hier Handelsblatt Artikel von Müller, Kathrin Witsch, Kathrin •
Noch schleudern sie CO2 heraus, bald ermöglichen sie die Energiewende: An Kohlestandorten entstehen mithilfe von Wasserstoff und Erdgas die Kraftwerke der Zukunft.
In dichten Wolken quillt der Dampf aus einem Kühlturm des Kraftwerks Boxberg. Das einst größte Braunkohlekraftwerk Deutschlands steht im sächsischen Teil des Lausitzer Reviers, wenige Kilometer entfernt liegen die Tagebaue Nochten und Reichwalde.
Doch steigt längst nicht mehr aus allen Türmen Dampf: Vier von neun sind bereits stillgelegt. In diesen Wochen wird mit ihrem Rückbau begonnen. „Das wird das erste große, sichtbare Zeichen sein, dass es losgeht“, sagt Daniel Kosel, Bereichsleiter Projekte beim Energieversorger Leag.
Ausgerechnet im einstigen Zentrum der Kohleindustrie bereitet sich der Lausitzer Energiekonzern auf die Zukunft vor und plant einen industriellen Wasserstoff-Hub. Für die fossilen Standorte sprechen zum Beispiel der bestehende Anschluss ans Stromnetz und andere logistische Vorteile.
Die Kraftwerke der Zukunft: Wasserstoff statt Kohle
Das Energiesystem Deutschlands verändert sich massiv. Weil erneuerbare Energien nicht rund um die Uhr verfügbar sind, braucht es für eine nachhaltige Stromversorgung verlässliche Kraftwerke, die dann einspringen können, wenn der Wind nicht weht oder die Sonne nicht scheint.
In der Lausitz lässt sich der Wandel beispielhaft beobachten. Für Martin Wietschel, Wasserstoffexperte am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI), ist Wasserstoff als Speichertechnologie für die Energiewende zentral......
hier Rheinisches Revier 04.04.2019 Nicole Weinhold
Genial: Aus Kohlekraftwerken werden Wärmespeicher
Das DLR will zusammen mit RWE Kohlekraftwerke zu Wärmespeicherkraftwerken umbauen. Die vorhandene Infrastruktur würde den Speicher relativ günstig machen.
Kohlekraftwerke zu Wärmespeicherkraftwerken umbauen will das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zusammen mit RWE. Statt aus der Verbrennung fossiler Rohstoffe beziehen Wärmespeicherkraftwerke ihre Energie aus erneuerbaren Quellen, zum Beispiel aus Sonnen- oder Windkraft. Durch den Umbau könnte ein Großteil der vorhandenen Kraftwerksinfrastruktur weiter genutzt werden. Dazu hat das DLR ein Positionspapier verfasst. Karsten Lemmer, DLR-Vorstand für Energie und Verkehr, erklärt, pro Kohlekraftwerk könne man mit einer Speicherung im Gigawattstundenbereich rechnen.
Flüssigsalz als Wärmespeichermedium
Die DLR-Speicherkraftwerke sollen Flüssigsalz als Wärmespeichermedium nutzen. Mit der Wärme wird Wasserdampf erzeugt, der die Turbinen des Kraftwerks antreibt. Generatoren wandeln dann die mechanische Leistung der Turbinen in Elektrizität um. Die Forscher des DLR haben sich für Flüssigsalz als Speichermedium entschieden, weil es kostengünstig, weltweit verfügbar und bereits umfangreich erprobt ist – etwa in solarthermischen Kraftwerken. In flüssiger Form kann es bei Temperaturen zwischen 200 und 600 Grad Celsius eingesetzt werden kann.
Mit Hilfe von Wärmespeicherkraftwerken könnte die volatile Einspeisung aus Wind und Sonne ausgeglichen, das Netz geschont werden und Strom nach Bedarf bereitgestellt werden. Ist überschüssiger Strom aus Wind oder Solar verfügbar, wird das flüssige Salz auf über 400 Grad Celsius erhitzt und für eine Nacht gespeichert.
Kohlekraftwerkinfrastruktur weiter nutzen
Interessant an dem DLR-Konzept ist vor allem die Möglichkeit, die bestehende umfangreiche Kohlekraftwerkinfrastruktur weiter zu nutzen. Ersetzt werden Kohlespeicher und Verbrennungsteil, Netzanschlüsse und Turbinen werden weiter genutzt. Das spart hohe Kosten für den Aufbau einer Speicherinfrastruktur. Arbeitsplätze könnten zudem zum Teil erhalten bleiben.
Dunkelflaute mit Biogas überbrücken
Bei Dunkelflauten, wenn also über mehrere Tage zu wenig Wind weht die Sonne kaum scheint, sodass der Wärmespeicher den Bedarf nicht decken kann, lässt sich durch Zufeuern von Biogas oder fossilen Brennstoffen eine garantierte Leistung erbringen.
Second Life mit Gas
Die DLR-Experten sprechen vom ersten Leben, First Life, des Kohlekraftwerks und dem dritten Leben, Third Life, als Wärmespeicher. Das zwei Leben, Second Life, ist für sie der Einsatz von Erdgas statt Kohle als Übergang sowie als weiteren Zwischenschritt ein Hybridkraftwerk, bei dem sowohl Wärmespeicher als auch Gasbefeuerung genutzt werden, um Dampf zu erzeugen. Das dürfte ganz im Sinne des Partners RWE sein, der gern die fossilen Großstrukturen in Händen behält. Eine Testanlage soll im Rheinischen Revier von RWE entstehen. Dort sollen das Kraftwerkskonzept und der Flüssigsalzwärmespeicher einem umfassenden Praxistest unterzogen werden. „Salz könnte am Stahlbehälter korrodieren, auch das muss untersucht werde“, sagt Lemmer.
