Wir haben gestern unsere DIESELGATE-Musterklage gegen Volkswagen gewonnen!
Jetzt brauche ich Ihre Unterstützung für die finale Durchsetzung der Sauberen Luft und Stilllegung oder Nachrüstung von 7,8 Mio Betrugsdieseln!
Ich bin noch aufgewühlt von den vergangenen beiden Tagen einer Gerichtsverhandlung, wie ich sie in über 40 Jahren nicht erlebt habe. Es ging mir um den Schutz von Menschenleben, der Vermeidung von vielen tausend Toten und vielen hunderttausend Erkrankungen, die jedes Jahr durch giftige Dieselabgase verursacht werden.
Auf der Gegenseite saß der mächtigste Industriekonzern Deutschlands, die Volkswagen AG und das von diesem gesteuerte Kraftfahrt-Bundesamt, die nur dafür kämpften, dass ihre Dieselmotoren im Winter vor schädlichen Ablagerungen geschützt werden müssen – indem bei Temperaturen unter 10 Grad Celsius die Abgasreinigung abgeschaltet wird. Mit der hinzunehmenden Folge, dass weiterhin 7,8 Millionen Diesel-Fahrzeuge in den Wintermonaten die Luft in unseren Städten mit dem giftigen Dieselabgas Stickstoffdioxid (NO2) fluten.
Schon der Beginn der Gerichtsverhandlung war eine Machtdemonstration der Automobilindustrie.
Wir erschienen mit vier, Volkswagen und KBA mit 27 Prozessbevollmächtigten. Und sie beanspruchten acht Sitze in der ersten Reihe. Schon vor Beginn der Verhandlung musste daraufhin der Vorsitzende Richter durchsetzen, dass wir als Kläger - wie vom Gericht vorgesehen - drei der zehn Plätze erhielten, so dass ich mich während der insgesamt zehn Verhandlungsstunden mit meinen Anwälten beraten konnte. VW ignorierte die Aufforderung, uns Platz zu machen und der Prozess konnte erst beginnen, nachdem ein Anwalt des KBA bereit war, in die zweite Reihe zu wechseln.
Und so ging es auch weiter: Mit einer beispiellosen Arroganz traten die Anwälte von VW in der Verhandlung auf. Sie stellten ein Modell eines Dieselmotors vor die mit fünf Richtern besetzte Richterbank und zeigten als Auftakt einen Trickfilm zu den schrecklichen Folgen, wenn die Abschalteinrichtungen deaktiviert werden: Die Autos bleiben auf dem Mittelstreifen einer Autobahn oder auf einem Bahnübergang stehen. Wir konterten mit der Auskunft des ADAC, dass ein solcher Fall in all den Jahren noch nie dokumentiert wurde.
Wieder und wieder versuchte VW mit zunehmender Aggressivität, das Gericht von der technischen Notwendigkeit zu überzeugen, der Motor müsse vor möglicherweise schädlichen Ablagerungen geschützt werden. Ich konterte mit dem Hinweis, dass die einschlägigen gesetzlichen Regelungen dazu gemacht wurden, die Menschen und hier insbesondere deren Lungen vor schädlichen Ablagerungen und Dieselgiften zu bewahren. Und wir verwiesen auf unsere 3.829 Abgasmessungen, die wir in den vergangenen neun Jahren auf der Straße gemacht haben und die zeigten, dass die Abgaswerte durch die illegalen Abschaltungen um das bis zu 40-fache überschritten werden.
Das Kraftfahrt-Bundesamt spielte in der Verhandlung die Rolle eines Wurmfortsatzes von VW. Deren Anwalt saß direkt neben mir und las zu den einzelnen Fragestellungen nur die Texte in seiner Regieanweisung vor. So etwas hatte ich auch noch nicht erlebt. Der VW-Anwalt gab die Richtung vor und das KBA schloss sich jeweils dessen Ausführungen an.
Alles gipfelte am zweiten Verhandlungstag mit einem Ausbruch des VW-Vertreters gegen die Richterbank, sie würden die Verhandlung nicht korrekt führen, weil sie zu wenig den technischen Vortrag von VW und KBA würdigen würden. Der Vorsitzende Richter konterte diesen von mir noch nie in einem Gerichtsverfahren erlebten Vorgang mit der süffisanten Antwort: „Ich bedauere, dass wir Ihren Ansprüchen nicht genügen.“
An die DUH gewandt kassierten wir im Schlussplädoyer von VW und KBA den Vorwurf, unqualifiziert und rein politische und ideologische Forderungen zu erheben und keinerlei Ahnung von den technischen Zusammenhängen zu besitzen.
Ein wunderbare Steilvorlage, in meinem Abschlussplädoyer darauf zu verweisen, dass sich das KBA über viele Jahre hinweg auf die gefälschten Testberichte der Dieselkonzerne verlies und kein eigenes Prüflabor besaß, während wir mit realen Straßen-Abgastests in unserem Emissions-Kontroll-Institut einen Dieselkonzern nach dem anderen der Verwendung illegaler Abschalteinrichtungen überführten – während uns das KBA dabei aktiv zu behindern versuchte. Auf Anweisung der Autobauer verweigerte das KBA seinerzeit die Herausgabe von Prüfwerten für die Kalibrierung der Geräte, so dass wir diese uns außerhalb der EU von der Schweizer Regierung besorgen mussten.
Wir waren gespannt auf das für den späten Nachmittag angekündigte Urteil. Wie würde das Gericht entscheiden? VW und KBA hatten über Stunden hinweg alle denkbaren Anträge zur Beweiserhebung und Aussetzung Vorlage beim EuGH gestellt. Wir haben nur einen Satz beantragt: Die Berufung abzuweisen.
Sie können sich kaum vorstellen, wie wir gejubelt haben, als wir nach sieben Jahren Rechtsstreit in dieser Grundsatzklage um 17 Uhr das Urteil hörten: Die Berufung wird zurückgewiesen und eine Revision nicht zugelassen. Damit haben wir die Durchsetzung einer wirklich Sauberen Luft in unseren Städten und damit die Verhinderung tausender jährlicher Tote durch das Dieselabgasgift NO2 endlich erreicht. Das Urteil ist wegweisend für rund 7,8 Millionen Dieselfahrzeuge mit ähnlicher Betrugssoftware, die nach unseren Schätzungen noch auf deutschen Straßen unterwegs sind und eine schallende Ohrfeige für alle Verkehrsminister der letzten zehn Jahre, die die Gewinne der Autokonzerne über die Gesundheit der Bevölkerung gestellt haben.
Mit diesem Erfolg können wir nun auch gegen alle weiteren Diesel-Konzerne vorgehen. Mehrere hunderttausend Betrugs-Diesel von Mercedes-Benz werden noch in diesem Winter verhandelt, danach kommen alle weiteren relevanten in- wie ausländischen Hersteller dran. Aktuell führen wir weitere 118 anhängige Verfahren gegen verschiedene Diesel-Pkw mit der Abgasnorm Euro 5 bis Euro 6c, denn auch diese fahren weiterhin unbehelligt mit illegalen Abschaltvorrichtungen auf deutschen Straßen und vergiften unsere Atemluft. Wir stellen uns auf eine massive Gegenwehr der mächtigen Automobillobby sowie langwierige und kostspielige Revisionsverfahren ein. Diese können wir aber nur durchführen, wenn wir hierfür die notwendigen Mittel haben. Daher bitte ich Sie, uns dabei zu unterstützen.
Sie sehen, dass wir diese Milliardenkonzerne tatsächlich vor Gericht überführen und zur Einhaltung unser aller Recht auf Saubere Luft zwingen können. Deswegen bitte ich Sie herzlich: Helfen Sie uns mit einer Spende, oder noch besser dauerhaft mit einer Fördermitgliedschaft, die Automobilkonzerne zur Rechenschaft zu ziehen und zur Nachrüstung ihrer Betrugsdiesel zu zwingen. Alle betroffenen Dieselfahrzeuge müssen stillgelegt oder mit einer funktionierenden neuen Abgasreinigung nachgerüstet werden – auf Kosten der Autokonzerne.
Es ist ein Skandal, dass selbst zehn Jahre nach Dieselgate bisher kein Verkehrsminister die Autohersteller für ihre betrügerischen Machenschaften zur Verantwortung gezogen hat. Bereits im Februar 2011 hatte ich gemeinsam mit Dorothee Saar, Leiterin Fachbereich Verkehr und Luftreinhaltung, und Dr. Axel Friedrich das Bundesverkehrsministerium auf den Dieselabgasbetrug von Volkswagen aufmerksam gemacht. Es ging schon damals um exakt diesen Motor EA 189, der auch vier Jahre später den US Abgasskandal auslöste und zu dem wir die Musterklage gestern endgültig gewonnen haben. Ab Herbst 2015 haben wir in über 3.800 Abgastests im realen Straßenbetrieb praktisch alle führenden Diesel-Hersteller des Betrugs überführt und Unregelmäßigkeiten in den Abgaswerten wissenschaftlich belegt. Doch anstatt gegenüber den Dieselkonzernen die Stilllegung oder Nachrüstung anzuordnen, hat das Kraftfahrt-Bundesamt diese nachträglich bewilligt.
Doch wir sind mit unseren Fakten vor Gericht gezogen und haben bedeutende Erfolge errungen. Nach unserer erfolgreichen Musterklage zu einem VW Golf-Modell im Februar 2023, hatten wir Klage gegen weitere Modellvarianten von VW und Co. eingeleitet. Im Verfahren im Januar 2024 hat das Verwaltungsgericht Schleswig über 62 Modellvarianten von VW, Seat und Audi entschieden und unserer Klage vollumfänglich stattgegeben. Wir kämpfen weiter, überall da, wo die Politik untätig bleibt! Etwa 7,8 Millionen Diesel-Fahrzeuge sind noch immer nicht nachgerüstet und vergiften weiter unsere und die Atemluft unserer Kinder. Ich verspreche Ihnen: Wir werden nicht nachgeben, bis wir effektive Maßnahmen für Saubere Luft durchgesetzt haben!
Trotz der Erfolge und Fortschritte stehen wir auch heute noch vor gewaltigen Hürden. Die Autoindustrie versucht nach wie vor, die notwendigen Maßnahmen zur Reduzierung der Abgasemissionen zu blockieren oder hinauszuzögern. Auch Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder verweigert bislang eine sinnvolle Unterstützung für die Besitzer von Dieselfahrzeugen, obwohl das Verwaltungsgericht Schleswig und der Europäische Gerichtshof bereits klare Urteile für eine Nachrüstung und Entschädigung der betrogenen Bürger gefällt haben. Als wäre das nicht genug, plädiert Schnieder dafür, das Verbrenner-Aus zu kippen, um auch über das Jahr 2035 hinaus mit Verbrennungstechnologie arbeiten zu können. Wir sehen in aller Deutlichkeit, wie eine einflussreiche Industrie mit enormem politischem Gewicht versucht, den dringend notwendigen Fortschritt für die Saubere Luft und den Klimaschutz auszubremsen.
