NTV hier Ein Kommentar von Sebastian Huld 14.06.2023
Die FDP sieht sich als großer Sieger des Streits um das Heizungsgesetz. Tatsächlich hat sie mit der Brechstange einige Punkte durchsetzen können. Doch der Schaden für alle Beteiligten ist größer als der versprochene Nutzen für die Verbraucher.
Die Ampelkoalition hat am Dienstag vereinbart, das Heizungsgesetz bis zum Sommer zu verabschieden. Je nach Zählung hat sie diese Einigung nun zum dritten oder vierten Mal erzielt. Ob die jüngste Übereinkunft das Gesetz ins Ziel trägt, vermag niemand zu sagen, auch nicht in den Reihen der Regierungsparteien. Der erste Tenor ist recht einheitlich: Das Kompromisspapier, das Leitplanken für das parlamentarische (Eil-)Verfahren festlegt, sei vor allem ein Triumph für die FDP, die habe sich weitgehend durchgesetzt. Doch stimmt das wirklich? Der Flurschaden der vergangenen Wochen ist groß. Gemessen daran sind die Erfolge der Liberalen überschaubar.
Das Neueinbauverbot von Gasheizungen in Bestandsgebäuden kommt statt 2024 bundesweit erst vier Jahre später. Dann nämlich, wenn in allen Kommunen Klarheit herrschen muss, ob ein Ausbau der Fernwärme kommt oder das jeweils örtliche Gasnetz auf grünen Wasserstoff umgerüstet wird. Mit der Kopplung des Heizungstausches an die kommunale Wärmeplanung schließt die FDP die größte offene Flanke des Gesetzentwurfes aus dem Hause Robert Habecks. Die viel gepriesene "Technologieoffenheit" dagegen bringt den Betroffenen wenig und verwässert die Wirkung des Gesetzes.
Wenig deutet darauf hin, dass bis 2028 in nennenswerter Zahl verbindliche Pläne stehen werden, Heizgas durch grünen Wasserstoff zu ersetzen. Und dort, wo Versorger diese Pläne entwickeln, wird niemand verlässlich sagen können, was es die Verbraucher kosten wird, den "Champagner der Energiewende" zu verheizen. Die in der Anschaffung teurere Wärmepumpe bleibt die verlässlichere Alternative zur fossilen Heizung. Die ebenfalls von der FDP durchgesetzte Besserstellung von Pelletheizungen und Biogas im Vergleich zum ersten und zweiten Gesetzentwurf dürfte in ländlichen Gegenden vielen Betroffenen entgegenkommen, doch insbesondere die Ökobilanz von Holzpellets ist höchst fraglich.
Ist das also die große Entschärfung des "Heizungshammers", die die FDP versprochen hatte? Eher nicht, denn mehr Planungssicherheit bekommen die Verbraucher so nicht. Wer jetzt noch eine Gasheizung verbaut, wird sie - mit Übergangsfrist - vor 2045 wieder ausbauen müssen, wenn vor Ort kein Fernwärme- oder ein Wasserstoffanschluss kommt. Die Förderkulisse, die soziale Härten abfedern soll, hängt weiter in der Schwebe. Und nichts von alledem hätte sich nicht auch deutlich unaufgeregter im parlamentarischen Verfahren klären lassen können. Stattdessen aber hat die FDP das Heizungsgesetz über Monate als ideologiegetrieben diffamiert, den zuständigen Minister als Dilettanten desavouiert und den Koalitionskrach verschärft. Die Akzeptanz des Heizungsgesetzes in der Bevölkerung ist am Boden und wird sich von den Tiefschlägen so bald nicht erholen.
Ebenfalls am Boden ist das Ansehen der zu Recht als zerstritten geltenden Ampel. Zuspruch ernten derzeit Parteien, die das Gesetz ganz weg haben wollen, allen voran die AfD. Das falsche Versprechen, alles könne ungeachtet der Klimakrise bleiben wie eh und je, hat auch dank der FDP-Kampagne gegen das Heizungsgesetz an Strahlkraft gewonnen. Die Liberalen hingegen haben gerade einmal ein bis zwei Prozentpunkte in den Umfragen zugelegt. Und nun wollen sie einem Gesetz zustimmen, das im Kern entweder noch immer der "Murks" ist, den die FDP bislang darin sah. Oder aber es war niemals so ein großer "Mist". Beides ist unaufrichtig und angesichts des Schadens für alle Beteiligten den Aufruhr nicht wert gewesen.
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