Montag, 15. Dezember 2025

USA: Trump und Co. schützen nicht Kinder, sondern perverse Männer

Noch einmal USA, weil sich hier so deutlich zeigt, wo der Platz der Frauen angesiedelt sein soll.
Ich beobachte schon lange -mit schaudern - die zunehmende Frauenfeindlichkeit in rechtsextremen Kreisen. Zurück in die Küche und Kinder für das Vaterland. Und am Besten das Wahlrecht für Frauen noch einschränken!

Wieso werden solche Männer auch noch von Frauen gewählt? Das werde ich wohl nie verstehen.

Meike Schreiber  LinkedIn  hier

Fulminante Kolumne von Michaela Haas: “Aus dem Fall Epstein lernen Frauen: Wenn du sprichst, verlierst du. Wenn du nicht sprichst, verlierst du auch. Kein Wunder, dass vier von zehn Amerikanerinnen zwischen 15 und 44 laut der jüngsten Gallup-Umfrage die USA am liebsten verlassen würden.” (..)

“Deshalb klingt in diesem Land jedes politische Gebet für „Familienwerte“ so, als würde der Wolf dem Schaf versichern, er sei Vegetarier. Dieselben Leute, die Dragqueens für unmoralisch halten, decken Täter, die ihnen persönlich nahestehen – angeführt von Donald Trump, dem verurteilten Sexualstraftäter, dessen berüchtigter Satz „Grab ’em by the pussy“ die Gebrauchsanweisung für männliche Allmachtsfantasien liefert. „When you’re a star, they let you do it“, so tönte er bekanntlich vor 20 Jahren; in seinem ersten Wahlkampf um die Präsidentschaft 2016 kam es heraus. Der insgesamt von mehr als zwei Dutzend Frauen beschuldigte Grabscher-in-Chief hatte recht: Amerika lässt ihn und seinesgleichen tun, was sie wollen.”


Süddeutsche Zeitung hier Kolumne von Michaela Haas  12. Dezember 2025,

USA:Trump und Co. schützen nicht Kinder, sondern perverse Männer

Aus dem Fall Epstein lernen Frauen: Wenn du sprichst, verlierst du. Wenn du nicht sprichst, verlierst du auch. Kein Wunder, dass vier von zehn Amerikanerinnen zwischen 15 und 44 laut der jüngsten Gallup-Umfrage die USA am liebsten verlassen würden.

Man muss nur einmal die Figueroa Street in South Central Los Angeles runterfahren, und im Scheinwerferlicht entblößt sich das moralische Rückgrat der USA. Stark geschminkte Mädchen, vielleicht 13 oder 14 Jahre alt, stöckeln auf viel zu hohen Plastikpumps und in Tangas über den Asphalt, um ihr nacktes Fleisch zum Spottpreis zu verkaufen. An den frierenden Teenagern, die von vorbeirauschenden SUVs angehupt werden, sieht man, wen die politische Elite der USA wirklich schützt: nicht Kinder, sondern erwachsene Männer und ihre Spielplätze. Polizisten klagen, die laschen Gesetze sowie chronische Unterbesetzung machten es ihnen fast unmöglich, den pimps, den Zuhältern, dauerhaft das Handwerk zu legen.

Einige Kilometer weiter nördlich, in Ventura, pflücken Teenager Erdbeeren und säen Gurken. Auch in Kalifornien dürfen Kinder ab zwölf Jahren legal schuften, wie in vielen anderen US-Staaten. Kapitalismus kommt vor Kindeswohl. Der von der Regierung Trump stolz verkündete „Schutz der Unschuld“ ist blanker Zynismus.

Für amerikanische Frauen und Kinder ist Gewalt keine Ausnahme, sondern Teil der sozialen Infrastruktur. In den USA wird alle 68 Sekunden jemand vergewaltigt und alle neun Sekunden eine Frau von ihrem Partner geschlagen. Fast jede dritte Frau erlebt körperliche Gewalt durch einen Partner. Die USA sind auch eines der wenigen Länder, die Kinderheirat erlauben, selbst im progressiven Kalifornien ohne Altersgrenze nach unten, solange ein Elternteil zustimmt. Ein juristisches Schlupfloch für Perverse.

Der Grabscher-in-Chief hatte recht mit seinem Spruch

Deshalb klingt in diesem Land jedes politische Gebet für „Familienwerte“ so, als würde der Wolf dem Schaf versichern, er sei Vegetarier. Dieselben Leute, die Dragqueens für unmoralisch halten, decken Täter, die ihnen persönlich nahestehen – angeführt von Donald Trump, dem verurteilten Sexualstraftäter, dessen berüchtigter Satz „Grab ’em by the pussy“ die Gebrauchsanweisung für männliche Allmachtsfantasien liefert. „When you’re a star, they let you do it“, so tönte er bekanntlich vor 20 Jahren; in seinem ersten Wahlkampf um die Präsidentschaft 2016 kam es heraus. Der insgesamt von mehr als zwei Dutzend Frauen beschuldigte Grabscher-in-Chief hatte recht: Amerika lässt ihn und seinesgleichen tun, was sie wollen.