Testanlage mit 100 Tonnen flüssigem Salz
Wärmeenergie in Flüssigsalz zu speichern, testet das DLR-Institut für Technische Thermodynamik am Standort Köln seit September 2017 mit einer Testanlage, die unter dem Namen Tesis läuft (Test Facility for Thermal Energy Storage in Molten Salt). 100 Tonnen flüssiges Salz zirkulieren in der Testanlage des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln. Sie werden abwechselnd von 250 auf 560 Grad Celsius aufgeheizt und wieder abgekühlt. Mit der Testanlage werden Flüssigsalzspeicher sowie einzelne Anlagenbauteile getestet. Die DLR-Forscher rechnen damit, dass sich die Kosten für Flüssigsalzspeicher durch die Weiterentwicklungen im Rahmen der Anlage um bis zu 40 Prozent reduzieren lassen.
Das DLR will zudem ein Institut für CO2-arme Energieprozesse in der Lausitz gründen.
hier Energieverbraucherportal 15.07.2019 / Jule Krause
NACHHALTIGKEIT & INNOVATION
Umbau von Kohlekraftwerken – Kann Konzept „Third Life Kohlekraftwerk“ funktionieren?
Ein zweites Leben für Windräder, Recycling von Solaranlagen – haben die Produzenten erneuerbarer Energien einmal ausgedient, weiß man zumindest ungefähr, wohin damit. Eine komplette Verschrottung kommt aus umwelttechnischen Gründen oft nicht in Frage. Anders ist die Lage beim Klimasünder Kohlekraftwerk: viele endgültige Stilllegungen sind geplant, denn Deutschlands Anlagen blasen jährlich rund 300 Millionen Tonnen Treibhausgase in die Atmosphäre. Doch wohin mit den alten Kraftwerken, die nicht mehr benötigt werden?
Um internationale und nationale Klimaziele zu erreichen, müssen dringend CO2-Emissionen gesenkt werden. Das hat auch die Bundesregierung erkannt und daher Ende Januar diesen Jahres beschlossen, dass der Kohleausstieg bis spätestens 2038 erfolgen muss. Der Abschlussbericht der Kohlekommission kündigte sogar an, dass man versuche, schon bis 2035 das Ende der Kohleverstromung zu erreichen.
Darüber hinaus teilte man mit, der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch solle bis 2030 bei 30 Prozent liegen. Soweit, so gut. Doch bei all dem Optimismus tut sich ein Problem auf: beim Umstieg auf Erneuerbare Energien fehlt noch immer die passende Speichertechnik, um eine größtmögliche Effizienz zu erreichen und vor allem, um mit Schwankungen, beispielsweise in der Windkraft, umzugehen. Man fürchtet, die Stromversorgung sei so nicht mehr flächendeckend sichergestellt. Des Weiteren müssten viele alte Kohlekraftwerke abgebaut werden.
Umbau der Kohlekraftwerke: Gas statt Kohle
Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), das sich, anders als der Name zunächst vermuten lässt, auch mit Energie und Verkehr befasst, plädieren für einen Umbau der alten Kohlekraftwerke in Speicher. „Third Life“ nennen sie das Verfahren, bei dem elektrische Energie in Form von Wärme gespeichert werden soll. Der Vorteil: Die Infrastruktur zur Einspeisung des Stroms ins Stromnetz existiert bereits.
Der Begriff fußt auf den verschiedenen Stufen, die das (ehemalige) Kohlekraftwerk durchläuft. Ursprünglich wird Kohle verbrannt, um Strom zu erzeugen, daraufhin wird die Anlage zu einem Gaskraftwerk umgebaut. Schließlich bleiben Dampfturbine und Generator erhalten, lediglich der Dampferzeuger wird stillgelegt. An seine Stelle werden zwei Behälter mit flüssigem Salz unterschiedlicher, sehr hoher Temperaturen, installiert. Um überschüssige Energie zu speichern, wird das Salz gegenseitig ausgetauscht. Ein solcher Speicher soll dazu in der Lage sein, 12 Stunden lang Strom zu liefern und damit über kleine Flauten hinweghelfen. Wenn Strom benötigt wird, wird Dampf erzeugt, der den Generator antreibt.
Die Technik, flüssiges Salz als Wärmespeicher zu nutzen, ist nicht neu. Bereits 2011 wurde das erste Solarthermie-Kraftwerk in Andalusien in Betrieb genommen, das genau nach diesem Prinzip funktioniert. Dennoch bleiben einige Schwierigkeiten, beispielsweise, wie die einzelnen Elemente tatsächlich zu einem Gesamtsystem kombiniert werden können. Auch die Kosten könnten zu einem Streitpunkt werden, da Kohlestrom deutlich billiger ist. Seit 2017 steht auf dem DLR-Gelände in Köln eine Versuchsanlage. Darüber hinaus arbeiten die Forscher an einer Studie, die die Kosten, Nutzen und Rahmenbedingungen genauer untersucht. Geplant ist, auf Basis dessen will man das Projekt „Third Life für alte Kohlekraftwerke“ Schritt für Schritt umsetzen.
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