Donnerstag, 11. September 2025

... „weil man bei den vielen Haushaltstricks von CDU/CSU und SPD nicht mehr durchblickt“

Süddeutsche Zeitung  hier Von Michael Bauchmüller und Claus Hulverscheidt, Berlin  10.9.25

Wie die Milliarden für den Klimaschutz schrumpfen

Ihre Zustimmung zum Sondervermögen hatten sich die Grünen teuer abkaufen lassen: 100 Milliarden Euro sollten zusätzlich in den Klimaschutz fließen. Doch die Realität sieht weitaus dürftiger aus.

Die Antwort auf Lisa Badums Frage findet sich ganz am Ende des zweiseitigen Schreibens, das Dennis Rohde im Namen der Bundesregierung an die Grünen-Abgeordnete geschickt hat. Sie lautet kurz und knapp: „2,2 Mrd. Euro“. So viel Geld also stellt der Bund in diesem Jahr aus dem neuen, mit insgesamt 500 Milliarden Euro ausgestatteten „Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität“ (SVIK) zusätzlich für den klimagerechten Umbau des Landes zur Verfügung. Aus Sicht Badums hätte Rohde wohl auch schreiben können: schlappe 2,2 Milliarden Euro.

Dass es der SPD-Staatssekretär im Finanzministerium nicht bei einem Einzeiler beließ, sondern seine Antwort mit einer länglichen Einleitung versah, deutet allerdings darauf hin, dass sich die Regierung angesichts der doch recht geringen Summe sehr wohl unter Rechtfertigungsdruck sieht. Hintergrund ist der Vorwurf der Grünen, dass die schwarz-rote Koalition die SVIK-Mittel absprache- und grundgesetzwidrig eben nicht für „zusätzliche“ Investitionen, sondern zum Stopfen von Haushaltslöchern einsetze. Von einem „Verschiebebahnhof“ ist seit Wochen die Rede.

Grünen-Politikerin Badum beklagt Haushaltstricks

Für die Grünen ist die Sache politisch heikel, weil sie der Errichtung des neuen Sondertopfes und damit der teilweisen Aushebelung der Schuldenbremse kurz vor Ende der vergangenen Wahlperiode zugestimmt hatten. Ihre Bedingungen damals: Die künftige, mittlerweile im Amt befindliche Regierung überweist 100 Milliarden aus dem SVIK an den sogenannten Klima- und Transformationsfonds (KTF), aus dem Projekte finanziert werden, die dafür sorgen sollen, dass Deutschland das selbst gesetzte Ziel einer CO₂-neutralen Republik bis 2045 erreicht.

Und: Die Investitionen aus dem Sondervermögen müssen „zusätzlich“ getätigt werden, es dürfen also keine Ausgaben sein, die im regulären Bundeshaushalt längst vorgesehen waren, nun aber zur Entlastung des Etats einfach aus dem neuen Sondervermögen finanziert werden. Ob diese „Zusätzlichkeit“ gegeben ist, genau darüber tobt seither ein Streit zwischen der Koalition und den Grünen.

Badum sagte der Süddeutschen Zeitung, sie habe erneut bei der Regierung nachfragen müssen, „weil man bei den vielen Haushaltstricks von CDU/CSU und SPD nicht mehr durchblickt“. Rohdes Antwort sei „ernüchternd“, so die Klimaschutzexpertin. „Zum Vergleich: Fossiles Gas wird mit 3,4 Milliarden Euro subventioniert.“ Dass 2,2 Milliarden Euro da nur ein Tropfen auf den heißen Stein seien, wisse sogar das Finanzministerium, so Badum. Die Frage nämlich, ob die Summe der zusätzlichen Klimaschutzmaßnahmen für 2025 ausreiche, um Deutschland perspektivisch bis 2045 klimaneutral zu machen, habe es „einfach ignoriert“.

Ein Fonds fürs Klima, mit Löchern übersät

Das ist, liest man Rohdes Antwort, korrekt. Zum Gesamtbild gehört allerdings auch, dass die schwarz-rote Bundesregierung zu Beginn ihrer Amtszeit einen mit Löchern übersäten KTF vorfand, die neben den einstigen Ampelpartnern SPD und FDP auch die Grünen zu verantworten hatten. So moniert der Staatssekretär, dass der KTF-Wirtschaftsplan für 2025 nicht nur Ausgaben von neun Milliarden Euro umfasst habe, die durch keinerlei Einnahmen gedeckt gewesen seien. Vielmehr habe die Ampel darüber hinaus auch 20 Milliarden Euro aus dem Fonds an den regulären Bundeshaushalt überweisen wollen, um dort Lücken zu schließen.

Anders ausgedrückt: Bevor die neue Bundesregierung aus dem KTF „zusätzliche“ Mittel für den Klimaschutz zur Verfügung stellen konnte, musste sie erst einmal die von der Ampel hinterlassenen Löcher stopfen. Oder, wie Rohde es in seinem Antwortschreiben formuliert: „Die Bundesregierung hat den KTF deshalb finanziell neu stabil aufgestellt und damit die notwendige Sicherheit und Verlässlichkeit für Investitionen geschaffen.“

Irreführende Angaben des Finanzministeriums

Nach Angaben des Staatssekretärs summieren sich die Programmausgaben des KTF – also das, was an Förderprogrammen wie etwa für energetische Sanierungen fließt – allein im Jahr 2025 auf insgesamt 36,6 Milliarden Euro. 25,7 Milliarden davon seien Investitionen. Diese lägen damit „um 13,5 Milliarden Euro höher als im Jahr 2024 verausgabt wurden“, so Rohde.

Das klingt nach viel, ist aber in gleich doppelter Hinsicht eine Nebelkerze. Zum einen ist der Vergleich der Ist-Ausgaben des Jahres 2024 mit den Plan-Ausgaben des Jahres 2025 irreführend. Der Grund: Weil es immer so ist, dass einzelne vorgesehene Projekte nicht oder nur mit Verspätung umgesetzt werden können, liegen die Ist-Ausgaben des KTF immer unter den Plan-Ausgaben. Zum anderen ist nicht der Vergleich mit 2024 entscheidend, sondern die Frage, ob die neue Bundesregierung mit dem Sondervermögen wirklich mehr investiert, als die alte Regierung ohne das Sondervermögen geplant hatte.

Die Grünen wollen derweil noch nicht einmal glauben, dass die „zusätzlichen“ 2,2 Milliarden Euro tatsächlich in vollem Umfang dem Klimaschutz zugutekommen werden. Nicht auszuschließen sei, dass sich auch Posten etwa für die Förderung von Flüssigerdgasterminals darin versteckten, also abermals Geld für fossile Energien, fürchtet Badum. Aber das soll nun Gegenstand ihrer nächsten Anfrage an das Finanzministerium sein.

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