Sonntag, 1. Oktober 2023

Landschaften: Die Verhässlichung ....

Möglicherweise hat Österreich noch mehr Straßen gebaut als wir (unglaublich!) -  das Versieglungsproblem ist bei uns aber ebenso ein ziemlich großes.  

Anhand des §13b wurde bekannt, dass dieser  Paragraph vor allem in Oberschwaben zu einer überdimensionalen Bautätigkeit geführt hat.
Da wurden noch ganz viele Einfamilienhäuser beschleunigt und ohne Umweltprüfung gebaut, obwohl der Paragraph ursprünglich mit Blick auf die Flüchtlingsunterbringung geschaffen und durchgedrückt wurde. 

Ich glaube, der Text passt perfekt zu unserer einmaligen Landschaft im Regionalgebiet Bodensee-Oberschwaben, die langsam aber sicher wahrnehmbar an Reiz verliert.
Er passt  auch zur Unterschriftensammlung "Ländle leben lassen" - haben sie schon unterschrieben?

Süddeutsche Zeitung  hier  29. September 2023,Kolumne von Karl-Markus Gauß

Die Verhässlichung Österreichs

Es gilt die Regel: Je mehr Natur eine Gemeinde zerstört, umso reicher wird sie. Und so schreitet die Versiegelung der Heimat unseres Autors voran.

......Gmünd in Oberkärnten hat nicht viel mehr Einwohner als Großklein in der Südsteiermark und ebenfalls einen Ortsteil mit sprechendem Namen, nämlich "Landfraß".
Woher der Name stammt, ist ungeklärt, es gab ihn schon, bevor der Landfraß zu einem österreichischen Problem geworden ist, dessen desaströse Folgen allerorts sicht- und spürbar sind. Denn in kaum einem anderen Land Europas wird die Bodenversiegelung so rasant vorangetrieben wie in Österreich, dessen Bevölkerung doch, wie Befragungen seit Jahrzehnten gleichlautend ergeben, auf nichts so stolz sind wie auf "unsere schöne Landschaft"; was diese freilich nicht davor schützt, zubetoniert zu werden. Wiewohl das Straßennetz Österreichs bereits doppelt so dicht ist wie in den benachbarten Entwicklungsländern Deutschland und der Schweiz, werden weiter kräftig neue Schneisen durch Felder geschlagen. Viele Städte und Gemeinden scheinen noch immer zu wetteifern, wer mehr neue Parkplätze schafft und die historischen Plätze rabiater von lästigem Baumbestand befreit.

Es geht gar nicht nur um die ökologischen Schäden, die sich etwa am periodischen Hochwasser zeigen, oder darum, dass sich der Verlust landwirtschaftlicher Nutzflächen eines Tages negativ auf die Versorgung der Bevölkerung mit heimischen Nahrungsmitteln auswirken wird. Es geht vielmehr auch um die geradezu methodisch betriebene Verhässlichung Österreichs.

Erfolgreich gelingt es heimischen Baumeistern, die schönsten Orte der innig geliebten Heimat zu demolieren; auf alpine Hänge werden Chaletburgen geklotzt, deren schauerliche Architektur Käufer mit enorm viel Geld und enorm wenig Geschmack anlockt, die nur wenige Wochen im Jahr vorbeischauen. Gerade dort, wo der Tourismus boomt, werden dessen Grundlagen zerstört: die intakte Umwelt, die Schönheit der Landschaften, das Besondere alter Städte und Dörfer. Eine Fläche von 17 Fußballfeldern wird täglich zubetoniert, vollmundig hat die schwarz-grüne Regierung angekündigt, das auf ein Sechstel zu reduzieren.

Daraus kann gar nichts werden, solange der österreichische Föderalismus zementhart darauf beharrt, dass es den Gemeinden und damit den Bürgermeistern zusteht zu entscheiden, wer was wo bauen darf. Nicht dass die oft überlasteten, von ihren eigenen Wählern bedrängten Bürgermeister mehrheitlich korrupt wären. Aber es wird von allen Seiten Druck auf sie ausgeübt, von der Lobby der Investoren, von den großen Firmen, auf deren kommunale Grundsteuer sie angewiesen sind. 

Und es gilt die österreichische Regel: Je mehr Natur eine Gemeinde zerstört, umso reicher wird sie.

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