Donnerstag, 22. Juni 2023

Zunehmende Trockenheit: Landwirte sollen für Wasser zahlen

unbedingt auch diesen sehr aufschlußreichen Artikel in der Süddeutschen Zeitung lesen  hier

hier 04.06.2023 im Spiegel

Über Gebühren sollen Bauern dazu gebracht werden, sparsamer mit Wasser umzugehen. Zum Wochenende herrschte in mehreren Bundesländern in tieferen Bodenschichten außergewöhnliche Dürre.

Immer mehr Bundesländer wollen, dass Landwirte für ihren Wasserverbrauch zahlen. Angesichts häufigerer Dürren in Zeiten des Klimawandels sollen Bauern so dazu gebracht werden, sparsamer mit Wasser umzugehen. Zuletzt hatte etwa die Ampelregierung in Rheinland-Pfalz angekündigt, künftig Geld für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser in der Land- und Forstwirtschaft zu kassieren.

In anderen Bundesländern gibt es teils bereits entsprechende Regelungen, oder sie werden diskutiert, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa ergeben hat. Bisher waren Landwirte meist von den Entgelten für die Wasserentnahme ausgenommen oder erhielten sogar Teile des Geldes als Ausgleich für einen geringen Einsatz von Düngemitteln.

»Durch den Klimawandel sind Dürren in Europa deutlich wahrscheinlicher und auch intensiver geworden«, sagte Klimaforscher Fred Hattermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung der Deutschen Presse-Agentur. Es sei schlicht wärmer geworden – in Deutschland im Durchschnitt um zwei Grad – und dadurch die Winter kürzer, in denen sich Grundwasser, Seen und Böden wieder auffüllten. Außerdem gebe es zunehmend lang anhaltende Wetterlagen – etwa Hochdruckgebiete ohne Regenfälle.

Laut dem Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung herrschte zum Wochenende in mehreren Bundesländern in tieferen Bodenschichten außergewöhnliche Dürre. Das entspricht der fünften von fünf Stufen auf dem Dürremonitor. Betroffen waren vor allem Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt sowie Brandenburg und Berlin. Viele Pflanzen beziehen ihr Wasser aus den tieferen Bodenschichten bis 1,8 Meter Tiefe.

In manchen Ländern kostet Wasserentnahme bereits

In mehreren dieser Länder – dem Saarland, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen  – ist die Wasserentnahme für die Landwirtschaft bereits kostenpflichtig, teilweise seit Jahrzehnten. Unterschiede gibt es bei den Preisen, die etwa im Saarland teilweise bei 0,7 Cent und in Sachsen-Anhalt bei zwei Cent pro Kubikmeter liegen. Den Angaben nach wird nicht für alle Wasservorkommen der gleiche Betrag erhoben. In Sachsen-Anhalt wird zudem über eine Erhöhung des Preises diskutiert, während in Bayern nach der Wahl im kommenden Jahr eine Abgabe eingeführt werden soll. Angekündigt ist die Einführung in dem Freistaat bereits seit 2018.

Auch in weiteren Bundesländern wie Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg oder Hessen wird über Wasserentnahmeentgelte für die Landwirtschaft nachgedacht. In Rheinland-Pfalz soll das geplante Gesetz Anfang 2024 in Kraft treten. Für einen Kubikmeter Grundwasser sollen sechs Cent, für einen Kubikmeter Oberflächenwasser 2,4 Cent fällig werden. In Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg gibt es für Bauern bisher Ausnahmen von solchen Gebühren, die erst mal bestehen bleiben sollen.

Trockenheit macht Wälder anfällig für Schädlinge

Die Folgen der vielen Trockenheit in Deutschland sieht man beispielsweise im Harz. Dort wurden über 80 Prozent des Fichtenwaldes in den vergangenen Jahren zerstört – vor allem weil die Bäume wegen Wassermangels anfällig für den Schädlingskäfer sind.

In Frankreich riefen zuletzt Regionen im Süden des Landes an der Grenze zu Spanien wegen anhaltender Dürre den Krisenzustand aus. Demnach dürfen Landwirte und Landwirtinnen dort nur noch selten ihre Pflanzen bewässern. Auch Privatleute müssen sich einschränken, und es kommt zu Ausfällen in der Wasserversorgung. In den USA haben kürzlich drei Staaten eine Vereinbarung zur Rettung des Colorado River getroffen – der droht auszutrocknen, die Trinkwasser- und Stromversorgung von 40 Millionen Menschen ist in Gefahr.

Auch in Nordrhein-Westfalen gab es etwa in der Vergangenheit bereits lokale Verbote für die Wassernutzung in bestimmten Bereichen wie der Gartenbewässerung. Neben Wasserentnahmegebühren versuchen die Bundesländer auch auf anderen Wegen, ihre zukünftige Wasserversorgung zu sichern. Mecklenburg-Vorpommern möchte unter anderem mit der Restaurierung von Mooren  oder breiteren Randstreifen an Äckern mehr Wasser in der Fläche behalten. Das niedersächsische Umweltministerium unterstützte zuletzt Vorhaben, die die Wasserwirtschaft an den Klimawandel anpassen wollen, mit 8,2 Millionen Euro.


