Samstag, 7. Oktober 2023

Neue Klima-Enzyklika des Papstes: Sein Wort in Gottes Ohr

Endlich kommt ein machtvolles Wort vom Papst. Seine Ausführung fasst in deutliche Worte, was viele schon nicht mehr hören wollen. Ich bin begeistert von den Worten ! hier im Originalwortlaut


Spiegel  hier  04.10.2023,

Papst über Klimakrise: »Die Welt, die uns umgibt, zerbröckelt«

Papst Franziskus fordert in einem neuen apostolischen Schreiben eindringlich mehr Klimaschutz. In der Pflicht sieht er Politik und Wirtschaft.

Papst Franziskus hat in einem neuen Lehrschreiben einen dringlichen Einsatz gegen den Klimawandel angemahnt und mangelndes Handeln von Politik und Wirtschaft angeprangert. Die Erderwärmung sei eine der größten Herausforderungen für die Gesellschaft und die globale Gemeinschaft, heißt es in dem apostolischen Schreiben »Laudate Deum« (Lobet Gott). »Mit der Zeit wird mir klar, dass wir nicht genügend reagieren, während die Welt, die uns umgibt, zerbröckelt und vielleicht vor einem tiefen Einschnitt steht«, schrieb das Oberhaupt der katholischen Kirche.

Die Situation werde immer dringlicher und die Sorge um das gemeinsame Haus immer größer, erklärte der Papst. Nötig sei daher ein Umdenken der Menschen und vor allem der Politik.

»Hören wir endlich auf mit dem unverantwortlichen Spott,
der dieses Thema als etwas bloß Ökologisches, ›Grünes‹, Romantisches darstellt,
das oft von wirtschaftlichen Interessen ins Lächerliche gezogen wird.«


Klare Absage an Klimaleugner

Franziskus erteilte Leugnern des Klimawandels eine klare Absage. Es fehle nicht an Menschen, die die Beobachtungen der Experten kleinredeten. Aber:

 »Wie sehr man auch versuchen mag, sie zu leugnen,
zu verstecken, zu verhehlen oder zu relativieren:
Die Anzeichen des Klimawandels sind da und treten immer deutlicher hervor.«

Das nun publizierte Schreiben »Laudate Deum« ist als Aktualisierung der viel beachteten Umwelt-Enzyklika »Laudato Si'« aus dem Jahr 2015 zu verstehen. Eine Enzyklika ist eines der wichtigsten Lehrschreiben der katholischen Kirche. In »Laudato Si’« rief Franziskus zu einer »ökologischen Umkehr« und mehr Klimaschutz auf und prangerte Umweltzerstörung, soziale Ungerechtigkeiten und Konsumrausch an.

Der grüne Papst

Konkret fordert der 86-Jährige in seinem neuen Schreiben die internationale Politik zu einem neuen Multilateralismus auf. Der Klimawandel betreffe die ganze Welt – eine globale Zusammenarbeit sei nötig, die nicht von wechselnden politischen Umständen oder den Interessen einiger weniger abhänge. Auch die menschliche Macht sollte überdacht werden. Die Welt sei kein Objekt der Ausbeutung und ungezügelten Nutzung. Man müsse anerkennen, dass »unsere Macht und der Fortschritt, den wir erzeugen, sich gegen uns selbst richten«.

Eine praktische Maßnahme sei demnach der Übergang zu erneuerbaren Energieformen.
Bei der großen Energiewende sieht der Papst vor allem den Westen in der Pflicht. Eine umfassende Veränderung des unverantwortlichen Lebensstils, der mit dem westlichen Modell verbunden sei, hätte demnach eine bedeutende langfristige Wirkung. Denn in diesem Rahmen werden nach seinen Worten Millionen arme Menschen ausgebeutet, die unter dem Klimawandel am meisten litten.

Papst sieht Klimaaktivisten positiv

Der Umwelt- und Klimaschutz erfordere die Beteiligung aller, sagte der Papst. 

