Bundesverkehrsminister Wissing will mehr Autobahnen bauen. Experten sagen: Neue Straßen braucht es nicht. Das "Verkehrsmodell der vergangenen 130 Jahre" sei überholt.
Das Umweltbundesamt lehnt einen beschleunigten Bau neuer Autobahnen ab. Man habe in Deutschland bereits eines der dichtesten Straßennetze der Welt, sagte Behördenchef Dirk Messner den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Die Qualität nimmt zwar ab, weil wir nicht für die Modernisierung gesorgt haben. Diese steht jetzt an. Aber das Straßennetz ist im Großen und Ganzen ausreichend."
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will den Bau von Autobahnen beschleunigen. Kürzlich war eine Prognose im Auftrag seines Ministeriums veröffentlicht worden, wonach bis 2051 der Güterverkehr im Vergleich zu 2019 um fast die Hälfte zunimmt. Bei der Straße wird mit einem Zuwachs um 54 Prozent gerechnet, der Güterverkehr auf der Schiene nehme um ein Drittel zu. Wissing fordert deshalb einen "leistungsfähigen und klimaneutralen Verkehrsträger Straße" und will vor allem Autobahnen schneller bauen lassen.
"Ministerium verteidigt Verkehrsmodell der vergangenen 130 Jahre"
Messner zufolge lässt sich das Verkehrsproblem aber nicht durch den Bau neuer Straßen beseitigen. "Verkehrsstudien zeigen, dass mit wachsendem Angebot der Infrastruktur auch der Verkehr wächst", sagte der Chef des Umweltamts. Deutschland habe bereits eines der dichtesten Straßennetze der Welt.
Messner kritisierte, das Verkehrsministerium habe keinen Plan vorgelegt, wie es das Land im Verkehr zu Klimaneutralität bringen wolle. "Deutschland hängt im Verkehrssektor weit zurück. Man könnte zuweilen den Eindruck haben, im Verkehrsministerium wird das Verkehrsmodell der vergangenen 130 Jahre verteidigt."
Das Umweltbundesamt wirbt hingegen für ein Tempolimit von 120 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen und Tempo 80 auf Landstraßen. Damit könne ein Sechstel der notwendigen Treibhausgasreduktion im Verkehrssektor erreicht werden. Notwendig sei auch, mehr Verbrenner durch Elektroautos zu ersetzen, und dass die Menschen mehr Busse und Bahnen nutzen.
Umweltministerin skeptisch über Studienprognose
Zuletzt hatte auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) die Prognose eines stark wachsenden Güterverkehrs auf der Straße infrage gestellt. "Ich bin skeptisch, ob alle prognostizierten Bedarfe so eintreten werden", sagte sie dem Nachrichtenportal t-online. "Es muss da reagiert werden, wo konkret Bedarf ist", sagte Lemke. "Beim Ausbau der Elbe hat man auch über viele Jahre mit einem Bedarf argumentiert, der nie auch nur ansatzweise eingetreten ist." (wo ist Özdemir? Warum steht er nicht neben Steffi Lemke?)
Die Ministerin spricht sich dafür aus, das vorhandene Straßennetz zu ertüchtigen – also zu sanieren und instand zu halten. Das betreffe vor allem Hunderte sanierungsbedürftige Brücken.
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