Freitag, 30. Juni 2023

CSU kritisiert Özdemirs „Fleischverbot“ – doch das gibt es gar nicht

Heute kommt ein nicht beabsichtigter  Blick auf die hochgehaltene "Bayrische Lebensart" zustande:
Fake-Fleischverbot, aufschiebende Maßnahmen beim bedrohlichen Wassermangel und fehlgeleitete, übereifrige Staatsanwaltschaft soweit es um die letzte Generation geht.
Kein Ruhmesblatt für die in Bayern regierenden Parteien.

Dieser Artikel: Einerseits aggressive Fake-News seitens der CSU, die durch elegantes Auslassen von Tatsachen gezielt Haßreden heraufbeschwört. Andererseits die Verweigerung, sich mit Tatsachen auseinanderzusetzen um praktikable Lösungsvorschläge zu unterbreiten. 
Durch welche Elemente unterscheidet sich so eine CSU noch von der AFD? 

RND  hier  27.06.2023

Wirbel um Instagram-Post

Mit deutlichen Worten kritisiert die CSU bei Instagram ein „Fleischverbot“ im Ministerium von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir. Das Problem: An den Behauptungen in dem Social-Media-Post stimmt fast gar nichts.

„Fleischverbot: Schlag ins Gesicht für unsere Landwirte“ steht in Versalien auf einer Bilderkollage, die die CSU am Dienstag bei Instagram veröffentlichte. Daneben ist ein Verbotszeichen über einem gebratenen Stück Fleisch zu sehen und ein Foto von Cem Özdemir. Die Nachricht, die beim Betrachter ankommt: Der Bundeslandwirtschaftsminister verbietet den Konsum von Fleisch. Das Problem an dem Instagram-Post, der inzwischen mehr als 1000 Mal gelikt wurde: So gut wie nichts daran stimmt.

Denn auch der Erklärtext macht den Social-Media-Beitrag nicht besser: „Landwirtschafts- und Ernährungsminister Cem Özdemir verhängt ein Fleischverbot in seinem Ministerium. Künftig stehen auf der Speisekarte nur noch streng vegetarische Gerichte“, heißt es da. Das Verbot sei „pure Ideologie und ein Schlag ins Gesicht aller hart arbeitenden Landwirte“, wird CSU-Generalsekretär Martin Huber zudem zitiert. Für ihn sei klar, dass jeder selbst entscheiden solle, was er essen will. „Leben und leben lassen statt grüner Bevormundung.“

Das Problem, auf das etliche Nutzerinnen und Nutzer in den Kommentaren unter dem Post hinweisen: Ein generelles Fleischverbot, wie es der Post auf den ersten Blick suggeriert, hat der Grünen-Politiker nie vorgeschlagen. Und auch in seinem Ministerium gibt es ein solches Verbot, wie in dem Text behauptet wird, nicht.

„Ihre Hetzerei ist ein Schlag ins Gesicht für die Demokratie!“

Lediglich bei Veranstaltungen von Özdemirs Ministerium werden bis auf wenige Ausnahmen nur noch vegetarische Gerichte serviert, hatte die „Bild“-Zeitung am Montag unter Berufung auf eine Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion berichtet. Darin heißt es demnach: „Bei Veranstaltungen des BMEL soll das Catering grundsätzlich vegetarisch sein und zu 100 Prozent aus Produkten aus ökologischem Anbau bestehen.“ Ausnahmen seien zum Beispiel aber am Tag der offenen Tür vorgesehen.

Die unbedarfte Leserin oder Leser erfährt das allerdings nicht. Und so finden sich in den Kommentaren unmoderiert zahlreiche Hassnachrichten – von einem „kranken Typen“ und Grünen, die sich aufspielten „wie Diktatoren“, ist da die Rede und von „dieser grünen Sekte“. Auch rassistische Kommentare finden sich unter dem Post.

Allerdings kritisieren etliche Nutzerinnen und Nutzer den Post auch deutlich. „Ihre Hetzerei ist ein Schlag ins Gesicht für die Demokratie!“, schreibt etwa Anna Steinmetzer, eine Grünen-Stadträtin aus Bergisch Gladbach. Ein anderer Nutzer schreibt: „Schon unfassbar, wie eine Partei mit einem „C“ im Namen so eine Fake News-Schleuder sein kann.“ Und jemand anders kritisiert: „Ihr gewinnt nicht einen Wähler, wenn ihr Sprache und Stil der AfD übernehmt.“


Von Laura Gaida hier 27. Juni 2023,

Wer den Fleischkonsum dagegen sehr deutlich kritisiert, das ist Biologe Benecke  
Und er betont  deutlich: Das ist keine Meinung, das sind  Fakten!

„Wenn Sie sagen, ich verwende weiter Eier und Milch, haben Sie den Knall nicht gehört“, so Benecke

Der Biologe Mark Benecke wird bei einem Vortrag über die Klimakrise und das Artensterben deutlich: Menschen müssten anfangen, sich rein pflanzlich zu ernähren. Wer weiterhin auf tierische Produkte setzt, habe „den Knall nicht gehört“.

