Spiegel hier 16.03.2023,
Ab dem 1. Mai können Fahrgäste für 49 Euro im Monat bundesweit den Nahverkehr nutzen. Nach und nach zeichnet sich ab, welche Vorteile das Ticket genau bietet. Mancherorts gilt es sogar für Hunde.
Seit Langem wird es vorbereitet, noch länger diskutiert, aber nun befindet sich das Deutschlandticket auf der Zielgeraden:
An diesem Donnerstag hat der Bundestag dem Gesetzentwurf von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) zugestimmt, der die Finanzierung zwischen Bund und Ländern regelt. Damit hat das Ticket eine weitere Hürde genommen, nun steht noch das Votum des Bundesrats am 31. März aus.
Hier ein Überblick über die wichtigsten Fragen:
Wo gilt das Deutschlandticket?
Das Deutschlandticket soll ab 1. Mai in allen öffentlichen Nahverkehrsmitteln in Deutschland gelten, also im Bahn-Regionalverkehr, in Bussen, Straßenbahnen, U- und S-Bahnen und mancherorts auf Fähren. Nicht nutzbar sind Fernbusse und Fernzüge wie ICE, EC und IC der Deutschen Bahn oder anderer Anbieter.
Wie wird das Ticket angeboten?
Der offizielle Vorverkauf beginnt am 3. April. Schon jetzt können sich Interessierte bei den regionalen Verkehrsbetrieben vorregistrieren oder das Ticket vorbestellen.
Das Ticket wird digital angeboten, also per Smartphone-App. Es soll aber auch eine Chipkarte geben – und zunächst zudem in ausgedruckter Form akzeptiert werden. Das Deutschlandticket ist personengebunden, also nicht übertragbar. Auf jeden Fall muss ein Abonnement abgeschlossen werden, das aber monatlich kündbar sein soll.
Die App »Dein Deutschlandticket« wird nach Angaben des Entwicklers Mobility Inside ebenfalls ab Anfang April in den App-Stores verfügbar sein, damit Fahrgäste Abos abschließen und auch wieder kündigen können. Die App soll demnach mit E-Scooter- und Bike-Sharing-Angeboten verknüpft sein, Leihräder und Tretroller sollen dann direkt in der App mietbar sein. Auch weitere Fahrkarten etwa zur Fahrradmitnahme, für lokale Ticketangebote oder den DB-Fernverkehr sollen in der App erhältlich sein.
Schon jetzt lässt sich die »Deutschlandticket App« des Anbieters HanseCom herunterladen, in der man das Ticket vorbestellen kann. Zudem soll es auch in der bekannten DB-Navigator-App erhältlich sein.
Wie viel kostet das Ticket?
49 Euro, daher auch der Name »49-Euro-Ticket« – zumindest wird es am Anfang so viel kosten. Denn das heute vom Bundestag beschlossene Gesetz lässt offen, ob es auch in den kommenden Jahren bei dem Preis bleibt. So ist von einem »Einführungspreis von 49 Euro pro Monat« die Rede.
Zudem heißt es, für die Jahre nach 2023 würden Bund und Länder gemeinsam klären, wie die Finanzierung mit den »vereinbarten Zuschüssen in Höhe von je 1,5 Milliarden« sowie den Ticketeinnahmen sichergestellt wird. Spätere Erhöhungen sind also nicht ausgeschlossen. Um die Finanzierung über 2025 hinaus dauerhaft zu sichern, soll auf Grundlage einer Analyse 2025 ein erneutes Gesetzgebungsverfahren gestartet werden.
Was passiert mit bestehenden Abo-Verträgen?
Viele Verkehrsunternehmen und -verbünde weisen bereits darauf hin, dass Abo-Verträge mit Laufzeiten über den 1. Mai hinaus auf das 49-Euro-Ticket umgestellt werden können. Teils soll dies automatisch geschehen, teils müssen Fahrgäste dafür selbst aktiv werden.
Gibt es Zusatzangebote?
