hier in der Schwäbischen Zeitung Katja Korf 21.06.2023
Südwest–Agrarminister Peter Hauk (CDU) plädiert dafür, weniger Wohngebiete mit Einfamilienhäusern auszuweisen. Die Gemeinden in Baden–Württemberg müssten zudem dafür Sorge tragen, dass in Gewerbegebieten vor allem Gebäude mit mehreren Geschossen gebaut werden dürften. Das sagte Hauk am Dienstag beim Landesbauerntag in Fellbach. Die Schritte seien notwendig, um dem Flächenfraß im Südwesten zu begegnen.
Im Südwesten vergleichsweise viel Flächenfraß
In Baden–Württemberg wurden 2021 pro Tag 6,2 Hektar Boden versiegelt. Das ist im Bundesvergleich viel: Der Südwesten macht zehn Prozent der Fläche Deutschlands aus, hat aber zwölf Prozent zum täglichen Flächenverbrauch in ganz Deutschland beigetragen. Südwest–Regierungen seit dem damaligen Ministerpräsidenten Günther Oettinger (CDU) wollen diesen Trend eigentlich stoppen. In ihrem Koalitionsvertrag von 2021 haben sich Grüne und CDU das Ziel gesetzt, den Flächenschwund auf 2,5 Hektar pro Tag zu begrenzen. 2035 soll nur noch soviel freie Fläche verbaut werde, wie an anderen Stellen Natur und Landwirtschaft zurückbekommen.
Volksantrag gegen Flächenfraß
Doch weil sich in diesem Punkt nicht viel tut, haben 17 Verbände und Organisationen einen Volksantrag dazu gestartet. Darunter sind neben den Bauernverbänden unter anderem die Naturschutzverbände in Baden–Württemberg.
Grundsätzlich
sei das Anliegen gut, sagte Agrarminister Hauk dazu in Fellbach. Felder
und Weiden seien wertvoll, das gelte auch für naturbelassene Flächen.
„Andererseits können wir uns in Baden–Württemberg nur so viel auch bei
Natur– und Klimaschutzstandards leisten, weil wir eine in der Regel
florierende Wirtschaft haben“. (ja ja, diese Leier kennen wir seit vielen Jahren. Drum wird der Flächenfraß auch nie begrenzt, egal wieviel Gewerbe- und Industrieflächen wir schon haben. Mehr geht immer, da sind keine Grenzen gesetzt)
Und Unternehmen brauchten eben Platz für Ansiedlung und Expansion, Menschen brauchten Wohnungen. Eines aber verstehe er nicht. „Warum bauen wir immer noch so viele Einfamilienhäuser im ländlichen Raum, warum werden Gewerbegebiete von den Kommunen nicht so ausgewiesen, dass nur mehrstöckig gebaut werden darf?“
Pläne müssen an den Menschen bleiben
Ohnehin bedürfe es eines neuen Ansatzes, um den Flächendruck zu entschärfen. Das Nebeneinander von Gewerbe, Wohnen, Landwirtschaft und Flächen für Naturschutz mache keinen Sinn. „Wir können längst auch auf landwirtschaftlichen Flächen viel für Natur– und Artenschutz tun“, so Hauk. Es gelte außerdem, die Vorgaben für den Wohnungs– und Gewerbebau in puncto Artenvielfalt zu verschärfen oder konsequent durchzusetzen — etwa das Verbot von Schottergärten.
Grundsätzlich steuern Städte und Gemeinden, wie und wo Häuser, Wohnungen oder Gewerbegebiet entstehen. Sie weisen entsprechende Flächen aus und geben Bedingungen vor. Gemeindetags–Präsident Steffen Jäger (CDU) sagte zu Hauks Vorstoß, die Kommunen gingen bereits möglichst sparsam mit Flächen um. „Die Pläne müssen aber auch den Bedürfnissen der Menschen im ländlichen Raum entsprechen“, so Jäger.
„Wir haben im vergangenen Jahr eine hohe sechsstellige Zahl von Flüchtlingen aufgenommen in Baden–Württemberg, schon vorher haben 100.000 Wohnungen gefehlt“, gab Jäger zu bedenken. Deswegen müssten Kommunen Wohngebiete ausweisen, auch im ländlichen Raum brauche es mehrgeschossige Wohngebäude. Gleichzeitig dürfe man andere Modelle aber nicht kategorisch ausschließen. (also weiter so, wie bisher)
Städte wollen keine Verbotsdebatten
Ähnlich argumentiert der Städtetag. Deren Wohnbau–Experte Sebastian Ritter sagte der „Schwäbischen Zeitung“: „Flächen sind knapp, das weiß jeder. Möglicherweise sind Wohngebiete nur mit Einfamilienhäusern künftig nicht mehr der Weisheit letzte Schuss. Aber wir diskutieren die Frage, wie sich eine Stadt entwickeln soll, mit den Menschen vor Ort und nehmen auch auf deren Bedürfnisse Rücksicht.“ Es gelte vielmehr, Alternativen zum Einfamilienhaus aufzuzeigen. Längst sei ein mehrgeschossiges Gebäude nicht mehr per se unattraktiv.
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