»Niemand rettet sich allein«

sagte Franziskus weiter. Das Engagement von Klimaaktivisten sieht er dabei positiv. Sogenannte radikalisierte Gruppen zögen mit Aktionen die Aufmerksamkeit auf sich – damit füllten sie jedoch eine Lücke in der Gesellschaft, die einen gesunden »Druck« brauche:

 »Es liegt an jeder Familie, zu bedenken,
dass die Zukunft ihrer Kinder auf dem Spiel steht.« 



Standard   hier  4. Oktober 2023

Papst übt scharfe Kritik an Klimawandel-Leugnern

In einem apostolischen Schreiben kritisiert er unter anderem "abschätzige" und "wenig vernünftige Meinungen" zum Klimawandel, die er "selbst innerhalb der katholischen Kirche" vorfinde

Papst Franziskus fordert vor der Uno-Weltklimakonferenz einen gemeinsamen Kampf für den Klimaschutz und ruft zu verbindlichen Formen der Energiewende auf.

Wenige Wochen vor der Uno-Weltklimakonferenz Cop 28 hat Papst Franziskus die internationale Gemeinschaft zu einem deutlich entschlosseneren Kampf gegen die Klimakrise aufgerufen. Ihm werde mit der Zeit klar, "dass wir nicht genügend reagieren, während die Welt, die uns umgibt, zerbröckelt und vielleicht vor einem tiefen Einschnitt steht", schrieb Franziskus in einem am Mittwoch veröffentlichten apostolischen Schreiben namens "Laudate Deum" (lobet Gott).

Scharfe Kritik übte Franziskus an der Leugnung des Klimawandels, die auch in der katholischen Kirche selbst anzutreffen sei. In dem acht Jahre nach seiner Klima-Enzyklika und wenige Wochen vor der Ende November in Dubai beginnenden Cop 28 veröffentlichten Schreiben rief Franziskus angesichts sich häufender Extremwetterereignisse zu "verbindlichen Formen der Energiewende" auf, die "effizient", "verpflichtend" und leicht zu überwachen sein müssten.

Deutliche Kritik richtete das Oberhaupt der Katholiken an Leugner des menschengemachten Klimawandels. Franziskus schreibt in dem im spanischsprachigen original zwölf Seiten langen Text von "abschätzigen" und "wenig vernünftigen Meinungen", die er "selbst innerhalb der katholischen Kirche" vorfinde. "Wie sehr man auch versuchen mag, sie zu leugnen, zu verstecken, zu verhehlen oder zu relativieren, die Anzeichen des Klimawandels sind da und treten immer deutlicher hervor", fügte der Papst an.

Weltklimakonferenz als "Wendepunkt"

Franziskus hatte Ende August eine Aktualisierung seiner 2015 veröffentlichten Klima-Enzyklika angekündigt. Das rund 200-seitige Schreiben namens "Laudato Si" (zu Deutsch: Gelobt seist Du) hatte der Papst 2015 vor dem Weltklimagipfel von Paris veröffentlicht. Darin hatte Franziskus die Verantwortung der Menschheit für den Klimawandel unterstrichen. Dem Text wird heute ein Einfluss auf die später erfolgreich zu Ende geführten Verhandlungen über das Pariser Klimaschutzabkommen zugeschrieben. Er war auch Diskussionsgegenstand in wissenschaftlichen Fachblättern, was für religiöse Texte äußerst selten ist.

Die am 30. November beginnende Weltklimakonferenz in Dubai könne "ein Wendepunkt sein", schreibt Franziskus nun in "Laudate Deum". Ein solcher Wendepunkt könne beweisen, dass alles, was seit dem ersten Umweltgipfel in Rio de Janeiro im Jahr 1992 getan wurde, "ernsthaft war und sich gelohnt hat".

Beschleunigung der Energiewende gefordert

Der Papst drückte zudem seine Hoffnung aus, dass die Cop 28 zu "einer deutlichen Beschleunigung der Energiewende mit wirksamen Verpflichtungen" führe. "Allein mit einem solchen Prozess wäre es möglich, die Glaubwürdigkeit der internationalen Politik zurückgewinnen", schreibt Franziskus weiter. Nur auf diese "konkrete Weise" werde es möglich sein, "das Kohlendioxid nennenswert zu reduzieren und rechtzeitig die schlimmsten Übel zu vermeiden". Mit Blick auf das vielfach kritisierte Cop-28-Gastgeberland, die Vereinigten Arabischen Emirate, schreibt Franziskus, der Golfstaat gelte zwar als "großer Exporteur fossiler Energie", habe aber "erhebliche Investitionen in erneuerbare Energien" getätigt.

