Harald M. Depta hier auf LinkedIn
Eine bemerkenswerte Wende in der deutschen Energiepolitik: Wirtschaftsministerin Katherina Reiche muss ihre ambitionierten Pläne für 20 Gigawatt neue Gaskraftwerke halbieren und greift nun ausgerechnet auf die Vorarbeiten ihres grünen Vorgängers Robert Habeck zurück.
Die EU-Beihilferegelungen erweisen sich als unüberwindbare Hürde für schnelle Lösungen.
Das politische Paradox ist bemerkenswert: Dieselbe CDU/CSU, die das Kraftwerkssicherheitsgesetz im Bundestag blockierte und Habecks Ansatz als “ideologisch” kritisierte, ist nun gezwungen, genau diese bereits mit Brüssel verhandelten Pläne zu übernehmen. Unionsfraktionsvize Jens Spahn hatte dem Gesetz die Zustimmung verweigert und stattdessen 20 Gigawatt “von der Stange” gefordert. Kanzler Friedrich Merz versprach im Wahlkampf sogar 50 neue Gaskraftwerke - obwohl die beihilferechtlichen Probleme längst bekannt waren.
Nun zeigt sich die Realität: Reiches “Schnellboot-Strategie” umfasst exakt die von Habeck bereits genehmigten zehn Gigawatt - fünf Gigawatt konventionelle Gaskraftwerke plus fünf Gigawatt wasserstofffähige Anlagen. Die restlichen zehn Gigawatt sollen später über marktwirtschaftliche Mechanismen entstehen, deren Umsetzung jedoch völlig ungewiss ist.
Die Zeitpläne bleiben kritisch: Bis 2030 müssen diese Backup-Kraftwerke für “Dunkelflauten” stehen, um den Kohleausstieg zu ermöglichen. Bei fünf Jahren Bauzeit müssen die Ausschreibungen noch 2025 erfolgen. Drei Jahre Verhandlungszeit mit der EU gehen verloren, weil die Union damals ideologische Differenzen über pragmatische Lösungen stellte.
Immer wieder führen politische Empfindlichkeiten zu Verzögerungen, Verwirrungen und Behinderungen. Politische Blockade trifft auf regulatorische Realitäten. Die EU-Beihilferegeln sind kein bürokratisches Hindernis, sondern schützen vor Marktverzerrungen und sichern Klimaziele. Dass ausgerechnet die einstigen Kritiker nun die Habeck-Pläne reaktivieren müssen, zeigt die Schwäche populistischer Versprechungen. Die zehn Gigawatt reichen möglicherweise nicht aus - Deutschland könnte später teuer nachsteuern müssen, während wertvolle Jahre verloren gingen.
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