Freitag, 16. Juni 2023

Fronten beim geplanten Kiesabbau verhärtet

Die Aktivisten aus dem Altdorfer Wald hoffen auf einen Erfolg wie im Forst Kasten bei München. Dort wurde der Kiesabbau jetzt endgültig gestoppt. Die Aktivisten vor Ort haben lange dafür gekämpft. 

Schwäbische Zeitung  hier Von Lea Dillmann und Yannick Rehfuss

Der Regionalverband rechnet noch in diesem Jahr mit einer Entscheidung

Seit rund 60 Jahren wird im Altdorfer Wald Kies abgebaut. Doch noch nie hat das Thema so sehr für Diskussionen gesorgt wie in den vergangenen Jahren. Der Auslöser: In Grund bei Vogt soll eine neue Grube entstehen. Noch in diesem Jahr soll eine Entscheidung fallen. 

Die „Schwäbische Zeitung“ hat für einen Videobeitrag kürzlich mit Aktivisten und dem beteiligten Kiesunternehmer gesprochen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Debatte:

Wie ist der aktuelle Stand?

Der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben möchte das Waldstück in Grund als mögliches Kiesabbaugebiet ausweisen. So hat es der Verband auch in seinem Entwurf für den neuen Regionalplan festgehalten. Der Plan wird derzeit vom baden-württembergischen Bauministerium geprüft. Der Regionalverband rechnet noch in diesem Jahr mit einer Entscheidung des Ministeriums.

Doch selbst wenn der Plan vom Land genehmigt wird, könnte es noch Jahre dauern, bis die Bagger in Grund rollen. Denn es könnte gegen den Plan geklagt werden. Etwa von den Naturschutzverbänden Bund und Nabu. Die Verbände kritisieren, dass der Regionalverband davon ausgehe, dass der Kiesbedarf in den nächsten Jahren gleich bleibe. Dabei sei es möglich und dringend notwendig, den Bedarf an Kies zu senken.

Zudem muss der angestrebte Kiesabbau in Grund noch ein Genehmigungsverfahren durchlaufen. Das könnte zwei bis drei Jahre dauern.

Warum soll es eine neue Kiesgrube in der Region geben?

Der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben ermittelt die Menge an Rohstoffen, die die Menschen in den Landkreisen Ravensburg, Bodenseekreis und Sigmaringen für die nächsten Jahrzehnte benötigen. Den errechneten Bedarf an Kies können die bestehenden Gruben jedoch nicht decken.

Für das angestrebte Abbaugebiet in Grund spricht: Es liegt im Umkreis der Asphaltmischanlage der Deutschen Asphalt, die im Kieswerk Grenis steht. Die Anlage soll mit dem Kies aus Grund versorgt werden. Denn die Genehmigung der Anlage hängt davon ab, ob auch künftig in der Nähe Kies abgebaut wird. Außerdem soll die Abbaufläche in Grund vergleichsweise gering sein. Für die gleiche Menge Kies müsste an anderer Stelle großflächiger gebaggert werden.

Wer möchte den Kies abbauen?

Den Kies möchte die Kiesgesellschaft Karsee und das daran beteiligte Rohstoffunternehmen Meichle und Mohr abbauen. „Wir sind keine Konsumgüterindustrie, die einen Bedarf erzeugt über tolle Produkte. Wir kriegen von der Bevölkerung einen Bedarf zugetragen für den Hausbau, Wohnungsbau und Straßenbau“, sagt Geschäftsführer Oliver Mohr. Die Kiesgesellschaft Karsee baut bislang in Grenis Kies ab. Doch das Vorkommen neigt sich dem Ende zu.

Was spricht gegen den Kiesabbau in Grund?

Seit mehr als zwei Jahren besetzen Klimaaktivisten das umstrittene Waldstück in Grund. Anfangs hätten sie den Kiesabbau aus den offensichtlichen Gründen abgelehnt, sagt Samuel Bosch. Bäume würden gefällt und Wasserläufe zerstört, Anwohner mit Lärm und Staub durch den Kiesverkehr belastet.

