, anders als einst angekündigt, keine Folgen.
Sie fordern: Der Unvereinbarkeitsbeschluss müsse "für alle politischen Ebenen" gelten, und:
"Die CDU darf deshalb auch keine Anträge stellen, die nur mit Stimmen der AfD eine Mehrheit bekommen können." Merz selbst hatte argumentiert, die Lage in den Kommunen sei eine andere als in den "gesetzgebenden Körperschaften", womit er Länder, Bund und EU-Ebene meint. Und er hatte im vergangenen Januar einen Antrag zur Migration in den Bundestag eingebracht, der nur mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit erhielt. Stellt ein Landrat die Ausgrenzung der AfD infrage, so hat dies bislang, anders als einst angekündigt, keine Folgen.
"Es bedarf einer Kurskorrektur"
Außerdem fordern die Unterzeichner der Erklärung ein Verbotsverfahren gegen die AfD: "Wir setzen uns dafür ein, dass Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat einen Antrag auf Prüfung der Verfassungswidrigkeit und gegebenenfalls Verbot der AfD durch das Bundesverfassungsgericht stellen." Merz und die Mehrheit der Parteispitze lehnen das ab.
Doch es geht der Gruppierung nicht nur um den Umgang mit der AfD. Sie bemängelt, dass sich unter Merz' Vorsitz das Spektrum der Partei verengt habe – und die Union deshalb an Zustimmung verliere. "Die 28,6 Prozent bei der letzten Bundestagswahl dürfen uns nicht zufriedenstellen. Es bedarf einer Kurskorrektur, damit die CDU mit 40 Prozent wieder die Ergebnisse einer Volkspartei erreicht. Deshalb muss der soziale und liberale Teil der Union sichtbarer werden, um mehr Menschen anzusprechen."
Hinter der Initiative Compass Mitte stecken Mitglieder ebenjener liberalen und sozialen CDU-Flügel. Parteivertreter aus der ersten Reihe fehlen in der Liste der gut 30 Erstunterzeichner, die der ZEIT vorliegt. Unter ihnen finden sich neben Kiesewetter und Polenz vor allem Kommunalpolitiker und Vertreter des Arbeitnehmerflügels der CDU, wie dessen Vizechefin Monica Wüllner, die zugleich im CDU-Bundesvorstand sitzt. Dabei ist auch Frank Sarfeld, der einst eine Gruppe zur Verteidigung der Migrationspolitik Angela Merkels in der CDU mitgründete, die "Union der Mitte". Die Initiatoren gehören also Strömungen an, die in der CDU unter Merz an Einfluss verloren haben. Sie wollen keinen Verein gründen, sondern ihre Erklärung für andere öffnen und so die Diskussionskultur in der Partei wiederbeleben.
"Eine Zusammenarbeit mit der AfD würde die CDU spalten"
Ex-Generalsekretär Polenz sagte der ZEIT: "Es gibt in der Partei zunehmende Nervosität, weil es mit unseren Zustimmungswerten nicht aufwärtsgeht." Deswegen müsse stärker über den Kurs der Partei debattiert werden, und dazu wolle die Plattform einen Beitrag leisten. "Die CDU droht ihren Wertekompass zu verlieren, wenn sie sich nur noch als rein konservative Partei versteht", warnte er.
Tatsächlich hat die Union nach der Bundestagswahl an Zuspruch verloren, in den Umfragen macht ihr die AfD seit Monaten den ersten Platz streitig. Auch die Zustimmungswerte für die Koalition und für Kanzler Merz persönlich sind schlecht. In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, wo im kommenden Jahr neue Landtage gewählt werden, liegt die CDU bereits deutlich hinter der AfD – dieser Umstand war dann auch der Anlass zur Strategieklausur der CDU-Spitze am vorvergangenen Wochenende.
Viele Unterzeichner aus Nordrhein-Westfalen
Die Erstunterzeichner von Compass Mitte kommen fast ausnahmslos aus den alten Bundesländern, viele aus dem Landesverband NRW, aus dem auch Merz selbst stammt und der von Hendrik Wüst angeführt wird. Der CDU-Kommunalpolitiker Dieter Breymann aus Mönchengladbach erklärte im Gespräch mit der ZEIT, die Initiative sei eine "Antwort auf die Kampagne, die bewusst die Grenzen zur AfD auflösen will". Diese stelle eine existenzielle Bedrohung für die Partei dar: "Eine Zusammenarbeit mit der AfD würde die CDU spalten."
