Donnerstag, 11. Januar 2024

AfD-Politiker diskutierten »Masterplan« zur Vertreibung von Millionen Menschen

Erst vor Kurzem haben wir den "Aufmarsch" der AFD vor Ort erlebt. Noch war es ein mickriger Haufen, verglichen mit der Versammlungsanmeldung von 100 Teilnehmern. Aber inzwischen wissen wir, dass auf den Bauerndemos ganz gehörig geschürt wird. Und wenn man da so zuhört, dann fällt der Samen auf fruchtbaren Boden....

ZDF  hier  11.01.2024 mit Video

Beim Geheimtreffen von AfD und Neonazis sei "die Vertreibung deutscher Staatsbürger mit Migrationshintergrund" besprochen worden, so Reporter Bensmann im ZDF. Das sei "ernst".

Bild unten: Nein, nicht in Sachsen sondern vor unserer Haustür, und das erst vor wenigen Wochen:
AFD-Demo in Salem, Versammlungsleiter war ein  Politik-Lehrer in Ravensburg.....










Das Recherchenetzwerk Correctiv hat berichtet, dass sich AfD-Politiker, Neonazis und Unternehmer im November 2023 getroffen haben, um die Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland zu besprechen. Das müsse man "sehr ernst nehmen", sagt Correctiv-Reporter Marcus Bensmann im ZDF.

Im Interview mit dem heute journal update stellt Correctiv-Reporter Bensmann fest, dass  man die Abschiebefantasien der AfD ernst nehmen müsse:

Bensmann betont, dass er die Abschiebefantasien der AfD-Mitglieder "sehr ernst nehmen" würde. Die Fantasien seien nicht zum ersten Mal formuliert worden, Martin Sellner von der Identitären Bewegung habe darüber mehrere Bücher geschrieben.

"Auch der EU-Spitzenkandidat der AfD Maximilian Krah spekuliert über dieses Wort Remigration, was eigentlich nur mit Vertreibung zu übersetzen ist", macht Bensmann klar.

Auf die Frage nach der Umsetzbarkeit dieser Fantasien, sagt Bensmann: "Es sind Hinrgespinste einer Partei, die in Umfragen bei 24 Prozent liegt und in den neuen Bundesländern mit Abstand die stärkste Partei werden könnte."

Hirngespinste, die in diese politischen Hände geraten, die mit solchen politischen Mehrheiten operieren könnten, sind gefährlich.

"Unsere Quellen sind recht belastbar, wir haben Dokumente, wir haben Kopien von Briefen, wir haben Fotos von innen und von außen und wir haben Filmaufnahmen, und wir haben Quellen, die uns das, was dort gesagt wurde, sehr sehr vertrauensvoll übermittelt haben, so dass wir davon ausgehen und dafür sicher sind, dass die Geschichte, die auf diesen Quellen beruht, stimmt", sagt Bensmann.

... die Vertreibung als Jahrzehnteprojekt angedacht ist

Hochrisant sei, dass Teile der AfD, "akzeptiert haben, in einer Veranstaltung einem Masterplan zu folgen, der nur ein Ziel hat, nämlich die Vertreibung deutscher Staatsbürger mit Migrationshintergrund", sagt Bensmann.

Es sei ausgesprochen wurden, dass "man mit entsprechenden Gesetzesmaßnahmen und Anpassungsdruck langfristig als Jahrzehnteprojekt versucht, Millionen Menschen, darunter auch deutsche Staatsbürger aus diesem Land zu vertreiben".

Darüber hinaus habe der Organisator der Veranstaltung Gernot Mörig vorgeschlagen, "man sollte auch gleich eine Experten-Kommission gründen, die diese Remigration oder Vetreibung nach ethischen, rechtlichen und logistischen Gesichtspunkten prüfen sollte".

Das Interview führte ZDF-Moderatorin Nazan Gökdemir.

Quelle: ZDF


Spiegel hier  10.01.2024

Correctiv-Recherchen

AfD-Politiker diskutierten »Masterplan« zur Vertreibung von Millionen Menschen

Bei einem konspirativen Treffen sollen einflussreiche AfD-Politiker mit Rechtsextremen einen rassistischen Plan besprochen haben: Millionen Menschen mit Migrationshintergrund sollten aus Deutschland abgeschoben werden.

Bei einem Treffen Ende November in einem Hotel in Potsdam sollen einflussreiche AfD-Politiker und -Politikerinnen gemeinsam mit anderen Rechtsextremen und Vertretern von Rechtsaußen beraten haben, wie sie Menschen mit Migrationshintergrund massenhaft aus Deutschland abschieben oder verdrängen können. Auch, wenn diese deutsche Staatsbürger sind.

Das zeigt eine Recherche von Correctiv , die am Mittwoch veröffentlicht wurde, inklusive Fotos der Teilnehmer. Die Umweltorganisation Greenpeace hat Correctiv zudem Dokumente zur Verfügung gestellt.

