Montag, 21. Juni 2021

"Der Aufbruch muss warten" und "Wunderglaube nötig"

 Analyse des Union-Wahlprogramms vom ZDF  hier

Wahlprogramm von CDU und CSU: Nur nicht konkret

Ähnlich unkonkret wird auch das Thema Klima beschrieben. Einzig beim Ziel der Klimaneutralität hat sich die Union auf eine Zielzahl festgelegt: Im Jahr 2045 soll Deutschland diese Zielmarke erreicht haben. Alle anderen wichtigen Zielmarken bleiben nebulös.

So will man den "Aufwuchspfad der CO2-Bepreisung straffen", eine Formulierung, die sich um konkrete Zahlen für den künftigen CO2-Preis herumdrückt. Wer solche Zahlen nennt, riskiert, dass man daraus auch ganz konkrete Kostensteigerungen bei Benzin oder Heizung ableiten kann. Eine bittere Erfahrung, die die Grünen gerade machen mussten und die die Union jetzt vermeiden will.

Gewünschter Nebeneffekt: Sollte es zu einer Koalition mit den Grünen kommen, muss die Union beim Thema Klima nicht irgendwelche Ziele preisgeben, weil man sie ja gar nicht formuliert hat. Der künftige Koalitionspartner bekommt so schon heute mal prophylaktisch den schwarzen Peter für Energie-Preissteigerungen zugeschoben. Dabei hatte doch Unionsfraktionschef Brinkhaus schon letzte Woche zugegeben, auch mit der Union wird der 
Spritpreis steigen.

Aufbruch? Später!
Auch bei der Präsentation des einstimmig beschlossenen Programmes beschwor der CDU-Vorsitzende Armin Laschet noch mal den "Modernisierungsschubs für Deutschland", der jetzt nötig sei und den dieses Programm liefern würde. Doch für die Beobachter ist von diesem "Epochenwechsel" auf den 139 Seiten nicht ganz so viel zu finden.

Das Wort "Aufbruch" kommt im ganzen Text nur fünfmal vor, während das Wort "Sicherheit" insgesamt 137 Mal aufgezählt wird - von der sozialen Sicherheit bis zur inneren Sicherheit. Dieses Programm atmet in seiner ganzen Fülle die Bewältigung der finanziellen Krise nach der 
Corona-Pandemie. Der Aufbruch muss erst mal warten.  


auch im Südkurier gab es am 21.06.2021 einen harschen Kommentar auf Seite 1 hier
Von Christian Grimm, Berlin

Kommentare: CDU: Wunderglaube nötig

Dass Wahlversprechen keine unumstößlichen Wahrheiten sind, wissen die Wähler.
In Sachen Finanzen und Geld ist aber gut 100 Tage vor der Wahl bei CDU und CSU ein Wunderglaube nötig, damit das Konzept den Wirklichkeitstest bestehen könnte.
Die Union verspricht ein magisches Dreieck aus sinkenden Steuern im Milliardenumfang, ohne die wegfallenden Einnahmen durch Einsparungen an anderer Stelle ausgleichen zu wollen. Gleichzeitig soll zum Staatshaushalt ohne große Schulden zurückgekehrt werden. Sich den Wählern damit als Lager der finanzpolitischen Vernunft zu verkaufen, muss man sich erst einmal trauen. Tollkühn wird es regelrecht, wenn sie dann noch die Grünen als Partei der besserverdienenden Akademiker attackiert, denen es ja egal sein kann, wenn Fliegen und Autofahren teurer wird. Würde das Finanzkapitel von CDU und CSU tatsächlich Wirklichkeit, würden die Schwesterparteien ausgerechnet jene Gutsituierten entlasten und nicht die kleinen Leute vom Land. 


am 22.06.2021 wird der Kommentar, bezogen auf Armin Laschet, weitergeführt hier
Von Christian Grimm, Berlin

Armin Laschet Ganz wie Angela Merkel

Eigentlich ist es ein Schuldeingeständnis. Seit über anderthalb Jahrzehnten bestimmen CDU und CSU die Geschicke des Landes unter der Führung ihrer Kanzlerin Angela Merkel. Am Ende dieser Ära rufen sie jetzt in ihrem Wahlprogramm ein Modernisierungsjahrzehnt aus. Ausgerechnet jene beiden Parteien wollen es gestalten, die zugelassen haben, dass Deutschland in vielen Bereichen veraltet und träge ist.

Nach der Wahl im September, verspricht die Union, soll Deutschland entfesselt werden. Den bürokratischen Dschungel stutzen, weniger Gesetze verabschieden, weniger Steuern kassieren, Genehmigungsverfahren verkürzen und dadurch Wirtschaft und Bürgern Luft zum Atmen geben – das ist die Vision, die unter einem Kanzler Armin Laschet Wirklichkeit werden soll. Dass das geschieht, ist aber höchst unwahrscheinlich. Denn die Forderung nach dem Abbau von Bürokratie ist ein jahrzehntealter Wahlkampfschlager, der wenige Monate, bevor die Wähler entscheiden, regelmäßig aus der Schublade gezogen wird. Tatsächlich ist das Gestrüpp staatlicher Vorgaben immer dichter geworden.......
Auf einen Nenner gebracht, verspricht die Union einen Wandel im Staatsverständnis, den sie zwar nicht umsetzen wird, vor dem sich die Leute aber dennoch nicht fürchten sollen. Das ist ziemlich genau die Methode, mit der Angela Merkel regiert hat.

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