Ziviler Ungehorsam ist en vogue in
der Klimaschutzbewegung. Schüler*innen
von Fridays for Future (FFF) schwänzten monatelang freitags die Schule (und
würden es wohl noch tun, wenn Corona nicht wäre), Aktivist*innen von Ende
Gelände (EG) besetzen Braunkohletagebaue und gefährdete Wälder, Rebell*innen
von Extinction Rebellion (XR) blockieren Straßen, kleben sich an Partei- und
Konzernzentralen. Mit der angekündigten „Massenblockade“ auf der A100 durch
Sand im Getriebe (SiG) am Samstag kommt ein neuer Zielort für Proteste hinzu:
Autobahnbaustellen.
Dass
immer mehr unbescholtene Bürger*innen es wagen, die Schwelle des erlaubten
Protests zu übertreten und den Konflikt mit dem Gesetz suchen, hat zwei
Gründe.
Da ist zum einen die Bedrohung durch die Klimakrise, die
existenzielle Angst vor einer globalen Vernichtung von Leben und Lebensräumen,
die aus Sicht der Aktivist*innen sofortiges Handeln erfordert. „Wir
sind mitten drin in der Klimakatastrophe, dies ist die letzte Chance etwas zu
ändern“, sagt Lou Winters, Sprecherin der Berliner Gruppe von SiG.
Hinzu
kommt der Frust, dass legale Protestformen nichts geändert haben. „Die Politik
versagt, handelt nur im Interesse von Konzernen. Darum müssen wir mit unseren Körpern dafür sorgen, dass
etwas passiert“, glaubt Winters. Ähnlich sieht es Tino Pfaff, Sprecher von XR:
„Seit 40 Jahren reden wir über die Bedrohungen durch die Klimakrise. Menschen
demonstrieren, schreiben Petitionen – nichts hat gewirkt.“ Darum müsse man mit
„symbolischen Aktionen“ wie Straßenblockaden „größtmögliche Aufmerksamkeit für
das Thema erzielen“.......
Und das
ist auch für die "Ravensburger Vorverurteilungs-Gemeinschaft" ganz interessant:
Zentral
ist die Gewaltfrage in der juristischen Auseinandersetzung. Wie Celikates erklärt, kann laut Bundesgerichtshof und BVerfG
schon eine Straßenblockade „Nötigung mit Gewalt“ sein. Dagegen stehe allerdings
das Recht auf Versammlungsfreiheit, „so dass Richter und Staatsanwälte
diesen Weg nicht gehen müssen.“
Tatsächlich
sind Verurteilungen wegen Nötigung nach Straßenblockaden eher selten, so die
Erfahrung von Lukas Theune. ..... Meist habe es Anklagen wegen Widerstands
gegen Vollstreckungsbeamte gegeben, sagt er; dies aber nur für Aktivist*innen,
die sich angekettet hatten, etwa an Fahrzeuge – nicht für diejenigen, „die nur
auf der Straße saßen“. Die meisten dieser Verfahren seien wegen
Geringfügigkeit eingestellt worden. „Manche Richter haben auch gesagt,
sie würden es honorieren, dass sich junge Leute dafür einsetzen, dass es den
Planeten noch eine Weile gibt.“
Aber auch eine Warnung an die Aktivisten:
Celikates
warnt ebenfalls vor der Illusion, dass die Adressaten von Klimaprotesten
nicht alles unternehmen würden, um die Bewegung zu kriminalisieren. „Die
Konzerne haben enorme Druckmittel und Ressourcen. Auch Teile der
Politik werden alles versuchen, um deren Interessen zu verteidigen.“ So
stünden die Besetzer*innen von Ende Gelände ja schon als „Linksradikale“ im
Verfassungsschutzbericht.
Gut
möglich also, dass es der Klimabewegung so ergeht wie früheren Bewegungen des
zivilen Ungehorsams. Oft war es nämlich so, sagt Celikates: „Zu ihrer
Zeit wurden sie als Terroristen bezeichnet. Für uns heute sind sie Helden.“
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