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Ein offener Brief an die Landesregierung von Baden-WürttembergOffener Brief der baden-württembergischen Parents for Future Ortsgruppen an die Mitglieder und Abgeordneten der Landesregierung zur Stellungnahme des Klima-Sachverständigenrats zum Fortschritt des Klimaschutzes in Baden-Württemberg
Der Klima-Sachverständigenrat Baden-Württemberg hat in seiner Stellungnahme am 13. Oktober deutlich gemacht, dass das Land weit von seinen im Klimaschutzgesetz vorgeschriebenen Zielen entfernt ist. Wir fordern die Entscheidungsträger der Landesregierung auf, umgehend auf die erschreckenden Zahlen des Klima-Sachverständigenrats zu reagieren und ein Notfall-Programm aufzulegen, um zumindest auf den Pfad des Klimaschutzgesetzes zurückzukommen und so die Lebensgrundlagen der Menschheit und damit auch der Menschen in Baden-Württemberg nicht noch mehr zu gefährden.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmann, sehr geehrter Herr stellvertretender Ministerpräsident Strobl, sehr geehrte Ministerinnen und Minister der Landesregierung, sehr geehrte Abgeordnete der Grünen und der CDU im Landtag von Baden-Württemberg,
am 13. Oktober 2023 hat der Klima-Sachverständigenrat Baden-Württemberg seine Stellungnahme zum Fortschritt des Klimaschutzes im Land veröffentlicht und festgestellt, dass Baden-Württemberg noch weit davon entfernt sei, ein “Klimaschutzland” zu sein. So heißt es im Bericht:
„Zum echten ‘Klimaschutzland’ fehlt die Transformationskultur,
das klare und unumstößliche ‘JA’ zum Klimaschutz – gerade auch in der Politik –,
die Bereitschaft zur Veränderung und ‘das Machen’,
d. h. die echte Umsetzung in der Breite und auf allen Ebenen der Gesellschaft.” [1][2]
Die im Bericht aufgeführten Zahlen untermauern diese Aussage. So wurden die THG Emissionen im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr um nur 0,4% oder 0,3 Mio. t CO2e verringert.
Im baden-württembergischen Klimaschutzgesetz ist festgeschrieben, dass die Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 65% sinken müssen, bisher ist eine Minderung um lediglich 21% erreicht, so dass in den verbleibenden sieben Jahren jährlich eine Minderung um 6% der Emissionen von 1990 notwendig wäre, das entspricht in etwa 7 Mio. t CO2e jährlich!
Es bedarf keiner höheren Mathematik, um zu erkennen, dass die Landesregierung weit von einem Pfad entfernt ist, der uns auf dieses Ziel hin führt - sie verstößt damit gegen ihr eigenes Gesetz.
Als baden-württembergische Parents for Future repräsentieren wir die Eltern- und Großeltern-Generation der Gesellschaft von Baden-Württemberg, die in besonderem Maße mitverantwortlich ist für die fossilen Emissionen der letzten 50 Jahre. Wir können es deshalb nicht länger verantworten, still zu sein und zuzuschauen, wie unsere Landesregierung sehenden Auges weiterhin die Lebensgrundlagen unserer Kinder und folgender Generationen zerstört.
Wir lieben unsere Heimat - “das Ländle” - , wir lieben seine vielfältige Natur mit ihrem Reichtum an Pflanzen und Tieren, wir lieben seine Menschen mit ihrer Kultur und ihren Traditionen. Das alles wird durch eine Politik aufs Spiel gesetzt, die sich vor allem an wirtschaftlichen Interessen ausrichtet und der der Mut fehlt, eine andere Welt zu gestalten. Lösungen und Vorschläge für eine effektive Transformation liegen vor und müssen baldmöglichst umgesetzt werden.
Wir möchten betonen, dass das Verhalten der jetzt lebenden Menschen in der Klimakrise das Leben von vielen Generationen nach uns beeinflussen wird. Wir sind die Generation, die die schlimmsten Katastrophen noch verhindern kann, wenn auch bereits zum jetzigen Zeitpunkt klar ist, dass selbst bei sofortiger Reduktion der THG-Emissionen auf Null die Erde sich noch weiter erhitzt [3] und schon diese Erhitzung sehr viele Menschenleben kosten [4] und nachfolgende Generationen vor große Probleme stellen wird [5].
Als unsere gewählten RepräsentantInnen fordern wir Sie daher auf, umgehend auf die erschreckenden Zahlen des Klima-Sachverständigenrats zu reagieren und ein Notfall-Programm aufzulegen, um zumindest auf den Pfad des Klimaschutzgesetzes zurückzukommen.
Der Bericht enthält genügend Vorschläge, die es jetzt in einer “Task Force Klimaschutz” anzugehen gilt. Jetzt müssen endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden und wir brauchen “Deutschland Tempo”, um Baden-Württemberg wirklich zum “Klimaschutzland” zu machen.