4500 Hitzetote vergangenes Jahr in Deutschland, mindestens 15.000 laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Europa. Und die Erde erwärmt sich weiter. Vergangenen Sommer erlebten Menschen weltweit zum Teil extreme Hitze, Dürre, Überschwemmungen und Waldbrände. Der Weltklimarat IPCC warnt: Das 1,5-Grad-Ziel – also die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau – könnte schon in den frühen 2030er Jahren verfehlt werden. Die weltweiten CO2-Emissionen müssten bis 2030 um 48 Prozent gegenüber 2019 sinken, um das Ziel zu erreichen, heißt es im IPCC-Synthesebericht, der im März veröffentlicht wurde.

Es ist inzwischen wissenschaftlicher Konsens, dass die Menschheit handeln muss. Forscher:innen, die sich mit dem Klimawandel auseinandersetzen, werden immer deutlicher in ihrer Kommunikation. Einer von ihnen ist der Biologe und Insekten-Experte Mark Benecke.

Anfang Mai war Benecke als Redner bei einer Veranstaltungsreihe der nordrhein-westfälischen Stadt Sankt Augustin in Kooperation mit der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg zu Gast. Im Mittelpunkt der Veranstaltungswoche stand „das Thema Nachhaltigkeit“, über das auch Benecke während der Eröffnungsveranstaltung referieren sollte. Der Biologe nahm seinen Auftritt zum Anlass, mit deutlichen Worten auf die aktuelle Lebensmittelproduktion einzugehen, die den Klimawandel – und damit auch Wetterextreme – vorantreibt.

Artensterben und Klimakrise: Biologe Mark Benecke wird deutlich

Dabei erklärte Benecke: „Wenn Sie sagen, ich verwende weiter Quark, und Eier und Jogurt und Milch, dann haben Sie den Knall nicht gehört.“ Ein Ausschnitt des Vortrags wurde kürzlich auf Twitter mit den Worten „Mark Benecke on fire!“ geteilt. Der ganze Vortrag ist auf YouTube zu finden. hier

Aber der Reihe nach. Benecke wartete mit Daten auf, die schon länger bekannt sind. Etwa, dass 80 Prozent der weltweiten Soja-Ernte als Futtermittel in Tiertrögen landen. Gleichzeitig warnte er vor Risiken, die dafür genutzten Flächen einfach in Mais- oder Soja-Monokulturen für den menschlichen Verzehr umzufunktionieren. Schließlich schade der Anbau ausschließlich einer Nutzpflanzenart über mehrere Jahre hinweg den „biologischen Netzen“ in der Erde, so Benecke. Die Trockenheit, wie sie die Landwirtschaft auch in Deutschland plagt, ist dem Experten zufolge also nur ein weiteres Problem von vielen. „Ohne Würmer haben wir niemanden, der die Erde für uns gratis bearbeitet“, erklärte Benecke exemplarisch mit Blick auf das Arten- und Insektensterben sowie den wissenschaftlich gesicherten Biodiversitätsverlust.

Benecke, selbst Veganer, verwies in seinem Vortrag auf das Potenzial pflanzlicher Proteine. Sie würden nicht nur Tiere schützen, sondern auch weniger klimaschädliche Treibhausgase freisetzen. Landwirtschaft, so das Ergebnis einer 2022 in der Fachzeitschrift Nature erschienenen Untersuchung, stellt die Bedrohung schlechthin für Reptilien und Landwirbeltiere dar. Auf Platz zwei liegt demnach die Urbanisierung, worunter zum Beispiel die Versiegelung der Umwelt durch Stadtflächen fällt.

Allerdings, so Benecke, sollte der Anbau pflanzlicher Proteinquellen – neben der Vorsicht vor Monokulturen – mit der Verkleinerung landwirtschaftlicher Flächen einhergehen. Folgt man der Argumentation des Biologen, würde die derzeitige Rechnung, einen Großteil der Flächen für Futtermittel oder Nutztierherden zu verwenden, dann nicht mehr aufgehen. Zur Veranschaulichung: In Deutschland werden zwischen 60 und 70 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen für den Anbau von Futter für Nutztiere gebraucht. Tiere, die für Fleisch, Eier und Milch gehalten und getötet werden. Allein in Deutschland wurden 2022 rund 750 Millionen Tiere geschlachtet, meldete das Statistische Bundesamt.

Benecke: Keine Meinung, sondern Fakten

„Wenn Sie sagen, ich verwende weiter Quark, und Eier und Jogurt und Milch, dann haben Sie den Knall nicht gehört“, sagte Benecke deshalb in Richtung Publikum. Auf die Erwiderung, es würde sich hierbei nur um eine mögliche Interpretation der Daten handeln, entgegnete Benecke, dass dies nicht stimme – es sich auch nicht um seine Meinung handle. Der Biologe erklärte, dass die Daten, die Forschende dazu seit 1970 sammelten, unmissverständlich seien.

Verwendete Quellen: IPCC Synthesebericht, YouTube, WHO, Nature, Bundesamt für Statistik, Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, Bundesinformationszentrum Landwirtschaft

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