Zu dem Treffen wurde offenbar nur via Brief eingeladen, um keine digitalen Spuren zu hinterlassen. Anwesend war den Recherchen zufolge etwa Roland Hartwig. Er war lange Leiter der AG Verfassungsschutz der AfD, saß für die Partei im Bundestag und ist aktuell persönlicher Referent von AfD-Chefin Alice Weidel.

»Masterplan« zur »Remigration«

Auch der AfD-Fraktionsvorsitzende aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, nahm demnach teil, genau wie die AfD-Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy und der Potsdamer AfD-Vize Tim Krause. Und Ulrich Vosgerau, der die AfD gern mal vor Gericht vertritt und bei der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung wirkt.

Außerdem waren Aktivisten der rechtsextremen »Identitären Bewegung« (IB) vor Ort: Neben Mario Müller, einem vorbestraften gewalttätigen Neonazi, der inzwischen für den AfD-Bundestagsabgeordneten Jan Wenzel Schmidt arbeitet, war Martin Sellner zugegen.

Sellner gilt als der bekannteste Kopf der IB und trug laut den Recherchen in der Runde einen »Masterplan« zur »Remigration« vor, wie es der Veranstalter nannte. Dabei sei es um die millionenfache Ausbürgerung, Abschiebung oder Verdrängung von Migrantinnen und Migranten gegangen, auch Deutsche mit Migrationshintergrund sollen demnach Deutschland verlassen müssen.

Kritik an dem Plan habe es nicht gegeben, schreibt Correctiv. Im Gegenteil, Weidel-Referent Hartwig bekannte bei dem Treffen laut der Recherche, »gerade mit großer Freude« ein Buch Sellners zu lesen.

Siegmund habe gesagt, man müsse in Sachsen-Anhalt dafür sorgen, dass es »für dieses Klientel möglichst unattraktiv zu leben« werde, gemeint sind Menschen mit Migrationshintergrund, die nicht einfach abgeschoben werden könnten. Huy, die innerhalb der AfD lange als »gemäßigt« galt, habe gesagt, sie habe schon vor sieben Jahren »ein Remigrationskonzept« mit in die AfD gebracht.

Mitglieder der »Werteunion« vor Ort

In der Runde habe man gar gemeinsam diskutiert, wie ein solches Konzept in die Tat umgesetzt werden kann, sollte die AfD in Regierungsverantwortung gelangen, so Correctiv.

Dabei ging es etwa auch um einen »Musterstaat« in Nordafrika, in den man bis zu zwei Millionen Menschen »hinbewegen« könne, soll Sellner gesagt haben. Auch Menschen, die sich hierzulande für Geflüchtete einsetzen würden, könnten dorthin.

An dem Treffen teilgenommen haben nach den Recherchen auch Mitglieder der »Werteunion«, jenem Verein, in dem sich Rechtsaußenkräfte von CDU und CSU unter dem Vorsitz des ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen vernetzen – und die nun eine Partei gründen wollen. Auch Silke Schröder, Vorstandsmitglied des Vereins Deutsche Sprache, der gegen gendergerechte Sprache kämpft, war anwesend.

Mitgesellschafter von »Hans im Glück« soll eingeladen haben

Eingeladen in das Hotel in Potsdam hat laut Correctiv unter anderem Hans-Christian Limmer, der ehemalige Mitbesitzer der Bäckereikette »Backwerk«, der heute mittelbar an der Burger-Kette »Hans im Glück« beteiligt ist. Limmer, der bei dem Treffen selbst nicht anwesend war, erklärte, er sei an der Planung nicht beteiligt gewesen.

Am Mittwochnachmittag teilte »Hans im Glück« mit, dass man sich von Limmer als Mitgesellschafter »mit sofortiger Wirkung« trenne. Man sei »zutiefst schockiert über diese Vorwürfe« und distanziere sich »klar von rechtsextremen Ansichten, sie stellen das genaue Gegenteil unserer Grundwerte dar«. Limmer habe sich ebenso von den dort erhobenen Forderungen distanziert und von sich aus angeboten, seine Gesellschafterstellung aufzugeben.

Auch der Salat-Lieferservice »Pottsalat« distanzierte sich und teilte mit, »um weiteren Schaden von der Firma abzuwenden«, habe Limmer heute erklärt, »sich als Gesellschafter aus dem Unternehmen zurückzuziehen«.

Der andere Einladende war den Recherchen zufolge Gernot Mörig, ein ehemaliger Zahnarzt aus Düsseldorf, der sich schon Jahrzehnte in der rechtsextremen Szene engagiert. Der bestätigt das Treffen gegenüber Correctiv, distanziert sich aber insoweit, als er die Aussagen Sellners »anders in Erinnerung« habe.

Wenn er sie wahrgenommen hätte, wären sie »nicht ohne Widerspruch von mir geblieben« – insbesondere im Hinblick auf die Ungleichbehandlung deutscher Staatsbürger. Auch will er der »alleinige Veranstalter« gewesen sein.

Gegenüber Correctiv sagte AfD-Funktionär Siegmund, er sei als »Privatperson« bei dem Treffen gewesen und wolle Menschen nicht gesetzeswidrig ausweisen. Die AfD-Politiker Hartwig und Huy antworteten nicht auf die Anfrage des Mediums.