Eine Verknüpfung mit verbilligten Jobtickets ist geplant. Wenn Arbeitgeber das 49-Euro-Ticket als Jobticket anbieten und mindestens 25 Prozent der Kosten übernehmen, dann gewährt der Staat einen weiteren Rabatt von fünf Prozent. Dadurch kostet das Ticket für Arbeitnehmer nur noch höchstens 34,30 Euro.
Zudem sind regional weitere Vergünstigungen etwa für Schülerinnen, Studierende oder Sozialleistungsempfänger geplant oder werden diskutiert. Sie sollen entweder das 49-Euro-Ticket ergänzen – wie das »Junge-Leute-Ticket Saar«, mit dem das Saarland das Deutschlandticket für junge Menschen weiter bezuschusst – oder sie werden alternativ angeboten – wie das »JugendticketBW« in Baden-Württemberg für 365 Euro im Jahr.
Spiegel hier Von Arvid Haitsch 19.02.2023
Billig fahren mit Bus und Bahn: So wird das 49-Euro-Ticket zum 0-Euro-Ticket
Der von Mai an bundesweit gültige Monatsfahrschein wird nicht für alle gleichviel kosten: Viele Berufstätige bekommen einen Rabatt, mancherorts junge Leute oder Senioren. Es gibt aber auch Upgrades – der Überblick.
Wer kommt wo günstiger davon? Die Übersicht:
Jobtickets: 34 Euro für viele
Für Beschäftigte, deren Unternehmen einen Zuschuss zum Nahverkehrsabo gewähren, haben Bund und Länder eine einheitliche Regel vereinbart. Wenn die Arbeitgeber mindestens 25 Prozent des Ticketpreises übernehmen, gibt der Staat fünf Prozent dazu. Das Deutschland-Jobticket wird also statt 49 höchstens 34,30 Euro kosten. Allein im Hamburger Verkehrsverbund würden davon 200.000 Menschen profitieren, und künftig kämen noch einmal so viele Beschäftigte in Kleinbetrieben für den Rabatt infrage, schrieb der Hamburger Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) auf Twitter
Von einem »wirklich konkurrenzlos günstigen Weg zur Arbeit mit Bus und Bahn« sprach im Bundestag die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Dorothee Martin. »Hierdurch werden Autofahrten eingespart, und hierdurch findet auch eine Entlastung für die Umwelt statt.«
Wer genau davon profitiert, hängt von Tarifverhandlungen oder freiwilligen Zusagen der Firmen ab. Manche Beschäftigte bekommen das Ticket sogar gratis, etwa im öffentlichen Dienst der Städte Stuttgart und München. Viele Unternehmen, die teils dringend Personal suchen, dürften nachziehen. Hessen bietet seinen Bediensteten den Nulltarif längst landesweit. Gerade im wachsenden Pendlerverkehr, wo es oft zumindest ausreichende Bahnverbindungen aus dem Umland in die urbanen Zentren gibt, könnte das neue Ticket schnellen Effekt für weniger Autoverkehr bringen. Bisher sind Autobahnen vor allem an der Belastungsgrenze, wenn Menschen morgens und nachmittags auf dem Arbeitsweg sind. Nachvollziehbar also, dass die Politik sich auf die Gruppe der Berufstätigen fokussiert. Für andere sind die Aussichten weniger klar.
Sozialtickets: Die große Lücke
Ohne ein bundesweites Sozialticket für maximal 29 Euro würde eine »Chance verspielt«, warnte das Bündnis Sozialverträgliche Mobilitätswende aus Gewerkschaften, Sozial- und Umweltverbänden. Das 9-Euro-Ticket von Juni bis August 2022 hatte sichtbar gemacht , wie viele Menschen im Land erst wirklich mobil sein können, wenn es die Tarife zulassen. Ein Sozialrabatt für Menschen mit geringem oder ohne Einkommen könnte also die Bewegungsfreiheit enorm steigern. Er würde allerdings auch eher mehr neuen Verkehr erzeugen, als vom Auto zu verlagern. Dem Ruf nach einem einheitlichen Sozialfahrschein ist die Politik indes nicht gefolgt. So bleibt es bei lokalen Lösungen – und einem großen Durcheinander....
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