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Die Atomindustrie erlebt gerade ihr bizarrstes Paradox: Ihr größter Befürworter könnte sie versehentlich zerstören.
Donald Trump will die Atomkraft in den USA vervierfachen. Gleichzeitig kappt er die Förderungen, die neue Reaktoren überhaupt erst möglich machen würden.
Die Zahlen zeigen: Ohne staatliche US-Förderungen wären neue herkömmliche Atomkraftwerke doppelt so teuer – und damit kaum wettbewerbsfähig. Mit Förderung könnte eine Megawattstunde Atomstrom 96 Dollar kosten (was immer noch teuer ist!).
Das Timing ist aber besonders brutal für kleine modulare Reaktoren (SMR), die als die Zukunft der Industrie gepriesen werden.
Genau jetzt beginnen die ersten Prototypen vom Reißbrett in die Realität zu wandern. In Kanada wurde gerade eine 300-MW-Anlage von GE Hitachi genehmigt, in Tennessee ist eine weitere beantragt.
Aber SMRs sind bisher noch riskanter und damit teurer als herkömmliche Anlagen, weil die Industrie kaum Erfahrungen sammeln konnte.
Der erste US-Prototyp von Nuscale scheiterte bereits, weil die geschätzten Kosten von 55 auf 89 Dollar pro Megawattstunde explodierten. Eine Studie des Öko-Instituts zeigt, dass 3000 (!) SMRs gebaut werden müssten, bis sie so billig Strom produzieren können wie herkömmliche AKWs.
Die KI-Riesen sind die einzige Hoffnung der Branche. Google hat gerade eine 1,8-GW-Partnerschaft mit dem AKW-Entwickler Elementl unterschrieben, Amazon sicherte sich 320 MW von X-Energy. Sie haben den Bedarf und die Risikolust für teure Prototypen.
Aber selbst die Tech-Giganten werden die Industrie nicht allein retten können. Microsoft und Amazon kündigen bereits Vorverträge für neue Rechenzentren. Die jüngsten SMR-Partnerschaften könnten die vorerst letzten sein.
Ich lege mich fest: Sollten die USA bei der angedachten Förderrichtlinie bleiben, werden SMRs keine Rolle im Energiesystem der Zukunft spielen. Sie werden enden wie die Schnellen Brüter in den 1970er Jahren – als teure Investitionsruine.
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hier Cleanteching Rico Grimm 27.5.25
Sein neues Haushaltsgesetz streicht wichtige Förderungen
 Donald Trump will die Menge des in den USA produzierten Atomstroms innerhalb von zehn Jahren vervierfachen. Gleichzeitig kappen er und die Republikaner gerade die Förderungen, die neue Reaktoren überhaupt erst möglich machen würden. Das Timing dieser Gesetze ist aus Sicht der SMR-Industrie brutal. Denn genau jetzt beginnt sie, erste Prototypen zu planen und zu bauen. Das neue Haushaltsgesetz will den Ausbau erneuerbarer Energie stoppen – trifft aber auch AKWs
Das US-Repräsentantenhaus hat auf Druck von Donald Trump ein neues Haushaltsgesetz verabschiedet, das zwei staatliche Förderungen für saubere Energie zusammenstreicht. Die Steuererleichterungen für neue Anlagen sollen schrittweise auslaufen. Eine Anlage, die nach 2031 in Betrieb geht, wird keine Förderung mehr erhalten. Es gibt ein Schlupfloch: Anlagen, die vor 2029 in den Bau gehen, bekommen noch die vollen Förderungen. Planungsvorlauf für solche Anlagen sind vier bis sechs Jahre. Das bedeutet: Nur Anlagen, die jetzt fest geplant werden, hätten noch eine Chance auf Förderungen. Zugleich wird es für Unternehmen schwerer, auf die großzügigen Kreditprogramme des US-Energieministeriums zurückzugreifen. In der Folge müssten Entwickler die vollen Kreditrisiken für ihre Projekte allein schultern. (Q, Q) Der US-Senat muss dem Gesetz noch zustimmen. Das ist mehr als nur eine Formsache, kann aber Monate dauern. Dieses Gesetz trifft eine Industrie, die sich mit ihren kleinen Reaktoren gerade warm läuft für Größeres. Alte Player wie Westinghouse, EDF oder Hitachi arbeiten genauso an konkreten Designs wie Startups (z.B. Oklo, Terrapower). In der kanadischen Provinz Ontario haben die Behörden den Bau einer 300-MW-Anlage von GE Hitachi genehmigt. Im US-Bundesstaat Tennesse hat der örtliche Energieerzeuger eine Anlage des gleichen Typs beantragt. China baut auf der Insel Hainan bereits einen 130-MW-Reaktor des Typs Linglong One, Inbetriebnahme Ende 2026, Baufortschritt im Rahmen (PDF). 