Am Mittwochvormittag äußerte sich die AfD. Es habe sich nicht um ein Parteitreffen gehandelt. Und: »Die AfD wird ihre Haltung zur Einwanderungspolitik (…) nicht wegen einer Einzelmeinung eines Vortragenden auf einem Treffen, das kein AfD-Termin war, abändern«, teilte ein Sprecher mit.

Weidel-Referent Hartwig nimmt der Sprecher in Schutz, er habe nur ein Social-Media-Projekt vorgestellt: »Weder hat er dort politische Strategien erarbeitet noch hat er Ideen eines Herrn Sellner zur Migrationspolitik, von dessen Erscheinen er im Vorfeld keine Kenntnis hatte, in die Partei getragen«, hieß es weiter.

Am Mittwochnachmittag äußerte sich Martin Sellner über seinen Telegram-Kanal zu der Recherche, machte sich über den Bericht lustig. »Besonders bizarr« sei, dass bei der Recherche »gar nichts rausgekommen ist und aus einer Fliege ein Elefant gemacht wird«, sagte er. Die AfD habe doch bereits einen »Tag der Remigration« gefordert, er spreche auch schon länger darüber, so Sellner. Außerdem könne von einem »geheimen Treffen« keine Rede sein, er sei einfach zu einem »internen und privaten Vortragsabend« eingeladen worden, wie es häufig vorkäme.


 Correctiv hier



t-Online hier 
Tagesanbruch - Meinung Florian Harms 12.01.2024
Frontalangriff auf Deutschland

Im Umfeld von AfD-Chefin Alice Weidel werden verfassungsfeindliche Pläne geschmiedet.

Und hier ist der Tageskommentar:

Bei der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 spielten konservative Politiker eine Schlüsselrolle: Sie paktierten mit den Nazis und verbogen die Leitplanken der Demokratie. Führende Politiker der AfD und einzelne CDU-Mitglieder haben nun dasselbe vor: Sie hecken mit Neonazis Pläne für einen Frontalangriff auf die deutsche Demokratie und die massenhafte Deportation von Deutschen mit Migrationshintergrund aus. 

Was die Kollegen der "Correctiv"-Redaktion in ihrer Recherche beschreiben, löst zu Recht bei Politikern anderer Parteien Entsetzen aus. Zumal auch ein enger Mitarbeiter von AfD-Chefpropagandistin Alice Weidel zu dem Verschwörerkreis zählt. Obgleich sich zahlreiche Politiker zu Wort gemeldet haben, wirkt die gesellschaftliche Reaktion auf diese Machenschaften jedoch zu leise. Wo ist der lautstarke Widerspruch von Firmenchefs, Kirchen- und Vereinsvertretern, Bürgern im ganzen Land, wo der vehemente Einsatz für Rechtsstaat und Pluralismus?

Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang schlägt Alarm: Die Demokratie in Deutschland sei stärker bedroht, als es von der Mitte der Gesellschaft wahrgenommen werde.
"Man hat sich sehr in seinem komfortablen Privatleben eingerichtet und man nimmt nicht hinreichend wahr, wie ernsthaft die Bedrohungen für unsere Demokratie inzwischen geworden sind." Seit Jahren knüpfen Rechtsextremisten, "Reichsbürger" und Identitäre ihre Netzwerke, einige lassen sich von Diktatoren wie Putin unterstützen. Als ihr parlamentarischer Arm versuchen AfD-Abgeordnete, die Demokratie von innen heraus auszuhöhlen. So, wie es vor gut 90 Jahren auch die Nazis gemacht haben.

Das historische Gedächtnis vieler Bürger ist leider ein Sieb. Siegt bei den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im Herbst tatsächlich die AfD und kann anschließend über die Besetzung von Richtern, Parlamentspräsidenten und Behördenchefs mitbestimmen, gerät die Demokratie zumindest regional in die Bredouille. Konservative Politiker und Journalisten verharmlosen diese Gefahr und dreschen mit blindem Eifer auf die Ampelregierung ein, statt die riskanteste Herausforderung im Land anzuprangern. Wenn man sieht, wie sich manche Journalisten auf der Jagd nach Klicks und Likes verrannt haben, fühlt man sich an amerikanische Zustände erinnert. In einigen Redaktionen sitzen Leute ohne historischen Horizont, dafür mit einem Rückgrat aus Gummi.

Umso klarer klingen die Sätze des Kanzlers: "Wer sich gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung richtet, ist ein Fall für unseren Verfassungsschutz und die Justiz", stellt Olaf Scholz klar, dessen Partei staatsgefährdender Umtriebe unverdächtig ist. "Dass wir aus der Geschichte lernen, das ist kein bloßes Lippenbekenntnis. Demokratinnen und Demokraten müssen zusammenstehen."

Man möchte allerdings hinzufügen: Hoffentlich hören auch der Generalbundesanwalt, der BKA-Chef und die Leiter der Landeskriminalämter genau zu. Und handeln dementsprechend.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen