Bild: Muschelansammlung am Schweizer Ufer aus dem Tagblatt von Manuel Nagel
«So gab es das noch nie»: Am Seeufer in Arbon und Romanshorn liegen massenhaft Muscheln
Tagblatt hier vom 18.3.23
Das Interreg-Projekt "SeeWandel: Leben im Bodensee – gestern, heute und morgen" untersucht den Einfluss von Nährstoffrückgang, Klimawandel, gebietsfremder Arten und anderer Stressfaktoren auf das Ökosystem Bodensee, seine Biodiversität und Funktionsweise, sowie die menschliche Nutzung am See. Die enge Zusammenarbeit von sieben Forschungseinrichtungen trägt dazu bei, wichtige Fragen hinsichtlich der Widerstandsfähigkeit des Bodensees, potenzieller Veränderungen von Ökosystemleistungen zu beantworten, sowie zukünftige Probleme evaluieren zu können.
SeeWandel schafft Basiswissen, auf dessen Grundlage wissenschaftlich fundierte Entscheidungen seitens der Wasserwirtschaft und der Politik über die Zukunft des Bodensees getroffen werden können.
Seit 30 Jahren fischt Reto Leuch im Bodensee. Doch seit einiger Zeit gehen dem Schweizer Fischer immer weniger Barsche und andere Speisefische ins Netz. Die einheimischen werden von invasiven Arten wie dem Stichling und der Quagga-Muschel verdrängt. Die Fischerei im See ist bedroht.
"Das größte Problem mit den invasiven neuen Arten ist, dass sie Nahrungskonkurrenten zu den einheimischen Arten sind. Es ist sehr erschreckend", meint Reto Leuch, Präsident des schweizerischen Berufsfischerverbandes. "Von der Fischerei kann man nicht mehr leben. Das ist nur noch Nebenerwerb, was wir hier machen, mit diesen Fängen kann man keine Familie ernähren."
Der Bodensee wird von deutschen, österreichischen und Schweizer Wissenschaftlern untersucht. Am Forschungsinstitut Eawag in der Nähe von Zürich misst man die Populationen invasiver Arten und gleicht die Daten ab, um ihre Auswirkungen auf das Ökosystem zu verstehen. Es gibt 37 Arten von invasiven Tieren und Pflanzen. Silvan Rossbacher arbeitet mit der Quagga-Muschel, einer in der Ukraine heimischen Art – wie ist sie in den Bodensee gekommen?
"Wir gehen davon aus, dass sie mit Frachtschiffen über den Rhein-Donau-Kanal in den See gekommen ist", antwortet der Wissenschaftler. "In den am stärksten befallenen Zonen gibt es etwa 30.000 Muscheln pro Quadratmeter, das ist ziemlich viel. Wir haben heute eine Probe vom Grund des Sees genommen. Wir haben Muscheln gesammelt, sie ins Labor gebracht, sie gemessen und gezählt."
Das SeeWandel-Gesamtbudget beträgt 5.666.477 Millionen Euro, davon kommen 2.248.708 Millionen Euro von der europäischen Kohäsionspolitik. Am Projekt "SeeWandel: Leben im Bodensee – gestern, heute und morgen" sind 7 Forschungsinstitute aus den drei Anrainerstaaten beteiligt.
Die invasiven Arten vermehren sich sehr schnell. Stichlinge machen nach Angaben des Projektleiters inzwischen 90 Prozent der Fische im See aus: "Für den Bodensee ist es jetzt zu spät", meint Piet Spaak. "Die Messungen wurden zu spät durchgeführt. Jeder kann helfen. Jeder, der auf dem Bodensee mit seinem Boot oder Schlauchboot unterwegs ist, sollte es danach reinigen. Man sollte darauf achten, dass man keine Quagga-Muscheln oder ihre Larven von einem See zum anderen transportiert."
Die invasiven Muscheln filtern das Wasser. Es ist klar und von guter Qualität. Mit einer Fläche von 536 Quadratkilometern ist der Bodensee ein Trinkwasserreservoir und eines der wichtigsten Tourismus-Ziele in Mitteleuropa.
Invasive Arten verändern das Ökosystem des Bodensees
Euronews hier Von Aurora Velez & Sabine Sans • 28/03/2023 mit Film!
Invasive Arten verändern das Ökosystem des Bodensees. Das SeeWandel-Interreg-Projekt untersucht die Widerstandsfähigkeit des Ökosystems Bodensee, potenzielle Veränderungen von Ökosystemleistungen, außerdem will man zukünftige Probleme evaluieren.
Piet Spaak, Wissenschaftler und Leiter des SeeWandel-Projekts gibt einen Überblick:
"Für einen Fischer ist es eine Katastrophe, weil er seine Arbeit und seinen Lebensunterhalt verliert. Es ist eine Katastrophe. Wenn Sie Trinkwasser generieren, ist das ein großes Problem, weil die Rohre von Quagga-Muscheln verstopft werden. Man muss Investitionen tätigen, aber man kann sie reinigen. Und das Wasser ist immer noch von hoher Qualität. Es ist also ein Problem, das man lösen kann. Es ist zwar mit wirtschaftlichen Kosten verbunden, aber es ist machbar. Wenn Sie ein Taucher sind und gerne die Unterwasserwelt beobachten, sind Sie vielleicht glücklich, weil das Wasser klarer ist."
"Es kommt also ganz darauf an, wer den See wie nutzt. Man kann nicht pauschal sagen, dass das schlecht oder gut ist. Aber wenn man sich das Ökosystem anschaut, dann bin ich als Biologe, als Gewässerökologe, überhaupt nicht glücklich. Denn das Ökosystem hat sich verändert, und zwar auf eine Art und Weise, die vielleicht nicht mehr rückgängig gemacht werden kann."
aber vielleicht nicht für alle Nutzer des Ökosystems."
"Ich hoffe, dass die Politiker zusammen mit der Gesellschaft, alle zusammen, Maßnahmen ergreifen, damit das, was wir jetzt im Bodensee erleben, nicht in anderen europäischen Alpenseen passiert."
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