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Deutschland bleibt im Gestern hängen, Afrika wird zukunftsorientiert
Äthiopien: Seit 2024 dürfen dort keine neuen Autos mit Benzin- oder Dieselmotor mehr importiert werden.
Ergebnis: Im selben Jahr machten Elektrofahrzeuge bereits 60 Prozent aller Neuzulassungen aus. Schon 2011 hatte das Land eine „klimaresiliente grüne Wirtschaft“ zur Staatsdoktrin erklärt und Elektromobilität gezielt gefördert. Heute profitiert Äthiopien von Strom, der zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen – vor allem Wasserkraft – stammt.
hier Focus Vera Stary Freitag, 05.12.2025
Eine Region will elektrisch werden
Während Deutschland diskutiert, soll der Verbrenner in Ostafrika bald Geschichte werden
Ostafrika positioniert sich als Pionier der Elektromobilität auf dem afrikanischen Kontinent. Länder wie Äthiopien, Kenia, Ruanda, Tansania und Uganda wollen neue Maßstäbe für klimafreundliche Mobilität setzen.
Während Europa noch über Tempolimits und Verbrenner-Aus diskutiert, handeln fünf ostafrikanische Staaten längst: Äthiopien, Kenia, Ruanda, Tansania und Uganda entwickeln sich zum Kontinent-Vorreiter für Elektromobilität. Das zeigt eine aktuelle Analyse des Berliner Thinktanks Agora Verkehrswende. Statt das Zeitalter des Verbrennungsmotors erst mühsam abzuwickeln, wollen diese Länder es am liebsten sofort überspringen – und haben dafür gute Gründe.
Verbrennerverbot und Steuererleichterungen
Das radikalste Beispiel liefert Äthiopien. Seit 2024 dürfen dort keine neuen Autos mit Benzin- oder Dieselmotor mehr importiert werden. Ergebnis: Im selben Jahr machten Elektrofahrzeuge bereits 60 Prozent aller Neuzulassungen aus. Schon 2011 hatte das Land eine „klimaresiliente grüne Wirtschaft“ zur Staatsdoktrin erklärt und Elektromobilität gezielt gefördert. Heute profitiert Äthiopien von Strom, der zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen – vor allem Wasserkraft – stammt.
Kenia setzt dagegen auf Zweiräder: Die Zahl der elektrischen Motorräder und Pedelecs hat sich seit 2023 mehr als verdoppelt. Möglich wurde das durch tausende neue Batteriewechselstationen und ein schnell wachsendes Netz an Ladepunkten – ein Modell, das besonders in ländlichen Regionen funktioniert, wo lange Ladezeiten sonst ein Problem wären.
Ruanda geht einen ähnlichen Weg: Seit 2025 sind in der Hauptstadt Kigali keine gewerblichen Verbrenner-Motorräder mehr erlaubt.
Uganda will bis 2030 mindestens 30 Prozent Elektro-Neuzulassungen erreichen und ab 2040 nur noch emissionsfreie Fahrzeuge zulassen. Das Land hat Steuererleichterungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette eingeführt und sich bereits als regionaler Exporteur von Elektrobussen etabliert.
Kürzlich startete in Uganda auch ein besonderes Projekt: Der neue Kayoola Electric Coach 13M des ugandischen Herstellers Kiira Motors brach zu einer Reise nach Südafrika auf. Der voll elektrische Reisebus hat eine 13.000-Kilometer-Expedition durch sechs Länder vor sich. Die Tour ist gleichzeitig Werbung für Uganda als Produktionsstandort und Aufruf für mehr grenzüberschreitende Ladeinfrastruktur.
„Chance für ihre wirtschaftliche Entwicklung“
Die fünf ostafrikanischen Länder haben klare Ziele: Sie wollen die Elektromobilität flächendeckend etablieren und gleichzeitig ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit stärken. „Viele afrikanische Länder begreifen die weltweite Dynamik hin zur Elektromobilität als Chance für ihre wirtschaftliche Entwicklung“, sagt Naville Geiriseb, Projektleiter für internationale Zusammenarbeit bei Agora Verkehrswende. „Mit der Förderung der Elektromobilität bauen sie eigene Wertschöpfungsketten auf und schaffen attraktive Arbeitsplätze für die junge und wachsende Bevölkerung.“
Ein ganzes Zeitalter übersprungen
Die ostafrikanischen Länder setzen nicht nur auf den Einsatz von Elektrofahrzeugen, sondern auch auf deren Produktion. Lokale Unternehmen investieren zunehmend in die Fertigung von Elektromotorrädern und -bussen. Uganda hat sich beispielsweise als Lieferant von Elektrobussen in der Region etabliert.
„Afrika hat beste Voraussetzungen dafür, das Zeitalter des Verbrennungsmotors zu überspringen“, betont Johannes Oetjen, Referent für internationale Klima- und Verkehrspolitik bei Agora. Der Kontinent verfüge über enorme Potenziale für die Stromerzeugung aus Sonne und Wind sowie über strategisch wichtige Rohstoffe wie Lithium, Kobalt und Graphit.
Die Entwicklungen in Ostafrika bieten auch für Europa Chancen. „Partnerschaften mit Afrika, die die lokale Wertschöpfung stärken, können auch die Transformation in Europa erleichtern“, sagt Johannes Oetjen. Durch Kooperationen könnte Europa seine Abhängigkeit von China bei kritischen Rohstoffen für die Batterieproduktion verringern.
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