Montag, 22. Dezember 2025

Unsere Art zu wirtschaften basiert auf der Fehlbilanzierung zukünftiger Lasten und damit auf einem großen Selbstbetrug

Tim Meyer LinkedIn

Nicht nur Folgekosten von CO2-Emissionen bleiben größtenteils unberücksichtigt, 

auch anderer Umweltverbrauch, Zerstörung von Biodiversität etc. werden im Hier und Jetzt "kostenlos" verbraucht und die Folgekosten tragen unsere Kinder. 

So weit, so bekannt. 

Das Handelsblatt hat jetzt zu dieser Frage einen sehr erhellenden Baustein ergänzt: denn auch in den Risikobetrachtungen einzelner Unternehmen sind diese Fehlbilanzierungen zu finden. Sogar aus guten Gründen. Doch dadurch fallen Drohschäden durch Klimawandel, die die Unternehmen für sich "sehen" viel zu gering aus

BMW weist immerhin 900 mio EUR Drohschäden insb. durch Extremwetter an eigenen Standorten und Infrastruktur aus. BASF sieht für sein Geschäft jedoch langfristig nur 15 mio EUR Drohschaden durch Klimawandel - durch Probleme in Lieferketten und die Commerzbank nur 10 mio EUR Kredit/Versicherungsrisiken. Das dürfte etwas knapp werden, wenn ganze Wirtschaftszweige und -Systeme durch harten Klimawandel kippen. 


Danke Catiana Krapp, diese Frage so präzise zu stellen und zu recherchieren.


Catiana Krapp  LinkedIn

Wir haben 40 Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte ausgewertet. Ergebnis: Der Dax plant Klimaschocks nicht ein.

Es ist nicht so, als würden sich die Dax-Unternehmen keine Gedanken darum machen, wie Wetterextreme in Zukunft ihre Geschäfte beeinträchtigen könnten. 

Im Gegenteil: Drei Viertel der Unternehmen benennen ganz klar die Risiken.
Stürme, die Stromleitungen einreißen. Niedrigwasser, das die Güterversorgung über den Rhein verhindert. Zalando schreibt sogar, dass das unberechenbare Wetter dafür sorgt, dass Kollektionen für bestimmte Jahreszeiten nicht abverkauft werden können. 

Doch auch wenn die Vielfalt der angegebenen Risiken groß ist - sie reicht nicht aus.

Denn viele Unternehmen analysieren vor allem, ob ihre eigenen Standorte von Wetterextremen betroffen sein könnten. Manche schauen vielleicht noch auf ihre Lieferketten.

Was aber kaum jemand einbezieht, sind systemische Effekte: Der Zusammenbruch von Ökosystemen. Massenmigration wegen Dürrephasen. Mitarbeiter, die wochenlang nicht zur Arbeit kommen, weil ihre Häuser überschwemmt wurden.

Wir haben alle 40 Dax-Unternehmen gefragt: Keines bildet für solche Fälle Rückstellungen. Sie dürfen es auch gar nicht, denn dazu müsste die Wahrscheinlichkeit, dass bestimmte Ereignisse eintreten, bei über 50 Prozent liegen. Das gesamte Rechnungslegungssystem ist nicht auf so etwas wie echte, umfassende Klimaschocks ausgelegt.

Und vielleicht kann es das auch nicht sein. Unternehmen können ja auch schlecht jahrzehntelang Geld zurücklegen, weil es irgendwann zum Kollaps kommt. 

Was sie mehr tun könnten, ist, öffentliche Infrastruktur stärken. z.B. helfen, die Autobahn hochwassersicherer zu machen, weil sonst bei Überschwemmungen auch bei ihnen keine Güter mehr ankommen......

Ist solch ein Engagement zu viel verlangt? Oder sinnvoll? 

Möglich gemacht haben diese Recherche Daniel Schmitz-Remberg von DSR & Partners - The Climate Adaptation Advisors, meine Handelsblatt-Kollegin Anna Lauterjung und der Handelsblatt Research Institute Kollege Marius Prauß, die mit mir die 40 Unternehmensberichte und Daten ausgewertet haben. Außerdem Hendrik Wünsche, der sich stundenlang damit befasst hat, wie man aus dem Datenwust eine übersichtliche Grafik macht 🧡

Die quantitativen Daten stammen von der Transparenzplattform CDP - danke Adam Szentes, Ariane Coulombe und Rita Pinto Coelho! Wertvolle Expertise und Einordnung kam von Annika Zawadzki von Boston Consulting Group (BCG) und von Jan-Menko Grummer 🙏




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen