Freitag, 6. Oktober 2023

Kalifornien beschließt Klima-Gesetz - und trifft damit (auch) deutsche Unternehmen

Focus hier  05.10.2023,

Bundesstaat verklagt Energieunternehmen

Während in weiten Teilen der USA eine Kampagne der Republikaner für fossile Energien läuft, hat das von den Demokraten regierte Kalifornien zwei bedeutende Klimagesetze verabschiedet. Gleichzeitig verklagt der US-Bundesstaat fünf Energiekonzerne auf Schadenersatz.

Kalifornien ist seinem Ruf als Vorreiter in Sachen Umwelt- und Klimaschutz einmal mehr gerecht geworden. Im September verabschiedete das Parlament in Sacramento mit großer Mehrheit Senate Bill 253 und Senate Bill 261. Es gilt als sicher, dass beide Gesetze in Kürze vom demokratischen Gouverneur Gavin Newsom unterzeichnet werden. Sie sind die bisher weitreichendsten Gesetze in den USA zur Offenlegung von Treibhausgasemissionen sowie der Risiken des Klimawandels für Unternehmen.

Klima-Gesetz: Kalifornien führt Berichtspflicht ein

Der „Climate Corporate Data Accountability Act“ (SB-253) verpflichtet alle in Kalifornien tätigen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als eine Milliarde US-Dollar, ab 2026 jährlich über ihre CO₂-Emissionen zu berichten. Dies umfasst nicht nur die direkten und indirekten Emissionen (Scope 1 und 2), die im Unternehmen entstehen, sondern auch jene, die in der Wertschöpfungskette freigesetzt werden (Scope 3). Der Bericht muss von einem unabhängigen Prüfer testiert werden.

Ein zweites Gesetz mit dem Titel „Greenhouse Gases: Climate-related Risk“ (SB-261) verpflichtet in Kalifornien tätige Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 500 Millionen US-Dollar, ab Januar 2026 alle zwei Jahre Berichte zu erstellen, in denen sie klimabedingte finanzielle Risiken wie Gefahren für Produktionsanlagen offenlegen und Maßnahmen zu deren Minimierung wie resiliente Wertschöpfungsketten darlegen. Die Berichte müssen auf der Website des Unternehmens veröffentlicht werden.

US-weite Regulierung lässt weiter auf sich warten

Bislang gibt es in den USA keine gesetzlich geregelten Offenlegungspflichten für CO₂-Emissionen. Viele börsennotierte Unternehmen berichten jedoch freiwillig auf Basis des 1998 entwickelten Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol). Auf das GHG Protocol geht auch die Einteilung der Treibhausgasemissionen in Scope 1, 2 und 3 zurück. Es gilt als der weltweit am weitesten verbreitete Standard für die Erstellung von Treibhausgasbilanzen.

Eine US-weite staatliche Regelung zur Offenlegung des CO₂-Fußabdrucks von Unternehmen steht unterdessen weiter aus. Die zuständige Regulierungsbehörde in Washington, die Securities and Exchange Commission (SEC), hatte im März 2022 einen Vorschlag für börsennotierte Unternehmen vorgelegt. Drei Monate später endete der öffentliche Konsultationsprozess. Zum Jahreswechsel 2022/23 sollte die endgültige Richtlinie vorliegen. Doch seitdem warten Öffentlichkeit und Unternehmen auf den Fortgang der Dinge.

Scope 3: Kalifornien setzt Standard für USA

Eine endgültige Fassung liegt auch nach über einem Jahr nicht vor. Der Grund: Die SEC spielt auf Zeit. Hinter den Kulissen wird noch immer darüber gestritten, wie weit die Berichtspflichten tatsächlich gehen sollen. „Es wurden wirklich wichtige Fragen zu Scope 3 aufgeworfen“, sagte SEC-Chef Gary Gensler Mitte September bei einer Anhörung vor dem Bankenausschuss des US-Senats. „Wir werden uns überlegen müssen, was wir mit Scope 3 machen.“

Kalifornien hat mit seiner Initiative nun direkt in diesen Prozess eingegriffen, indem es quasi einen nationalen Standard gesetzt hat. Denn mit einem Bruttoinlandsprodukt von rund 3,6 Billionen US-Dollar ist Kalifornien, wäre es ein Nationalstaat, nicht nur die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt, sondern es ist auch der wirtschaftlich stärkste US-Bundesstaat. Mehr als 5.000 große US-Unternehmen, ob börsennotiert oder nicht, haben hier Niederlassungen und unterliegen damit den Regelungen von SB-253 und SB-261. Dies gilt auch für Konzerne mit Sitz im Ausland, beispielsweise in Deutschland.

Kalifornien verklagt fünf Energiekonzerne

Doch nicht nur SB-253 und SB-261 haben in den vergangenen Wochen landesweit für Aufmerksamkeit gesorgt. Mindestens ebenso viel Beachtung fand die Zivilklage, die der Bundesstaat Kalifornien gegen fünf der weltweit größten Öl- und Gaskonzerne eingereicht hat. In der 135-seitigen Klageschrift an das Oberlandesgericht (State Superior Court) in San Francisco wird Exxon Mobil, Shell, Chevron, Conoco Phillips, BP sowie der Lobbyorganisation The American Petroleum Institute vorgeworfen, die Öffentlichkeit vorsätzlich über die Gefahren fossiler Energien getäuscht zu haben.

„Seit mehr als 50 Jahren belügt uns Big Oil und verheimlicht die Tatsache, dass sie schon lange wissen, wie gefährlich die von ihnen produzierten fossilen Brennstoffe für unseren Planeten sind“, heißt es in einer Erklärung von Gouverneur Newsom.

Die Wissenschaftler der genannten Unternehmen wüssten bereits seit den 1950er Jahren um die gravierenden Auswirkungen der Verbrennung fossiler Energieträger auf das Klima, so die Klage. Statt entsprechend zu handeln, hätten sie jedoch spätestens in den 1970er Jahren eine Desinformationskampagne gestartet, um die wissenschaftliche Diskussion über den Klimawandel und seine Risiken zu diskreditieren.

Unternehmen sollen für klimabedingte Schäden aufkommen

In der Klage werden die Unternehmen unter anderem beschuldigt, den Klimawandel in Kalifornien verursacht oder dazu beigetragen zu haben, irreführende Werbung betrieben, natürliche Ressourcen geschädigt und die Öffentlichkeit durch illegale Geschäftspraktiken über den Klimawandel getäuscht zu haben.

„Die kalifornischen Steuerzahler sollten nicht für Schäden in Milliardenhöhe aufkommen müssen – für Waldbrände, die ganze Gemeinden auslöschen, für giftigen Rauch, der unsere Luft verpestet, für tödliche Hitzewellen und für rekordverdächtige Dürreperioden, die unsere Brunnen versiegen lassen“, so Newsom.

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