Freitag, 3. März 2023

Verzerrtes Selbstbild: Markus Lanz zerstört die Klima-Luftschlösser der FDP

Frankfurter Rundschau hier  03.03.2023, 

Der FDP-Fraktionschef Christian Dürr äußert sich bei „Markus Lanz“ zum Zustand seiner Partei, den Gründen schwacher Landtagswahlergebnisse und zum verkehrs- und wirtschaftspolitischen Kurs der Liberalen.

FDP-Politiker Christian Dürr kritisiert bei „Markus Lanz“ die Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ für unhaltbare Forderungen (So eine Aussage ist geradezu lächerlich: Forderung der Aktivisten Tempolimit und 9€ Ticket)

Die FDP hat bei den letzten Landtagswahlen herbe Niederlagen einstecken müssen. Markus Lanz fragt Christian Dürr am Donnerstagabend direkt, wer die Schuld für dieses Versagen trägt. Der Fraktionsvorsitzende verteilt die Verantwortung für die Wahlschlappen auf alle Schultern seiner Partei, nennt aber keinen konkreten Grund für den Stimmenverlust.

Petra Pinzler ist bereit, Dürr auf die Sprünge zu helfen. In ihren Augen ärgern sich die Bürger über die FDP, weil diese schlicht ihre Wahlversprechen nicht einhält. Sie schreibt sich Innovationen auf die Fahne, bremst jedoch spürbar aus. „Mein Eindruck ist, dass sie vieles verhindert“, urteilt die Wirtschaftsexpertin.

Dürr hält dagegen und erinnert daran, dass Verkehrsminister Volker Wissing gerade erst einen Innovationspreis erhalten hat. Es ging dabei jedoch um das autonome Parken, ergänzt der Moderator und spricht Dürr auf einen Widerspruch an. Die FDP tritt als Klimaretter auf, fördert aber gleichzeitig den Ausbau der Autobahnen. Das eine müsse das andere ja nicht ausschließen, erwidert der Politiker daraufhin.

Belit Onay, Oberbürgermeister Hannovers und Mitglied der Grünen, sieht hier schon einen Widerspruch, weil es nach seiner Aussage keine „Klimaautobahn“ gibt. Stattdessen müsse der Fokus auf den öffentlichen Verkehrsmittelsektor gelenkt werden. Dürr wiederholt, dass er keine Optionen ausschließen möchte. Im Gegenteil: Seine Partei versucht sich alle Möglichkeiten zur Rettung unseres Planeten offenzuhalten.

FDP spielt bei der Klimarettung auf Zeit - Dürr zu Gast bei Markus Lanz

Dürr setzt seine Hoffnung zum Beispiel in die synthetischen Kraftstoffe, die sogenannten E-Fuels. Aus diesem Grund spricht sich die FDP gegen ein Verbot der Verbrennungsmotoren ab 2035 aus. Durch den neuen Treibstoff würden die Autos laut Dürr schließlich klimaneutral fahren.

Markus Lanz zerstört dieses Luftschloss, indem er erwähnt, wie energieintensiv die Produktion der synthetischen Kraftstoffe sind, besonders in Relation zu den E-Autos. Dürr bietet Paroli und hebt die Möglichkeit der Energiespeicherung als großen Fortschritt bei den E-Fuels hervor.

Vorwurf bei Markus Lanz: FDP hat keine Ideen zur Bekämpfung der Klimakrise

Onay schätzt jedoch, dass die neuen Fahrzeuge wegen der Umrüstung und der damit verbundenen Kosten vorerst nur wenige Abnehmer finden werden. Und genau hier sieht Pinzler das Hauptproblem der FDP, wenn es um Klimamaßnahmen geht: Die Partei denke schlicht zu langfristig. „Ich fühle diese Dringlichkeit nicht“, sagt die Journalistin.

Pinzler missfällt es zudem, dass die FDP außer den E-Fuels keine brauchbaren Ideen zur Bekämpfung der Klimakrise präsentiert. Dürr weist diesen Vorwurf zurück. Man mache sich doch beispielsweise für die Kernfusion stark.