Mittlerweile geht es für ihn im Wesentlichen um ein Umdenken in der Baupolitik. „Dieser Kiesabbau ist ein Teil in dem fossilen System, in dem wir leben, das immer neue Ressourcen verschlingt, um weiter zu wachsen. Das muss einfach ein Ende haben“, sagt Bosch. Seine Mitstreiterin Sina Wagner sagt: „Es ist einfach Fakt, dass alte und große Bäume mehr CO2 bündeln können als Jungbäume.“

Bis sämtlicher Kies in Grund abgebaut ist, wird es vermutlich zwischen 35 und 45 Jahre dauern. Noch während des Abbaus soll mit dem Aufforsten begonnen werden. Für Wagner dauert das angesichts des Klimawandels zu lang.



hier  16.6.23  Yannick Rehfuss, Lea Dillmann

Kies oder Klima? Wenn man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht

Seit rund 60 Jahren wird im Altdorfer Wald Kies abgebaut. Doch noch nie hat das Thema so sehr für Diskussionen gesorgt wie in den vergangenen Jahren. Der Auslöser: In Grund bei Vogt soll eine neue Grube entstehen.

Die Fronten scheinen verhärtet: Klimaaktivisten und Anwohner wollen die Kiesgrube verhindern. Ihnen gegenüber steht das Unternehmen Meichle und Mohr, das auf den Abbau drängt – und auf den Kiesbedarf in der Region verweist.

So wahrscheinlich ist der Kiesabbau

Der sogenannte Regionalplan sieht vor, dass im Altdorfer Wald eine dritte Kiesgrube entstehen soll. Aktuell prüft das baden-württembergische Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen den Plan auf Rechtsfehler. Unter Experten gilt seine Genehmigung als sehr wahrscheinlich.

Verfasst wurde er vom Regionalverband Bodensee-Oberschwaben. Dieser setzt sich aus 56 Vertretern der Kreistage Bodenseekreis, Ravensburg und Sigmaringen zusammen.

Am neuen Regionalplan hängt nicht nur der Kiesabbau

Die Aufgabe des Regionalverbandes ist es unter anderem sicherzustellen, dass die Region mit genügend Rohstoffen wie Kies versorgt ist. Im Regionalplan sind aber auch zukünftige Wohn- und Gewerbegebiete vermerkt.

Die Besonderheit beim Regionalplan: Er gilt in der Regel für mehrere Jahrzehnte. Der noch gültige Regionalplan Bodensee-Oberschwaben stammt aus dem Jahr 1996.

Der neue Regionalplan soll noch in diesem Jahr genehmigt werden. Allerdings könnte er selbst dann noch scheitern. Denn danach sind Klagen möglich. Etwa von den Naturschutzverbänden BUND und Nabu.

BUND und Nabu kritisieren geplanten Abbau

Auf Anfrage von Schwäbische.de warnen die beiden Verbände davor, dass das Ökosystem des Altdorfer Waldes durch den Kiesabbau überfordert werden könnte.

Die Verbände kritisieren, dass der Regionalverband davon ausgehe, dass der Kiesbedarf in den nächsten Jahren gleich bleibe. Dabei sei es möglich und dringend notwendig, den Bedarf an Kies zu senken. Der gegenwärtige Bedarf könne "durch mehr Bauen im Bestand statt Neubauten, eine vermehrte Nutzung von Recycling-Baustoffen und den Ersatz von Kies durch Holz und Lehm" aufgefangen werden.

Außerdem habe der neue Regionalplan Umweltaspekte überhaupt nicht berücksichtigt. Sollten diese Aspekte auch im finalen Regionalplan nicht berücksichtigt werden, könnte es zu einer Klage des BUND kommen.

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