Diesen klimapolitischen Rückschritt und Gefährdung der öffentlichen Gesundheit werden wir entschieden bekämpfen. Es ist ein beunruhigendes Zeichen, wenn politische Entscheidungsträger lieber die Interessen einer profitorientierten Lobby schützen als das Leben zehntausender Menschen, welche durch die Luftverschmutzungen nachweislich verkürzt werden. Jährlich könnten in Deutschland über 30.000 vorzeitige Todesfälle durch Feinstaub und fast 10.000 durch Dieselabgase vermieden werden, wenn die Luftreinhaltevorgaben der Weltgesundheitsorganisation endlich verbindlich umgesetzt würden. Ich verspreche Ihnen: Wir werden mit unseren Klagen die notwendigen Maßnahmen erzwingen, wie die Nachrüstung der Dieselfahrzeuge, ein generelles Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen, 80 km/h außerorts und 30 km/h in der Stadt, die Abschaffung umweltschädlicher Dienstwagenprivilegien oder ein Stopp des klimaschädlichen Straßenneubaus. Der Bundesverkehrsminister muss jetzt endlich seine Kumpanei mit den betrügerischen Dieselkonzernen beenden, die von uns erstrittenen Urteile respektieren und die konkreten Maßnahmen umsetzen!
Mit Ihrer Unterstützung werden wir weiterhin mit Nachdruck für Saubere Luft, gesunde Städte und echten Klimaschutz eintreten. Mit Ihrer Spende finanzieren wir nicht nur die juristischen Schritte, die notwendig sind, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, sondern auch die Aufklärungsarbeit, die es braucht, um die Politik unter Druck zu setzen. Sie unterstützt den Aufbau unserer Messstationen, die lückenlose Dokumentation der Abgaswerte und die juristische Begleitung unserer Gerichtsprozesse. Ich bitte Sie ganz persönlich: Bitte unterstützen Sie unsere weiteren 118 Klageverfahren und unseren Kampf für die Saubere Luft mit Ihrer Spende oder noch besser dauerhaft mit einer Fördermitgliedschaft.
Mit herzlichen Grüßen
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
PS: Sie können uns auch direkt per Banküberweisung spenden. Spendenkonto: SozialBank Köln, IBAN: DE45 3702 0500 0008 1900 02, BIC: BFSWDE33XXX, Stichwort: Dieselgate
Deutschlandfunk hier 26.09.2025
VW-Dieselgate
Nach Software-Update: Oberverwaltungsgericht bestätigt Verbot von Abschalteinrichtungen bei Abgasreinigung
Volkswagen verwendet laut einem Urteil weiterhin für einen bestimmten Fahrzeugtyp des Golf eine unzulässige Abschalteinrichtung bei der Abgasreinigung.
Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgerichtwies die Berufungen des Kraftfahrt-Bundesamts und der Volkswagen AG zurück. Die Behörde hatte ein entsprechendes Software-Update für die Motorsteuerung genehmigt. Der Vorsitzende Richter erklärte, dass die Abschaltung der Abgasrückführung bei Umgebungstemperaturen unterhalb von zehn Grad Celsius und bei niedrigem Umgebungsdruck oberhalb von 1.000 Höhenmeter eine nach europäischem Recht grundsätzlich unzulässige Abschalteinrichtung sei (sogenanntes Thermofenster).
Das OVG bestätigte damit ein Urteil der Vorinstanz. Das Kraftfahrt-Bundesamt wurde verpflichtet, die Volkswagen AG umgehend aufzufordern, „innerhalb eines angemessenen Zeitraums alle geeigneten Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, um die Übereinstimmung der betroffenen Fahrzeuge mit dem geltenden Recht herzustellen“.
Die Deutsche Umwelthilfe sieht in dem Musterverfahren Auswirkungen auf Millionen von Dieselfahrzeugen. DUH-Bundesgeschäftsführer Resch forderte Bundesverkehrsminister Schnieder auf, das Kraftfahrt-Bundesamt anzuweisen, sofort alle betroffenen 7,8 Millionen Diesel-Pkw der Abgasstufen Euro 5 und Euro 6a bis 6c auf Kosten der Hersteller wirksam nachrüsten oder stilllegen zu lassen. Volkswagen äußerte sich bislang nicht zu dem Urteil.
Der Senat ließ die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zu. Die schriftlichen Urteilsgründe lagen noch nicht vor.
Diese Nachricht wurde am 26.09.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.
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