Vergangene Woche gab es im Europaparlament für eineinhalb Stunden nur ein Thema: Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) „Bienen und Bauern retten!“, für die europaweit über eine Million Menschen unterschrieben haben. Dabei gingen die Meinungen der Abgeordneten zu den Forderungen der Initiative weit auseinander. In wenigen Wochen erwarten wir nun die offizielle Antwort der EU-Kommission auf unsere EBI.
„In meiner Kindheit war die Windschutzscheibe beim Sonntagsausflug aufs Land immer voller Insekten.“ Diese nostalgische Erinnerung haben viele Menschen. Und der Eindruck, dass dieses Bild der Vergangenheit angehört, täuscht leider nicht: In den letzten dreißig Jahren ist die Biomasse von Insekten in Biotopen um 75 Prozent zurückgegangen. Eine von zehn Bienen- und Schmetterlingsarten und jede dritte Schwebfliegenart in Europa ist vom Aussterben bedroht. Hand in Hand mit dem dramatischen Insektensterben geht auch das Verschwinden kleiner bäuerlicher Betriebe. Um diesem dramatischen Trend etwas entgegenzusetzen, haben wir die Europäische Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten!“ ins Leben gerufen, mit der wir ein EU-weites Verbot chemisch-synthetischer Pestizide fordern. Zu unserem Forderungskatalog gehören außerdem die Wiederherstellung verlorener Artenvielfalt in ländlichen Gebieten und die Unterstützung
Die Themen unserer EBI – Insektensterben, Artenvielfalt, die dringend überfällige Agrarwende – beschäftigten die EU-Institutionen in den letzten Monaten immer wieder. Der Grund dafür: Schafft es eine Europäische Bürgerinitiative, über eine Million Unterschriften aus mindestens sieben EU-Mitgliedstaaten zu sammeln, müssen sich die Behörden und Politiker:innen in Brüssel mit dem Anliegen der Initiator:innen auseinanderzusetzen. Weil uns dies mit „Bienen und Bauern retten!“ gelungen ist, konnten wir im November unsere Forderungen der EU-Kommission präsentieren. Im Januar folgte dann eine Vorstellung vor den zuständigen Fachausschüssen des Europaparlaments. Vergangene Woche wurde die EBI außerdem während der Plenarsitzung im Europaparlament diskutiert. Über 50 Abgeordnete aus allen Fraktionen brachten sich mit Wortbeiträgen ein und kommentierten die Forderungen von „Bienen und Bauern retten!“. Hier können Sie sich eine Aufnahme der Debatte über die EBI im EU-Parlament ansehen (bis ca. 10.50 Uhr).
„Bienen und Bauern retten!“ spaltet die Fraktionen
Die Haltung der EU-Parlamentarier:innen deckte dabei die gesamte Bandbreite ab: Die Europa-Grünen wie Sarah Wiener, Thomas Waitz und Martin Häusling unterstützen unsere Initiative umfänglich und auch die Sozialdemokrat:innen waren mit gewissen Einschränkungen auf unserer Seite. Dem gegenüber legten die konservativen Abgeordneten wie zum Beispiel Norbert Lins (Fraktion EVP) eher Skepsis an den Tag. Wir würden nicht mit, sondern gegen die Bauern arbeiten, unsere Forderungen seien idealistisch und unrealistisch, und ein Pestizidverbot gefährde die Ernährungsicherheit, war zu hören.
Eher gemischt waren die Meinungen der Reform-Konservativen und der Liberalen, wobei letztere die Lösung für das Pestizidproblem häufig im Einsatz gentechnischer Verfahren sahen, was wir aus guten Gründen klar ablehnen.
Die Stimmen der deutschen Abgeordneten zur Bienen-EBI
Norbert Lins (CDU): Ohne Bienen gibt es keine Ernte, gibt es keine Nahrung. […] Wir müssen gemeinsam mit den Bauern in Kooperation, und nicht in Konfrontation arbeiten. Wenn wir unbedachte Entscheidungen treffen, die vielleicht von Idealen, aber nicht von Vernunft geprägt sind, dann werden wir nicht zum Ziel kommen.“
Anna Deparnay-Grunenberg (Bündnis 90/Die Grünen): „Bienen sind unsere Lebensgrundlage […] und keine Bienen bedeutet keine Landwirtschaft und keine Ernährung für uns Menschen. […] ohne bestäubende Insekten gibt es keine Lebensmittel und keine Landwirte!“
Sylvia Limmer (AFD): „Ohne Pflanzenschutz geht der Ertrag massiv zurück. Die Folgen sind unter anderem teure, weil knappe Lebensmittel. Mit emotionalen Bildern, toten Bienen und angeblich bösen Bauern lassen sich immer Unterschriften generieren.“
Marlene Mortler (CSU): „‚Bienen und Bauern retten‘ – eine vielversprechende Überschrift, auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick will man synthetische Pflanzenschutzmittel ganz verbieten. […] Der Verzicht auf Landnutzung heißt weniger Ertrag und höhere Kosten.“
Martin Häusling (Bündnis 90/Die Grünen): „Es gibt ein Milliardengeschäft mit Pestiziden, das sollten wir nicht vergessen. Deswegen sind viele daran interessiert, nichts zu tun, um den Pestizideinsatz zu reduzieren. […] tun wir endlich was und warten wir nicht mehr ab, es ist höchste Zeit!“
Manuela Ripa (ÖDP): „Diese EBI zeigt ganz eindeutig, dass immer mehr Menschen in ganz Europa es nicht mehr hinnehmen wollen, dass wir mit der derzeitigen EU-Agrarpolitik an dem Ast sägen, auf dem wir sitzen.“
Wie geht es weiter?
In wenigen Wochen erwarten wir die offizielle Antwort der EU auf unsere EBI: Spätestens am 7. April muss die EU-Kommission uns schriftlich mitteilen, ob und wie sie auf die Forderungen der mehr als einer Million Menschen eingehen will, die die EBI unterzeichnet haben. In Kürze wird sich also zeigen, wie ernst es die EU-Kommission mit ihrem Versprechen meint, den Wunsch der Menschen in Europa nach mehr Bestäuberschutz zu erfüllen.
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