hier im Handelsblatt 04.03.2024
Ein Gericht hatte zuvor geurteilt, die Bundesregierung müsse umgehend Sofortprogramme zur CO2-Reduktion vorlegen. Nun geht sie in Revision.
Die Bundesregierung hat Berufung gegen ihre Verurteilung wegen Verstoßes gegen ihr eigenes Klimaschutzgesetz eingelegt. Man könne bestätigen, dass man in Revision gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg gehe, erklärte das Klimaministerium von Robert Habeck (Grüne) am Montag in Berlin. Man wolle Rechtsfragen höchstrichterlich klären lassen, um möglichst große Rechtssicherheit zu erreichen. „Der klimapolitisch notwendige und gesellschaftlich verantwortbare Handlungsrahmen für den Klimaschutz muss klar und rechtssicher abgesteckt werden.“ Umweltverbände wie der WWF, BUND und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) nannten die Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht skandalös, fatal oder ein Spiel auf Zeit.
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte nach Klagen von DUH und BUND im November geurteilt, die Regierung müsse umgehend Sofortprogramme vorlegen, damit die Sektoren Verkehr und Bau ihre CO2-Emissionen reduzieren. Dazu seien sie laut ihrem eigenen Klimaschutzgesetz verpflichtet. Allerdings ließ das Gericht Revision zu.
Die Bundesregierung hatte in den Sektoren Verkehr und Gebäude 2021 und 2022 gegen die Vorgaben des aktuellen Gesetzes verstoßen. Dies legt konkrete Höchstwerte beim CO2-Ausstoß für jeden Sektor und jedes Jahr fest und verlangt bei Verfehlungen eine schnelle Reaktion. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) lehnte jedoch ein Sofortprogramm ab. Auch ein Programm von Bauministerin Klara Geywitz (SPD) für den Bausektor beschloss die Bundesregierung nie. Diese hatte argumentiert, ein neues Klimaschutzgesetz sei ohnehin geplant, bei den Sektoren mehr Spielraum eingeräumt werde. Dieses Gesetz ist zwar von der Regierung auf den Weg gebracht, aber noch nicht im Bundestag beschlossen.
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Für Habeck, der die Revision im Namen der Bundesregierung betreiben muss, ist dies unangenehm. Eigentlich wollen die Grünen das nicht entschärfen. „Die Bundesregierung steht in der Verantwortung, der Klimakrise mit der größtmöglichen Entschlossenheit entgegenzutreten, auch um die Freiheit zukünftiger Generationen zu schützen“, betonte sein Ministerium daher.
Die Deutsche Umwelthilfe verurteilte die Revision als „unverantwortliches und skandalöses Verhalten“, mit dem die Ampel-Koalition ihre Wahlversprechen breche und weiterhin geltendes Recht missachte. Der BUND sprach von einem fatalen Bild der Regierung. „Die Ampel verweigert die für den Klimaschutz notwendigen Maßnahmen und spielt weiter auf Zeit“, erklärte BUND-Chef Olaf Bandt.
Die Debatte dürfte am 15. März neuen Zündstoff erhalten, da dann die Klimabilanz für 2023 vorgelegt wird. Verkehr und Bau dürften nach Expertenschätzungen ihre gesetzlichen Vorgaben erneut verfehlt haben.
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