BR hier Von Katrin Bohlmann

Trockenheit in Bayern: extrem und außergewöhnlich

Bayern ächzt unter Trockenheit. Auch wenn es immer mal wieder regnet - es reicht nicht für den ausgetrockneten Boden und den niedrigen Grundwasserstand. Im BR24-Interview warnt ein Umweltforscher: Die Trockenheit in Bayern ist extrem.

Bild links: Der Klimawandel ist in Bayern angekommen. Die anhaltende Trockenheit ist der Beweis. Diese sei außergewöhnlich und extrem, so ein Umweltforscher.

Bildrechte: dpa-Bildfunk/Armin Weigel

Ein aktuelles Bild in Bayern: Wo sonst grüne, saftige Wiesen zu sehen sind, ist das Gras braun und vertrocknet. Gartenbesitzern, Förstern und Landwirten macht die anhaltende Trockenheit zu schaffen. In Lindau am Bodensee hilft bereits die Feuerwehr, die Bäume zu gießen. Vor allem junge Bäume leiden unter der Hitze und Trockenheit. Vor allem in Nordbayern ist das Wasser nach wie vor knapp. Die Gemeinde Berg im Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz hat nun reagiert und als erste bayerische Gemeinde ein Bewässerungsverbot ausgesprochen.

Diese Aneinanderreihung so vieler Trockenjahre, die im Grunde genommen eine zusammenhängende Dürreperiode bildeten, sei ungewöhnlich. Der Regen und die Gewitterschauer in den vergangenen Tagen reichen bei weitem nicht aus, um die Trockenheit auszugleichen. Sie sind regional, aber auch sehr unterschiedlich.

Seit 40 Tagen kein Regen in mittelfränkischen Regionen

Daten des Niedrigwasser-Lageberichts Bayern zeigen: Knapp die Hälfte der oberflächennahen Messstellen und Quellen weisen niedrige bis sehr niedrige Grundwasserstände auf. Das bayerische Landesamts für Umwelt (LfU) warnt: die Lage hat sich verschärft, da die Trockenperiode seit Mitte Mai anhält.

So zeigt der LfU-Lagebericht: In den mittelfränkischen Städten Weißenburg und Feuchtwangen hat es seit 40 Tagen nicht mehr geregnet. Nicht viel besser sieht es im Süden Bayerns aus. Auch hier werden vermehrt niedrige bis sehr niedrige Grundwasserstände gemessen. In Dasing im Landkreis Aichach-Friedberg und in Gilching im Landkreis Starnberg hat es seit 35 Tagen nicht mehr geregnet.

Umweltforscher: immer mehr Hitzewellen und Dürre durch Klimawandel

Ein weiteres Problem sei der schneearme Winter in weiten Teilen der Alpen gewesen, weshalb nun zum Beispiel einzelne Flüsse sehr niedrige Wasserstände aufweisen, sagt Umweltforscher Dietrich Borchardt. In bestimmten Regionen Deutschlands wie Sachsen fehlen laut Borchardt bis zu anderthalb Jahre Niederschläge. Der Hydrobiologe warnt: "Extremereignisse wie Hitzewellen, Dürre und Starkniederschläge werden aufgrund des Klimawandels häufiger. Darauf müssen wir uns einstellen."

Die Klimaszenarien für die Zukunft schauen also nicht gut aus. "Wir müssen zur Kenntnis nehmen und akzeptieren, dass der Klimawandel bei uns angekommen ist", sagt Hydrobiologe Borchardt. Außerdem verändere sich die Saisonalität. "Dass es in großen Teilen Bayerns zwischen Mitte April und Ende Mai über sechs Wochen in vielen Regionen keinen Niederschlag gegeben hat, sei ungewöhnlich." Früher habe es im Jahr viel gleichmäßiger verteilt geregnet.


Forderung: Stresstests für Trinkwasserversorgung

Das habe auch Folgen für die unterschiedlichen Trinkwasserspeicher in Deutschland wie den Bodensee und Talsperren. Borchardt fordert deswegen Stresstests für die Trinkwasserversorgung. "Unter diesen Veränderungen, die wir erwarten, müssen wir uns überlegen: Reicht die Trinkwasserversorgung so, wie wir sie heute kennen und haben auch in Zukunft noch aus?" So bräuchten vorhandene Trinkwasser-Versorgungssysteme möglicherweise neue Speicher, oder es müssten Verbundsysteme mit Fernwasserversorgung geschaffen werden, die eine sicherere Ressourcengrundlage haben.


Auch das Thema Nutzungskonkurrenz um Wasser könne aufkommen. Noch spiele die landwirtschaftliche Bewässerung in Deutschland so gut wie keine Rolle. Nur rund zwei Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche werde derzeit bewässert. Doch das werde sich massiv ändern, erwartet der Hydrobiologe, und dann stelle sich die Frage, für welche Zwecke das vorhandene Trinkwasser genutzt werde.


Wetterprognose: Es bleibt trocken und warm

Grund für die aktuelle Trockenheit sind laut Experten die Hochdruckgebiete, die trockene, warme Luft aus nordöstlicher Richtung nach Bayern gebracht haben und die wiederum die Austrocknung gefördert hat. Die Prognose des Deutschen Wetterdienstes gibt nicht viel Hoffnung auf Regen: Die nächsten vier Wochen soll es trocken und warm bleiben.

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