🍏 Was ich denke Es ist Crunchtime für SMRs. Genau jetzt entscheidet sich, ob diese Technologie im Westen eine Rolle spielen kann. Entweder sie kann auch als Grundlasttechnologie absehbar Marktanteile in einem von Erneuerbaren dominierten Energiesystem gewinnen oder sie endet wie die Schnellen Brüter in den 1970er und 1980er Jahren als Investitionsruine. Auch damals schon glaubten Atomforscher den Schlüssel gefunden zu haben, um Atomkraft auf die nächste Stufe zu heben. Sie scheiterten an technischen Schwierigkeiten und nicht abschätzbaren Kosten. SMRs haben die gleichen Probleme. Es gibt keine Prototypen und damit auch keine wirklich verlässlichen Kostenschätzungen. Klar sind nur zwei Dinge. - Erstens, die staatlichen Förderungen in den USA geben für die dortige AKW-Industrie dringend benötigte Planungssicherheit. Eine Beispielrechnung: Die Subventionen können laut Regierungsangaben die Stromkosten eines typischen neuen Leichtwasserreaktors um 50% senken (hellgrüner Pfeil). $96 für die MWh seien möglich. (siehe dazu auf Original-Seiten) Mit den subventionierten $96 für die Megawattstunde könnten neue herkömmliche Reaktoren gerade so am Markt mithalten.
Ohne Förderungen wären die Kosten doppelt so hoch und neue Reaktoren kaum wettbewerbsfähig, wie die Kostenkurven der Beratungsagentur Lazard zeigen. Viele andere Energiequellen wären billiger
- Für SMRs gibt es keine verlässlichen Zahlen, da es keine SMRs gibt. Aber der erste Prototyp der US-Firma Nuscale scheiterte, weil die geschätzten Kosten von $55/MWh auf $89/MWh stiegen. Selbst diese höhere Schätzung war ambitioniert für eine Anlage komplett neuen Typs.
Denn zweitens werden die ersten Anlagen die teuersten, weil noch keine Lerneffekte greifen können. Fällt ausgerechnet bei ihnen staatliche Förderung weg, bleiben nur noch private Firmen als Investoren für die ersten Anlagen.
Und da gibt es nur eine Gruppe, die das Geld, die Risikobereitschaft und vor allem den Bedarf hat: die KI-Hyperscaler, die in den vergangenen Jahren Dutzende neue gigantische Rechenzentren gebaut haben. Google hat gerade eine 1,8-GW-Partnerschaft mit dem AKW-Entwickler Elementl unterschrieben. Im Herbst 2024 ging die IT-Firma bereits eine 500-MW-Partnerschaft mit Kairos ein, die auch SMRs bauen wollen. Amazon sicherte sich 320 MW mit einem Design von X-Energy.
Zeitrahmen für alle diese Projekte sind sechs Jahre – hoffen jedenfalls die Entwickler. Aber noch nie wurde in den USA ein AKW in sechs Jahren gebaut.
Während die kleinen Reaktoren geplant werden, sinken die Kosten von Solaranlagen und Batteriezellen, werden Netze digitalisiert und neue Windparks errichtet. Die Konkurrenz wird stärker. Auch Rechenzentren lassen sich mit einigen Designänderungen allein mit Solar und Speichern unabhängig vom Netz betreiben. Zudem ist überhaupt nicht sicher, dass die KI-Riesen weiterhin so schnell Rechenzentren bauen wie in den vergangenen Jahren. Microsoft und Amazon hatten bereits entsprechende Vorverträge für neue Rechenzentren gekündigt. Die jüngsten Partnerschaften mit SMR-Startups könnten die vorerst letzten sein. Sicher, andere Länder als die USA entwickeln auch SMRs. In Frankreich arbeiteten die Ingenieure von EDF vier Jahre an einem eigenen Design. Das mussten sie aber im Sommer 2024 verwerfen. Die Gründe? Na klar: technische Schwierigkeiten und hohe Kosten. Sollten die USA bei der angedachten Förderrichtlinie bleiben, lege ich mich fest: SMRs werden keine Rolle im Energiesystem der Zukunft spielen. |
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