Im folgenden ein paar Empfehlungen, die teilweise dem Bericht entnommen wurden :
im Sektor Verkehr ein Moratorium aller Straßenbauprojekte und die Umwidmung der Haushaltsgelder in den öffentlichen Verkehr und insbesondere in die Umsetzung der Mobilitätsgarantie,
im Sektor Energie Schaffung von Anreizen für die Flächenbereitstellung von Windkraftanlagen und PV-Anlagen über die stärkere finanzielle Beteiligung von Kommunen und Beschleunigung von Genehmigungen,
im Sektor Gebäude:
Erhalt und Nutzung der vorhandenen Bausubstanz, Förderung des Umbaus: Stopp von Abrissvorhaben (Abrissmoratorium), Änderung der LBO zur UM-Bauordnung, Erleichterung von Umbaumaßnahmen,
Nutzung von regionalen, kreislauffähigen und klimapositiven Materialien für alle Bauprojekte des Landes, langfristig für alle Bauvorhaben. Reduktion der Verwendung von Beton auf ein Minimum.
im Sektor Landwirtschaft:
Anstoßen einer Ernährungswende weg von tierischen Produkten und hin zu einer pflanzlichen Ernährung durch Aufklärung und Bewusstseinsbildung, zum Beispiel mit entsprechenden Kampagnen und einer Verpflichtung in der Gastronomie, dass das günstigste angebotene Gericht ein veganes Gericht sein muss,
auf Produktionsseite Anreize und Hilfen zur Reduktion der Tierbestände und zur Reduktion der Stickstoffdüngung, sowie Unterstützung der Betriebe, in diesem Zuge frei werdende Flächen ökologisch zu bewirtschaften und dadurch die Artenvielfalt zu erhöhen.
Zur Erhöhung der Akzeptanz der genannten Maßnahmen fordern wir die Einsetzung von Bürgerräten/Bürgerforen. Beispiele dazu gibt es im Land bereits, z.B. das Bürgerforum “krisenfeste Gesellschaft” [6]. Leider gehen die Ergebnisse der Bürgerräte medial meist unter und werden von der Politik nicht in ausreichendem Maß berücksichtigt und eingebunden. Wir fordern daher eine Selbstverpflichtung der Landesregierung, sich mit den Ergebnissen der Bürgerräte auseinanderzusetzen, sowie eine Stellungnahme dazu zu erstellen und die Arbeit der Bürgerräte medial zu begleiten.
Abschließend appellieren wir an die Mitglieder der Landesregierung, jetzt endlich mutig zu sein und der Verantwortung, die ihnen diese Zeit auferlegt hat, gerecht zu werden!
Der Bericht des Klima-Sachverständigenrats zeigt, dass wir die Möglichkeit haben, die Ziele zu erreichen, allerdings nur mit sofortigem, entschlossenem und klarem politischen Handeln.
Hauptunterzeichner:
Parents for Future Tübingen, Parents for Future Reutlingen, Parents for Future Stuttgart, Parents for Future Göppingen, Parents for Future Ostalbkreis, Parents for Future Singen-Radolfzell, Parents for Future Konstanz, Parents for Future Bad Krozingen, Parents for Future Schwäbisch Hall, Parents for Future Weinheim, Parents for Future Esslingen, Parents & People for Future Mannheim, Parents & People for Future Ulm/Neu-Ulm/Alb-Donau, People for Future Schwarzwald-Baar-Kreis, Parents for Future Ravensburg, Parents for Future Heilbronn, Parents for Future Remseck, Parents for Future Bruchsal, Parents for Future Freiburg, Parents for Future Germany
Mitunterzeichnende Organisationen:
GermanZero Tübingen, Christians for Future Villingen-Schwenningen, Christians for Future Bruchsal, Arbeitskreis Klima und Energie Metzingen, Umweltgewerkschaft Esslingen, Umweltgewerkschaft Ulm, Umweltgewerkschaft Friedrichshafen, Psychologists for Future Ulm / Neu-Ulm, Lokale Agenda 21 Heilbronn, Scientists for Future Ravensburg, Bündnis nachhaltige Mobilität Steinlachtal, Health for Future Karlsruhe / Enzkreis, Christians for Future Sigmaringen, Entrepreneurs for Future Stuttgart, BUND OV Heilbronn, Fridays for Future Tübingen, Fridays for Future Heilbronn, Psychologists for Future Oberschwaben Allgäu, Fridays for Future Stuttgart, Science for Future Tübingen, Psychologists for Future Tübingen, Aktionsbündnis Energiewende Heilbronn, Health for Future Tübingen, Fridays for Future Offenburg, Psychologists & Psychotherapists for Future Freibug, Greenpeace Tübingen, Psychologists for Future Stuttgart, Psychotherapists for Future Stuttgart, Architects for Future Stuttgart, Architects for Future Tübingen, Naturfreunde Tübingen, Naturfreunde Württemberg, Christians for Future Freiburg, VCD Landesverband Baden-Württemberg
Quellen:
[1] Stellungnahme zum Fortschritt des Klimaschutzes in Baden-Württemberg und zum Klima-Maßnahmen-Register
[2] Landespressekonferenz . 13.10.2023 . Klima-Sachverständigenrat
[3] Maximum warming occurs about one decade after a carbon dioxide emission - IOPscience
[4] Erklärung – Der Klimawandel ist schon jetzt todbringend, doch sofortiges entschlossenes Handeln kann mehr Todesfälle verhindern
[5] Summary for Policymakers | IPCC Seiten 11-15
[6] Empfehlungen für "krisenfeste Gesellschaft"
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