Donnerstag, 24. Juni 2021

"INTELLEKTUELLER UND FAIRER AUSTAUSCH "

 Bericht von der Homepage  hier übernommen

Wald oder Kiesabbau?

Wirtschaftlichkeit kontra Klimaschutz in der Region Bodensee-Oberschwaben - die Katholische Arbeitnehmerbewegung lud zum digitalen Dialog.

Obwohl sich die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) in der Diözese Rottenburg-Stuttgart eher auf der Seite der Klimaaktivisten im Altdorfer Wald sieht, will sie zwischen unterschiedlichen Positionen vermitteln. So rief der Verband zusammen mit der Erwachsenenbildung und der Betriebsseelsorge ökumenisch ein zunächst dreiteiliges digitales Dialogformat ins Leben. Die Möglichkeit eines moderierten Gesprächs zwischen den Parteien unter Beteiligung der Bevölkerung sei ein Novum, erfuhr KAB-Diözesansekretärin Svenja Gruß von verschiedenen Seiten.

"Es geht um die Grundsatzfrage: Wie wollen wir leben?", brachte Moderator Ulrich Mendelin von der Schwäbischen Zeitung am Dienstagabend das Dilemma auf den Punkt. In der Diskussion zwischen Wilfried Franke, Direktor des Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben, und Verwaltungswissenschaftler Manfred Walser von Scientists for Future (Wissenschaftler für die Zukunft) vor bis zu 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Videokonferenz wurde deutlich, dass es zwischen Wirtschaftswachstum, freier Wohnortwahl und Klimaschutz abzuwägen gilt.

Erhalt des Waldes oder Kiesabbau

Hintergrund der Kontroverse, wo bei diesen Themen der Schwerpunkt zu setzen sei, ist die Fortschreibung des Entwicklungsplans der Region Bodensee-Oberschwaben für die nächsten 20 Jahre. Am Freitag soll der Plan in die Regionalversammlung zur Beratung und eventuell zur Abstimmung kommen. In der aktuellen Vorlage des Regionalplans wird beispielsweise auf einer elf Hektar großen Fläche im Altdorfer Wald Kiesabbau grundsätzlich erlaubt. Dagegen und gegen andere aus ihrer Sicht nicht klimagerechte Vorgaben gehen Aktivistinnen und Aktivisten seit Monaten auf die Bäume.

Im Wald selbst bauten die meist jungen Menschen aus der ganzen Bundesrepublik bei Vogt ein Dorf aus 15 Baumhäusern und befestigten Transparente. Sie kletterten zwischenzeitlich auch in Ravensburg, Weingarten und am Bodensee ohne Genehmigung auf Bäume, um auf notwendige Maßnahmen zum Klimaschutz aufmerksam zu machen, was Polizeieinsätze auslöste. In der ersten Videokonferenz am 2. Juni schaltete sich Samuel Bosch direkt aus einer Buche zu, argumentierte sehr sachlich und zeigte auch in Detailfragen hohe Kompetenz, wie die KAB berichtet.

Moderator Ulrich Mendelin (Schwäbische Zeitung - o.l.), Wilfried Franke (Regionalverband Bodensee-Oberschwaben - o.r.) und Manfred Walser (Scientists for Future - u.) - Screenshot: Dr. Anja Hirscher

Kirchlicher Verband als Moderator

"Wir verstehen uns hier als Moderierende, die zwischen den Fronten den Austausch befördern", erklärt Anja Hirscher, bei der KAB Bildungsreferentin für Nachhaltigkeit. So zeigte sich, dass sich die beiden Referenten am Dienstag in der Sache einig waren. Der Klimaschutz müsste eine stärkere Rolle spielen. Wilfried Franke verwies dabei aber auf die lange Vorlaufzeit und hält zuerst politische und gesetzliche Vorgaben für notwendig, um das Ziel zu erreichen. Er hätte sich ein früheres Aufbegehren der Kritiker gewünscht, um ihre Einwände zu bverücksichtigen.

Manfred Walser setzt eher auf kreative und innovative Beteiligungsprozesse, wie er sie beispielsweise aus Vorarlberg kennt. Den Wunsch nach stärkerer Bürgerbeteiligung kann auch die KAB erkennen. Er tauchte in den Fragen und Anmerkungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Chat auf und zeigt sich in der aktiven Unterstütung der Baumaktivisten durch die Anwohner. In der Regionalversammlung sind etwa die Hälfte Bürgermeister und Landräte. Frauen und junge Menschen sind unterrepräsentiert. Bei diesem kontrovers diskutierten Thema wollte die KAB Akteure und Interessierte direkt ins Gespräch bringen. "Dies ist uns gelungen", freut sich Svenja Gruß.


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