Mittwoch, 22. März 2023

UN-Studie: Der Menschheitskampf ums Wasser

Süddeutsche Zeitung hier  NienhuysenDavid Pfeifer und Nadja Tausche  22. März 2023

UN-Wasserkonferenz

Erstmals seit 46 Jahren kommen die Vereinten Nationen zu einer Wasserkonferenz zusammen. Experten befürchten den Verlust großer Süßwassermengen.


Doch auch zu viel Wasser ist gefährlich. Schon heute kämpfen Mensch und Natur überall mit neuen Problemen - manchmal auch mit tödlichen.

Auf der Mauer des Staudamms in Ben Metir gerät Mohamed Abdelkader in einen Redefluss. „Wir haben hier in den vergangenen Monaten die Wetterphänomene eines ganzen Jahrzehnts erlebt“, sagt der 56-Jährige aus dem Norden Tunesiens, „nach einem Sommer mit bis zu 50 Grad Hitze hatten wir im Dezember Waldbrände bei weit über 20 Grad und keinem Tropfen Regen.“ ...

80 Prozent des Wassers nutzt in Tunesien die Landwirtschaft. Doch nach sieben Jahren mit unterdurchschnittlichen Regenfällen versalzen und vertrocknen die Böden. Die Weizen- und Orangenernten fallen laut Regierung in diesem Jahr um bis zu 40 Prozent geringer aus als im vergangenen. Viel Wasser geht in den maroden Pipelines verloren, die es von Staudämmen wie Ben Metir in den trockenen Süden transportieren. Von dort sind seit dem vergangenen Sommer mehr als 10 000 junge Männer nach Europa ausgewandert, vor allem, weil immer mehr Landwirte wegen der geringen Erträge ihre Betriebe schließen.

Tunesien ist nicht allein mit seinem Wasserproblem. An diesem Mittwoch beginnt in New York die erste Wasserkonferenz der Vereinten Nationen seit 46 Jahren. Dabei soll sich die Weltgemeinschaft im Umgang mit Wasser auf Basisregeln verständigen und ihr, ähnlich wie dem Klimawandel oder Artenschutz, einen Platz in den UN verschaffen. Erwartet werden nur wenige Staats- und Regierungschefs, die meisten Länder werden von Ministern oder hochrangigen Beamten vertreten, Deutschland etwa durch Umweltministerin Steffi Lemke.

Dabei schlägt ein internationales Expertengremium Alarm. „The Global Commission on the Economics of Water“, die sich erstmals mit dem weltweiten Wasserkreislauf beschäftigte, warnt eindringlich vor einer Krise, global wie lokal. Der Mensch sei jahrzehntelang schlecht mit der Ressource umgegangen, schreiben die Autoren, das „hat den globalen Wasserkreislauf zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit aus dem Gleichgewicht gebracht, was überall zunehmenden Schaden anrichtet“. Das Problem stehe in Wechselwirkung mit Erderwärmung und Artenverlust, die sich gegenseitig verschärfen. Das Gremium wird unter anderem geleitet von Johan Rockström, dem Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, und der Generaldirektorin der Welthandelsorganisation, Ngozi Okonjo-Iweala. Es arbeitet unter dem Dach der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und wurde berufen von den Niederlanden, die gemeinsam mit Tadschikistan die UN-Wasserkonferenz ausrichten.


Heise hier 22.3.23  dpa

UN-Studie: Klimawandel fördert knappes Trinkwasser

Weltweit hat jeder Vierte keinen Zugang zu sauberem Wasser. Das könnte sich noch angesichts der Klimakrise weiter verschärfen.


Die weltweite Trinkwasser-Knappheit wird sich einer Studie der Vereinten Nationen (UN) zufolge weiter verstärken. Dies sei eine Folge von zunehmenden Umweltproblemen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Verbindung mit erhöhter Süßwasserverschmutzung, heißt es in dem zum Start der UN-Wasserkonferenz in New York am Mittwoch veröffentlichten Weltwasserbericht der Kulturorganisation Unesco.

"Je nach Jahreszeit wird Wasser infolge des Klimawandels knapp, und zwar sowohl dort, wo es heute noch im Überfluss vorhanden ist – wie in Zentralafrika, Ostasien und Teilen Südamerikas – wie auch verschärft dort, wo es bereits heute knapp ist – wie im Nahen Osten und in der Sahelzone." Im Jahresschnitt lebten 10 Prozent der Weltbevölkerung in Ländern mit hoher oder kritischer Gefahr von Problemen durch Wasserknappheit.

Der Mittwoch war Starttag der UN-Wasserkonferenz in New York. Es ist das erste große UN-Treffen seit 1977, bei dem ausschließlich das Thema Wasser behandelt wird. Dabei wird bis Freitag eine Zwischenbilanz zur Halbzeit der sogenannten Internationalen Wasser-Aktionsdekade von 2018 bis 2028 gezogen. Ein besonderer Fokus liegt darauf, inwieweit international beschlossene Ziele, unter anderem das UN-Nachhaltigkeitsziel zum Zugang für alle Menschen zu sauberem Wasser, erreicht werden können.

Fehlender Zugang zu sauberem Wasser

Die Fortschritte beim Erreichen des Nachhaltigkeitsziels und seiner Unterziele nennt die UN-Studie unzureichend. "Für die Erreichung mancher Ziele braucht es nun eine mindestens viermal so schnelle Umsetzungsgeschwindigkeit", heißt es. Weltweit haben zwei Milliarden Menschen – etwa jeder vierte – keinen Zugang zu sauberem Wasser.

Laut Bericht wird der weltweite Wasserverbrauch bis zum Jahr 2050 ähnlich wie in den vergangenen 40 Jahren jährlich um voraussichtlich etwa ein Prozent steigen. In ärmeren Ländern bestehe vor allem ein Risiko wegen mangelhafter Wasserqualität, in Industrieländern sei der Verbrauch durch die Landwirtschaft problematisch. Durch die Klimakrise seien bestimmte Regionen zunehmend häufig extremen und langanhaltenden Dürren ausgesetzt, was gravierende Folgen für die Pflanzen- und Tierwelt habe.


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