Franziskus warnte vor Mutlosigkeit mit Blick auf den Klimawandel. "Zu sagen, dass man sich nichts zu erwarten braucht, gleiche einer Selbstverstümmelung", schreibt der Pontifex. "Denn es würde bedeuten, die gesamte Menschheit, insbesondere die Ärmsten, den schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels auszusetzen." (APA, 4.10.2023)


FRankfurter Rundschau  hier  06.10.2023, Von: Joachim Wille

Neue Klima-Enzyklika des Papstes: Sein Wort in Gottes Ohr

Der Papst fordert von der Welt mehr Engagement gegen die Klimakrise. Doch sein Schreiben zeigt: Auch er kocht nur mit Wasser.

Ist der Papst auf der Höhe der Zeit? Da kann man so seine Zweifel haben. Frauen im Priesteramt? Gott bewahre. Aufarbeitung der Missbrauchsskandale? Mal sehen. Der „Synodale Weg“, mit dem die deutschen Bischöfe immerhin Reformen light versuchen? Gefällt ihm gar nicht. Aber es gibt andere Themen, bei denen Franziskus schon begriffen hat, was auf dem Spiel steht. Eines davon: der Klimawandel.

„Laudate deum“ (Lobt Gott) hat der Papst sein jüngstes apostolisches Mahnschreiben „über die Klimakrise“ genannt. Acht Jahre nach seiner Umwelt-Enzyklika „Laudato Si“, in der die Erderwärmung bereits großen Raum einnahm, hatte er offenbar den Eindruck, hier dringend nachlegen zu müssen. Denn: „Wie sehr man auch versuchen mag, sie leugnen, zu verhehlen oder zu relativieren, die Anzeichen des Klimawandels sind da und treten immer deutlicher hervor.“ Das schreibt er den Klimawandel-Leugnern ins Stammbuch, die „selbst innerhalb der katholischen Kirche“ zu finden seien.

„Laudato Si“ hatte 2015 viel Widerhall gefunden. Viele glauben, dass dieses Sendschreiben für die 1,4 Milliarden Katholik:innen weltweit mit zum Erfolg des Pariser Weltklimagipfels beigetragen hat, der am Ende dieses Jahres stattfand und das 1,5-Grad-Limit als Ziel in die Welt brachte. Inzwischen ist klar, dass die 1,5-Grad wohl schon in diesem Jahrzehnt gerissen werden. Und der Papst mahnt nun, es bestehe die „reale Möglichkeit, dass wir einen kritischen Punkt erreichen“. Und noch drastischer: Die Weltgemeinschaft tue viel zu wenig, „während die Welt, die uns umgibt, zerbröckelt“.

Aber was tun? Da kocht der Papst auch nur mit Wasser, mag es auch Weihwasser sein. Er attackiert die ungebremste Wachstumsgesellschaft, prangert „die Logik des maximalen Profits zu den niedrigsten Kosten, verschleiert als Rationalität, als Fortschritt“ an und fordert, der Mensch müsse sich „als Teil der Natur“ begreifen. Gut gegeben, doch wird solche Erkenntnis alleine den Umschwung bringen, selbst wenn der Papst sie vorbetet?

Nun, Franziskus setzt dann doch auf eine altbekannte Institution, auch wenn sie seit dem ersten UN-Erdgipfel 1992 in Rio bekanntermaßen nicht die nötigen Fortschritte gebracht hat: die turnusmäßige Weltklimakonferenz, die in diesem Herbst in Dubai tagen wird. Die „COP 28“ könne zu einer deutlichen Beschleunigung der Energiewende führen, glaubt Franziskus. „Diese Konferenz kann ein Wendepunkt sein.“ Sein Wort in Gottes Ohr.


Süddeutsche Zeitung  hier   4. Oktober 2023,  Kommentar von Thomas Hummel

Klimakrise: Der grüne Papst

Papst Franziskus hat acht Jahre nach seiner ersten Enzyklika zum Thema Klima und Umwelt nun eine weitere verfasst - verbunden mit scharfer Kritik.