Unter meinen amerikanischen Freundinnen sind: eine Frau, die mit 13 von einem Oscar-gekürten Regisseur missbraucht wurde; eine Journalistenkollegin, der ein ehemaliger kalifornischer Gouverneur beim Interview an die Brust fasste; eine Autorin, die im Alter von 16 mit ihrem Mormonenpriester verheiratet wurde. Diese Fälle haben es alle nie in die Medien geschafft. Keine Zeugen. Keine Chance.

Wenn Reichtum zu Immunität führt

Die Kultur des Wegschauens, die Macht der Mächtigen, wir Frauen haben das wieder und wieder gelernt. Wenn du sprichst, verlierst du. Wenn du nicht sprichst, verlierst du auch.

Kein Wunder, dass vier von zehn Amerikanerinnen zwischen 15 und 44 laut der jüngsten Gallup-Umfrage die USA am liebsten verlassen würden, viermal so viele wie vor zehn Jahren.

Wer das weiß, für den enthüllen die Epstein-Files keinen tragischen Einzelfall. Der 2019 verstorbene Jeffrey Epstein ist das Weltklasse-Beispiel für ein ekelhaftes Geschäftsmodell von Männern, die mehr Geld als Anstand haben. In diesem Land ist alles ein Deal, auch das Leid von Vergewaltigungsopfern.

Für Donald Trump rotiert eine ganze Schutzmaschinerie

Nachdem Epstein zum ersten Mal wegen Kindesmissbrauchs angeklagt wurde, handelten seine Anwälte 2008 einen geheimen Deal aus, der im Gegenzug zu einem Geständnis für einige wenige Taten ihm und einer Reihe ungenannter Komplizen weitgehend Immunität gewährte. Ein hinterhältiges juristisches Meisterwerk und moralisch ein Massengrab. 

Denn die etwa 1000 Opfer Epsteins warten auf Gerechtigkeit bis heute. JPMorgan Chase, die größte US-Bank, zahlte 290 Millionen Dollar, weil Epstein sich ihrer Infrastruktur bediente, um seine Verbrechen finanziell abzuwickeln. Prominente Journalisten gaben ihm Tipps für Öffentlichkeitsarbeit. Trump schenkte ihm eine Zeichnung mit einem stilisierten Akt und seiner Unterschrift an der Stelle des Körpers, an der er zum grab ’em raten würde; er raunte vom Bewahren „wunderbarer Geheimnisse“.

Für Donald Trump rotiert eine ganze Schutzmaschinerie. Mike Johnson, der Sprecher des Repräsentantenhauses, schickte die Abgeordneten wochenlang in Urlaub, um die Veröffentlichung der Epstein-Akten zu verzögern. Epsteins Gehilfin Ghislaine Maxwell, die nicht nur Minderjährige rekrutierte, sondern sich selbst am Missbrauch beteiligte, genießt Hafterleichterungen mit Spezialessen und Hundewelpen-Spielzeit, seit sie versicherte, Trump habe nie etwas Unehrenhaftes getan.

„Wie eine Obstplatte herumgereicht“

Es ist schon lange bekannt, welche Traumata Epstein und seine Mittäter verursachten. Manche Opfer haben es trotz Todesdrohungen erzählt, unter anderem in James Pattersons Bestseller „Filthy Rich“ und der sehenswerten Netflix-Doku „Stinkreich“: 

Virginia Giuffre, die mit 16 von Epstein und seinen Freunden „wie eine Obstplatte herumgereicht“ wurde und sich dieses Jahr das Leben nahm. Danielle Bensky, die als 17-jährige Ballettschülerin von Epstein mit dem Versprechen rekrutiert wurde, er könne ihrer schwer an Krebs erkrankten Mutter helfen. Überall traurige Geschichten, die in der exzessiven Ungleichheit des Landes wurzeln, in Wohnungslosigkeit, Drogensucht oder Schulden wegen Krankheit. Umso bitterer ist es, dass diese Verwundbarkeit von eben den Verursachern und Nutznießern dieser exzessiven Ungleichheit auch noch ausgenutzt wird.

Wie krank ist eine Gesellschaft, die nicht einmal ihre verwundbarsten Mitglieder schützt? 

Amerika schützt vor allem die Männer, vor denen Kinder und Frauen Schutz brauchen. Die Epstein-Akten entlarven, wie das System funktioniert: Wer reich ist, kauft sich frei. Wer mächtig ist, wird gedeckt. Wer beides ist, wird unantastbar.

Die Gewalt ist organisiert, ihre Straflosigkeit politisch gewollt, ihre Wiederholung garantiert. Genau deshalb überlebt die Epstein-Klasse. 

Weil Frauen schweigen sollen. 

Weil Täter geschützt werden. 

Weil Macht alles verzeiht, außer die Wahrheit.

Wer das für Einzelfälle hält, hat nicht hingesehen. Die Epstein-Klasse gedeiht nicht im Schatten des Systems. Sie ist das System.

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