Wirtschaftlichkeit kontra Klimaschutz in der Region Bodensee-Oberschwaben - die Katholische Arbeitnehmerbewegung lud zum digitalen Dialog.
Obwohl sich die Katholische
Arbeitnehmerbewegung (KAB) in der Diözese Rottenburg-Stuttgart eher
auf der Seite der Klimaaktivisten im Altdorfer Wald sieht, will sie zwischen
unterschiedlichen Positionen vermitteln. So rief der Verband zusammen mit
der Erwachsenenbildung und
der Betriebsseelsorge ökumenisch ein zunächst dreiteiliges
digitales Dialogformat ins Leben. Die Möglichkeit eines moderierten Gesprächs
zwischen den Parteien unter Beteiligung der Bevölkerung sei ein Novum, erfuhr
KAB-Diözesansekretärin Svenja Gruß von verschiedenen Seiten.
"Es geht um die
Grundsatzfrage: Wie wollen wir leben?", brachte Moderator Ulrich Mendelin
von der Schwäbischen
Zeitung am Dienstagabend das Dilemma auf den Punkt. In der
Diskussion zwischen Wilfried Franke, Direktor des Regionalverbands
Bodensee-Oberschwaben, und Verwaltungswissenschaftler Manfred Walser
von Scientists for Future (Wissenschaftler für die Zukunft)
vor bis zu 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Videokonferenz wurde
deutlich, dass es zwischen Wirtschaftswachstum, freier Wohnortwahl und
Klimaschutz abzuwägen gilt.
Erhalt des Waldes oder Kiesabbau
Hintergrund der
Kontroverse, wo bei diesen Themen der Schwerpunkt zu setzen sei, ist die
Fortschreibung des Entwicklungsplans der Region Bodensee-Oberschwaben für die
nächsten 20 Jahre. Am Freitag soll der Plan in die Regionalversammlung zur
Beratung und eventuell zur Abstimmung kommen. In der aktuellen Vorlage des
Regionalplans wird beispielsweise auf einer elf Hektar großen Fläche im
Altdorfer Wald Kiesabbau grundsätzlich erlaubt. Dagegen und gegen andere aus ihrer
Sicht nicht klimagerechte Vorgaben gehen Aktivistinnen und Aktivisten seit
Monaten auf die Bäume.
Im Wald selbst bauten
die meist jungen Menschen aus der ganzen Bundesrepublik bei Vogt ein Dorf aus
15 Baumhäusern und befestigten Transparente. Sie kletterten zwischenzeitlich
auch in Ravensburg, Weingarten und am Bodensee ohne Genehmigung auf Bäume, um
auf notwendige Maßnahmen zum Klimaschutz aufmerksam zu machen, was
Polizeieinsätze auslöste. In der ersten Videokonferenz am 2. Juni schaltete
sich Samuel Bosch direkt aus einer Buche zu, argumentierte sehr sachlich und
zeigte auch in Detailfragen hohe Kompetenz, wie die KAB berichtet.
Moderator Ulrich Mendelin (Schwäbische Zeitung - o.l.), Wilfried Franke (Regionalverband Bodensee-Oberschwaben - o.r.) und Manfred Walser (Scientists for Future - u.) - Screenshot: Dr. Anja Hirscher
Kirchlicher Verband als Moderator
"Wir verstehen
uns hier als Moderierende, die zwischen den Fronten den Austausch
befördern", erklärt Anja Hirscher, bei der KAB Bildungsreferentin für
Nachhaltigkeit. So zeigte sich, dass sich die beiden Referenten am Dienstag in
der Sache einig waren. Der Klimaschutz müsste eine stärkere Rolle spielen.
Wilfried Franke verwies dabei aber auf die lange Vorlaufzeit und hält zuerst
politische und gesetzliche Vorgaben für notwendig, um das Ziel zu erreichen. Er
hätte sich ein früheres Aufbegehren der Kritiker gewünscht, um ihre Einwände zu
bverücksichtigen.
Manfred Walser setzt
eher auf kreative und innovative Beteiligungsprozesse, wie er sie
beispielsweise aus Vorarlberg kennt. Den Wunsch nach stärkerer
Bürgerbeteiligung kann auch die KAB erkennen. Er tauchte in den Fragen und
Anmerkungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Chat auf und zeigt sich in
der aktiven Unterstütung der Baumaktivisten durch die Anwohner. In der
Regionalversammlung sind etwa die Hälfte Bürgermeister und Landräte. Frauen und
junge Menschen sind unterrepräsentiert. Bei diesem kontrovers diskutierten
Thema wollte die KAB Akteure und Interessierte direkt ins Gespräch bringen.
"Dies ist uns gelungen", freut sich Svenja Gruß.
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