Er kritisierte in der Stadtbild-Debatte die Argumentation seines Parteichefs Merz. Tatsächlich hätten viele Menschen Probleme damit, wie ihre Städte heutzutage aussähen. "Wir müssen diese Diskussion führen, da hat Herr Merz recht", sagte Breymann. "Aber wir dürfen sie unter keinen Umständen auf eine Art führen, die Ressentiments bedient." Er warnte: "Wenn wir auf solch unkluge Art einfach die Themen der AfD übernehmen, macht uns das als CDU nur kleiner."
Merz hatte im Zusammenhang mit Abschiebungen von einem "Problem im Stadtbild" gesprochen, aber dies auch auf Nachfrage nicht weiter ausgeführt. Erst nach gut einer Woche und viel Kritik konkretisierte Merz seine Aussagen. In der Erklärung von Compass Mitte heißt es: "Es darf keine Politik auf dem Rücken von Minderheiten geben."
Für sachliche Politik
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Wenn ein CDU-Kommunalpolitiker deutlichere Worte findet als die deutschen Medien. Er bezeichnet Merz' Äußerung als was? Ja, genau, als "rassistische Äußerung". Und zwar unumstritten. Und er berichtet, was es mit Menschen macht und weiß auch: eine Entschuldigung wird es nicht geben. Anhören!
Die CDU darf nicht zur KDU werden
Die AfD gewinnt, die CDU sucht ihren Kurs. Doch: Wer nur am rechten Rand fischt, verliert die Mitte – und mit ihr das, was die Union einst ausmachte. Warum es ein Problem ist, wenn aus der Christlich Demokratischen Union eine rein konservative Partei wird.
CDU-Chef Merz hat die AfD zwar zum Hauptgegner erklärt. Was das für den Umgang in den kommenden Monaten bedeuten soll, konkretisierte er aber nicht.
2026 wird für die AfD vielleicht zum Rekordjahr. Bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz könnte die Partei auf mehr als 20 Prozent kommen, in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt sogar auf rund 40 Prozent. Entsprechend besorgt ist die politische Mitte – und vor allem die CDU, die um den richtigen Umgang mit der AfD ringt. Muss die Brandmauer bleiben? Sollte man die AfD ignorieren? Oder sie doch wie eine normale Partei behandeln?
Viele sich teils widersprechende Vorschläge sind in den vergangenen Tagen öffentlich geworden. In ihrer Gesamtheit zeigen sie vor allem zweierlei: Dass große Ratlosigkeit im Umgang mit den Rechten herrscht. Und dass es den klaren Kurs noch nicht zu geben scheint. Dabei wäre dieser dringend nötig.
CDU-Chef Friedrich Merz hat die AfD zwar offiziell zum Hauptgegner erklärt. Was das für den Umgang in den kommenden Monaten bedeuten soll, konkretisierte er aber nicht. Mit der Stadtbild-Debatte nährte der Kanzler den Verdacht, dass das Fischen am rechten Rand Teil der Strategie sein könnte. Noch weiter ging der ehemalige CDU-Generalsekretär Peter Tauber, der sich für eine Abkehr von der Brandmauer aussprach, auch wenn die CDU aus seiner Sicht nicht mit der AfD koalieren sollte. Was das konkret heißen soll, konnte auch er nicht sagen.
Doch es ist zu bezweifeln, dass die AfD mit einem konservativen Kurs und einigen rechtspopulistischen Spitzen wieder kleinzukriegen ist. Vielleicht findet sich die Antwort weniger in der Gegenwart, sondern in den Ursprüngen der CDU. Die lagen nämlich – anders als man heute meinen könnte – nicht im Konservatismus begründet. Im Berliner Gründungsaufruf von 1945 kam das Wort noch nicht einmal vor. Stattdessen wurde die CDU – wie der Name sagt – als christlich-demokratische Partei gegründet. Daraus leitet sich ein Anspruch an politischen Stil und bestimmte Werte wie soziale Gerechtigkeit und Humanität ab.
Doch dieses Erbe droht die Partei immer stärker zu verspielen. Aus der CDU droht eine KDU zu werden – eine konservativ-demokratische Union.
Das neue CDU-Netzwerk „Compass Mitte“ (die Schreibweise mit C kommt nicht von ungefähr) weist genau darauf hin. Die Unterstützer betonen das Christliche und sagen, dass die CDU nur dann zu alter Stärke zurückfindet, wenn der liberale und der soziale Flügel wieder stärker sichtbar werden. Die Wahlergebnisse der jüngeren Vergangenheit bestätigen, dass die Verengung auf das Konservative wohl kaum für 35 Prozent und mehr ausreicht.
Das C im Namen mehr in den Fokus zu stellen, wäre vor diesem Hintergrund ein guter Anfang. Und es würde Antworten zum richtigen Umgang mit der AfD geben. Christdemokraten und Rechtspopulisten – das passt nicht.
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