Franziskus fordert erneut entschiedenen Schutz der Umwelt. Das muss politischen Parteien zu denken geben, die sich auf christliche Werte berufen.

Wer die deutschen Debatten verfolgt, wer die Erdinger Demo zur "Heizungsideologie" gesehen und die teils heftigen Angriffe auf "die Klimakleber" gehört hat, der müsste eigentlich zu dem Schluss kommen: Für einen wachsenden Teil dieser Gesellschaft dürfte der Papst ein links-grün-verbohrter Umweltaktivist sein.

Papst Franziskus, mittlerweile 86, veröffentlichte bereits 2015 mit der Enzyklika "Laudato si'" eine der entschiedensten Umweltschriften unserer Zeit. Acht Jahre später fühlt er sich genötigt nachzulegen. Sein Apostolisches Schreiben "Laudate Deum" ist eine Warnung an den Menschen, seine technologische und wirtschaftliche Macht nicht dazu zu nutzen, alles auf der Erde zu nutzen, zu verändern - und am Ende nach Belieben zu zerstören. Es ist eine Kritik am Umgang mit Tieren, mit der Natur. Auch an einem Kapitalismus mit der "Idee eines unendlichen und grenzenlosen Wachstums", dem alles untergeordnet werde.

Die Position von Papst Franziskus verdient Respekt

Stattdessen erinnert Franziskus daran, worum es in dieser Zeit geht. Und das nicht ist wenig. Mit der zunehmenden Erderwärmung verändern sich die Lebensbedingungen aller Arten auf dem Planeten, viele Arten bedroht sie in ihrer Existenz. Das Weltengefüge als Ganzes ist in Gefahr. Das ist zwar wissenschaftlich belegt. Und wer sich nach der Hitze und Trockenheit in diesem September keine Sorgen darüber macht, wie das wohl in 20 oder 30 oder 50 Jahren aussieht, der ist schon sehr abgestumpft. Dennoch trauen sich immer weniger, das offen auszusprechen, die angebliche "Klimahysterie" geht den Leuten auf die Nerven.

Das ist einerseits verständlich, denn man kann und will sich nicht ständig Sorgen machen über ein Problem, das ein einzelner Mensch nicht lösen kann. Umso wichtiger ist der Standpunkt von einflussreichen Persönlichkeiten. Dass sich das Oberhaupt von weltweit 1,4 Milliarden Katholiken so deutlich positioniert, verdient bei allen Schwächen und Missständen der katholischen Kirche Respekt. Denn der Papst bezieht sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse und legt sich an mit den Reichen und Mächtigen, die das Problem größtenteils verursachen. Beides war nicht immer die Stärke der katholischen Kirche. Auch die Anführer anderer Glaubensgemeinschaften schlagen sich gerne auf eine andere Seite, zu sehen bei der orthodoxen Kirche Russlands oder in den weit verbreiteten Verschwörungsmythen unter Evangelikalen in Nord- und Südamerika.

In Deutschland wird bisweilen übersehen, dass katholische wie evangelische Kirche entschiedene Maßnahmen gegen die Erderwärmung einfordern. Selbst zur Teilnahme bei Demonstrationen etwa von Fridays for Future rufen sie auf

Das Schreiben des Papstes führt deshalb auch zu Fragen an die deutsche Politik: Wie kann es sein, dass die Position des Papstes in so wichtigen Fragen viel näher an der eher atheistischen, städtischen Klientel der Grünen liegt als etwa an der katholisch geprägten Landbevölkerung Bayerns? Wieso bezeichnen Vorsitzende der CDU und CSU die Grünen als Hauptgegner, während eine Leitfigur der christlichen Welt eindringlich mehr Umwelt- und Klimaschutz fordert? Sind sich hier zwei Milieus näher als viele in den Unionsparteien, aber auch bei den Grünen, wahrhaben wollen? Und die AfD sollte sich fragen, welches "christliche Abendland" sie eigentlich verteidigen will, wenn sie gleichzeitig im Bundestag beantragt, aus allen Klimaabkommen auszusteigen.

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