Lanz ruft dem Spitzenpolitiker ins Gedächtnis, dass auch diese Technologie wohl erst in 30 Jahren nutzbar ist. Der Moderator ist außerdem kein Fan davon, E-Fuels für Privatautos zu verschwenden, da die Kraftstoffe der Industrie einen viel größeren Nutzen böten.

Grünen-Politiker über sein Zukunftsmodell: „Sie werden kein Auto brauchen“

Onay wählt mit Blick auf die Klimaziele einen anderen Ansatz als die FDP. Er spricht sich für eine Reduzierung des Straßenverkehrs in den Städten aus. Der Grünen-Politiker präsentiert einige Entwürfe für Hannover, auf denen Grünflächen die vorhandenen Parkplätze in der City ersetzen. Diese Maßnahme würde im Sommer etwa der Überhitzung in den Städten entgegenwirken.

Onay sieht das Auto schon jetzt als Kostenpunkt und weniger als Instrument, um am sozialen Leben teilzunehmen. Den öffentlichen Verkehrsmitteln und Fahrrädern gehört daher in seinen Augen die Zukunft.

Pinzler sieht Widerstand für diese Idee in den Außenbezirken und ländlichen Gegenden aufkommen. Hier könnten sich die Menschen, die auf ihr Auto angewiesen sind, ausgeschlossen fühlen. „Das ist keine Kampfansage“, unterstreicht Onay deshalb. Sein Vorschlag diene als Einladung, eine klimafreundliche ZFE-Fueukunft zu gestalten.

Der Moderator fragt anschließend nach, wie er einen Großeinkauf mit dem Fahrrad nach Hause bekommen soll. Onay hat auch für dieses Problem eine Lösung. Er möchte lokale Läden stärker fördern, damit die Verbraucher nicht mehr zu Shopping-Malls fahren müssen. „Sie werden kein Auto brauchen“, prophezeit er selbstbewusst.

Dürr spricht bei Markus Lanz von „totalitären Tendenzen“ bei Klimaaktivisten

Onay geriet zuletzt in die Schlagzeilen, weil er sich mit den Aktivisten der „Letzten Generation“ an einen Verhandlungstisch gesetzt hat, um die anhaltenden Proteste in seiner Stadt zu stoppen – mit Erfolg. Bei „Markus Lanz“ erklärt er, wie ihm dies gelungen ist.

Der Grünen-Politiker führt aus, dass es sowieso einen Konsens bei der Forderung nach einem Tempolimit und einem würdigen Nachfolger des 9-Euro-Tickets gab. Er versprach, die Realisierung dieser Wünsche durch die Kontaktaufnahme mit der Bundesregierung voranzutreiben.

Dürr verurteilt die Zusammenarbeit mit der „Letzten Generation“. Er sehe bei der Protestgruppe „totalitäre Tendenzen“, da die Aktivisten mit einem einberufenen Rat an der Gesetzgebung beteiligt sein wollen. Der 45-Jährige würde sich niemals von diesen Menschen erpressen lassen.

Lanz hakt bei Onay nach, ob er sich denn erpresst fühle. Der Niedersachse verneint diese Frage, weil er ähnliche Ziele wie die „Letzte Generation“ verfolgt. Pinzler bekräftigt abschließend, dass es weniger Proteste geben würde, wenn die Bundesregierung stärker an ihren Klimazielen festhielte.

Markus Lanz – Das Fazit der Sendung

Die FDP leidet offensichtlich unter einem verzerrten Selbstbild. Fraktionschef Christian Dürr sieht seine Partei als Innovationstreiberin, während viele Wähler sie nur als Bremse wahrnehmen, die die meisten sinnvollen Projekte zur Klimarettung blockiert. Die FDP habe in den Augen der Runde außerdem nicht den Ernst der Lage erkannt. Sie verschließt sich gegen kurzfristige und wirksame Maßnahmen und gefährdet damit Deutschlands Klimaziele. (Kevin Richau)


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