Die Initiative Klimaplan ist enttäuscht von der Stadtverwaltung und der Gemeinderatsmehrheit. Ihr Vorwurf: Auf dem Weg zum Ziel der klimaneutralen Stadt bis 2035 bleibt zu viel Zeit liegen, es wird zu wenig unternommen, Vorhaben werden verschleppt oder zerredet und es fehle grundsätzlich ein Bewusstsein für die Dringlichkeit des Themas.
Leon Beck und Jonas Koch erläutern in der Redaktion ihre Sicht der Dinge – und was die Stadtpolitik nun schnellstens in Angriff nehmen sollte. Anlass ist die jüngste Gemeinderatssitzung Ende Mai, in der das städtische Klimaschutzmanagement auf der Agenda stand. Im Vorfeld hatte Klimaplan einen umfangreichen Fragen- und Forderungskatalog ans Rathaus und die Stadträte geschickt, mit der Bitte um Aufnahme in die Debatte. Das war aber nicht erfolgt. Leon Beck hatte in der Bürgerfragerunde direkt davor nochmals auf das Anliegen der Gruppe hingewiesen. „Wir wollen, dass das Ziel umgesetzt wird, vermissen aber bislang jede Anstrengung, die uns diesem Ziel näherbringt“, sagt Koch.
Beide betonen, dass Klimaplan durchaus immer wieder im Austausch mit Stadträten sei. Der Kreis an Ansprechpartnern, die sich offen zeigten, sei aber begrenzt. In die bürgerlichen Fraktionen hinein gebe es so gut wie keine Kontakte, obwohl man Gesprächsangebote unterbreitet habe. Ähnlich verhalte es sich mit der Verwaltung. „Dort geht die Initiative meist von uns aus“, sagt Beck. Komme es tatsächlich zu Gesprächen, werde häufig Verständnis signalisiert. Im Nachgang tue sich aber nichts oder es gebe keine weitere Rückmeldung mehr: Transparenz und Information – Fehlanzeige, bemängeln Beck und Koch.
Sie und die anderen Mitglieder der Gruppe wünschen sich einen engeren Austausch und zwar mit der Kommunalpolitik und mit den Bürgern. „Die Stadtverwaltung könnte uns doch auch als Gedankenlabor nutzen, denn wir sind informiert und auch mit anderen Gruppen vernetzt“, sagt Koch. Generell wünsche sich Klimaplan, in die politischen Prozesse zum Klimaschutz eingebunden zu werden, und dies vor Beschlüssen des Gemeinderates, sagt Beck. Denn es gehe auch darum, die Markdorfer mitzunehmen: „Als Gesamtstadt wird man ja nur dann klimaneutral, wenn alle mitmachen.“ Dazu aber benötige es wieder Information und Kommunikation in die Bürgerschaft hinein. Dies mache die Stadtverwaltung nicht. Die Folge: Das Thema Klimaschutz sei in der breiten Öffentlichkeit noch viel zu wenig präsent.
Als Beispiel für ein besonders drängendes Thema nennen beide die kommunale Wärmeplanung: Heizen, Strom, Energie beschäftigten ganz aktuell und direkt die Bürger. Die Ziele der Stadt seien aber ohne konkrete Substanz, Antworten gebe es für die Bürger nicht. Dem will die Gruppe abhelfen: Gemeinsam mit der Initiative Markdorfer Sonnenkraft-Netzwerk (MSN) plane man eine Veranstaltung oder eine Kampagne zum Thema. Das Ziel: Umfassende Information und auch schnelle Lösungen. Zum Beispiel bei der Photovoltaik sowohl auf städtischen als auch privaten Dächern. „Da passiert in Markdorf noch viel zu wenig, in anderen Städten wird mehr getan“, sagt Koch.
Im Schreiben an Verwaltung und Stadträte bezeichnet Klimaplan das bisherige Vorgehen als „vollkommen unzureichend“. Für die Gruppe schreibt Beck als Unterzeichner: „Wir haben mittlerweile starke Zweifel daran, dass die Stadt Markdorf ernsthaft bestrebt ist, im Klimaschutz Fortschritte zu erzielen, geschweige denn ihre selbst gesteckten Ziele zu erreichen.“ Im Gespräch mit der Redaktion sagt Koch, es fehle den politischen Akteuren am nötigen „Realismus“, zu erkennen, wie wenig Zeit tatsächlich zur Umsetzung einer Klimaneutralität bis 2035 bleibe.
Das sagt der Bürgermeister
Und wie reagiert man im Rathaus auf die erhobenen Vorwürfe? „Ich bin sehr dankbar, dass es uns auf dem ambitionierten Weg zur klimaneutralen Stadtverwaltung und zur klimaneutralen Stadt seither gelungen ist, Zeitplan und Maßnahmen in hohem Einvernehmen mit dem Gemeinderat zu beschließen und den Zeitplan auch bislang immer wie in den Vorlagen beschrieben und beschlossen einzuhalten“, entgegnet Bürgermeister Georg Riedmann der Kritik von Klimaplan.
„Ein konstruktiver Austausch mit allen Interessengruppen ist uns dabei sehr wichtig und viele Vorschläge haben wir auch gerne und zeitnah aufgegriffen, zum Beispiel jüngst die Wärmeplanung“, führt Bürgermeister Georg Riedmann weiter aus.
Im Rathaus sieht man die Debatte pragmatisch, so Riedmann: „Dass wir dort, wo die engagierten Klimaschützer laut eigener Aussage keine Kompromissfähigkeit zeigen wollen, bei dieser Gruppe keine Zufriedenheit auslösen, tragen wir dabei im Bewusstsein des kommunalpolitisch Machbaren mit Gelassenheit.“
„Als Gesamtstadt wird man ja nur dann klimaneutral, wenn alle mitmachen.“
Leon Beck, Initiative Klimaplan
Die Initiative
Die Gruppe Klimaplan versteht sich als lokale Einheit der bundesweiten Bewegung „German Zero“, in der sich Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik für Klimaneutralität einsetzen. Die Gruppe Klimaplan wurde im Juli 2021 gegründet. Das Kernteam der Initiative besteht laut Leon Beck aus rund sechs bis acht Personen, der Unterstützerkreis umfasse rund 20 Personen. Mit anderen lokalen Gruppen von „German Zero“ sei man vernetzt, sagt Beck. Informationen im Internet: www.klimaplan-markdorf.de
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