Mittwoch, 31. Januar 2024

Sparkassen mahnen: Deutschlands Wohlstand hängt von Klimaschutz und Weltoffenheit ab

Oha, jetzt scheint sich ja wirklich was zu bewegen....Sparkassen für Klimagerechtigkeit!

hier Frankfurter Rundschau  Stand:30.01.2024,

Wirtschaftlicher Klimaumbau: Deutsche Unternehmen fordern klaren politischen Rahmen

Die deutschen Sparkassen rechnen ab nächstem Jahr wieder mit deutlichem Wirtschaftsaufschwung. Langfristig müsste der Erfolg Deutschlands unter anderem durch Klimagerechtigkeit gesichert werden.

Die Sparkassen rechnen erst 2025 wieder mit spürbarem Wirtschaftswachstum in Deutschland. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde im nächsten Jahr um 1,1 Prozent zulegen, sagte der neue Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), Ulrich Reuter, am Dienstag. Für das laufende Jahr sei nur ein mageres Plus von 0,3 Prozent zu erwarten, nach einem Minus von 0,3 Prozent im vergangenen Rezessions-Jahr.

Die deutsche Wirtschaft war im Schlussquartal 2023 ebenfalls um 0,3 Prozent geschrumpft. Viele Ökonomen und Bank-Analysten erwarten auch im laufenden Jahr nur maues Wachstum oder sogar einen weiteren Rückgang beim Bruttoinlandsprodukt (BIP).

Reuter: „Deutschlands Wohlstand bleibt nur mit Klimagerechtigkeit und Weltoffenheit erhalten“

Deutschland stehe vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen, sagte Reuter. „Viele Menschen sorgen sich um die Zukunft.“ Umso wichtiger sei es, die Grundlagen des ökonomischen Erfolges für die Zukunft zu sichern und zu stärken. Nur mit klimagerechtem Wirtschaftswachstum, als weltoffenes Land und im Schulterschluss mit den Handelspartnern in der EU könne Deutschlands Wohlstand erhalten bleiben. Voraussetzung dafür sei eine gemeinsame Kraftanstrengung aller arbeitsfähigen Menschen und mehr Leistungsbereitschaft. „Es ist jetzt nicht die Zeit, für kürzere Arbeitszeiten einzutreten“, betonte Reuter. „Im Gegenteil: Wir alle müssen die Ärmel hochkrempeln, um uns aus den aktuellen Schwierigkeiten herauszuarbeiten.“

Leistung und zusätzliche Arbeit sollten deshalb gefördert und belohnt werden, erklärte der Sparkassen-Präsident. Dies sei etwa möglich, indem zusätzliche Arbeitsstunden über ein definiertes Mindestmaß hinaus steuerlich entlastet oder eine freiwillige Verlängerung der Lebensarbeitszeit steuerrechtlich oder sozialversicherungsrechtlich stärker belohnt würden.

Reuters Forderungen stehen also im klaren Gegensatz zu denen der AfD, welche sich in Umfragen weiterhin großer Beliebtheit erfreuen kann. Die Partei, die teils offen gegen Migration, Klimaschutz und die EU stänkert und damit oftmals jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrt, geht mit breiter Brust in das Wahljahr 2024. Große Teile der deutschen Wirtschaft äußerten sich besorgt. 


Handelsblatt hier  Stefan Reccius  30.01.2024

EZB will Geldpolitik stärker am Klimaschutz ausrichten

Die Europäische Zentralbank will vermehrt auf Klima-Risiken achten. Das könnte auch die Herstellung von Geldscheinen verändern. Kritiker halten den neuen Kurs für übergriffig.

Die Europäische Zentralbank (EZB) baut ihre vor zwei Jahren aufgelegte Strategie für Klimaschutz aus. Sie will ihr Augenmerk verstärkt auf wirtschaftliche und finanzielle Risiken legen, die vom Klimawandel ausgehen. Das gab die EZB am Dienstag bekannt.

„Klimaerwärmung und Naturzerstörung zwingen unsere Wirtschaft und unser Finanzsystem zum Wandel“, wird EZB-Chefin Christine Lagarde in einer Mitteilung zitiert. „Wir müssen diesen Wandel verstehen und mit ihm Schritt halten, um unser Mandat weiterhin erfüllen zu können.“

Ökonomen und die Bankenbranche sehen die Klimaagenda der EZB in Teilen kritisch. Für einige Beobachter entfernt sich die Notenbank damit zu sehr von ihrem Kernmandat, die Preise stabil zu halten. Einige Banken finden die Aufseher der EZB zu übergriffig. Umweltschützer kritisieren dagegen, die EZB tue nicht genug.

Die EZB will ihre klimabezogene Strategie der Mitteilung zufolge in mehreren Bereichen ausbauen. Sie behält sich etwa vor, ihre aktive Geldpolitik stärker als bislang an grünen Kriterien auszurichten. Dies würde auch ihre Portfolios betreffen.

Damit sind beispielsweise die Bestände an Anleihen gemeint. Sie sind im Zuge umfangreicher Käufe durch die Notenbank auf mehrere Billionen Euro angewachsen. Im Umgang mit Unternehmensanleihen, die einen kleinen Teil des Portfolios ausmachen, gelten bereits grüne Kriterien. Anleihen von Unternehmen mit besserer Klimabilanz bevorzugt die EZB also bereits gegenüber Anleihen von Unternehmen mit schlechterer Klimabilanz.

Ein größeres Augenmerk will die Notenbank auf die Folgen von Extremwetterereignissen für die Inflation und das Finanzsystem legen. Im Fokus steht dabei etwa die Frage, wie Wirtschaft und Finanzsektor sich und ihre Geschäfte an den Klimawandel anpassen. Sorgen machen der EZB beispielsweise mögliche Versicherungslücken.

Ihr geht es darüber hinaus um die wirtschaftlichen und finanziellen Folgen von Naturzerstörung. Außerdem gelobt sie, selbst zum Abbau klimaschädlicher CO2-Emissionen beizutragen. Vorgesehen sind demnach ökologische Vorgaben für die Herstellung von Euro-Scheinen.

Absage an grünen Leitzins

Auf Abstand bleibt die EZB zu Forderungen, die Zinsen für klimafreundliche Geschäfte niedriger anzusetzen als den allgemeinen Leitzins. Dieser beträgt momentan 4,5 Prozent und dürfte im Laufe des Jahres sinken. Befürworter argumentieren, ein grüner Leitzins könnte dringend nötige Investitionen in den Umbau der Wirtschaft ankurbeln.

EZB-Direktor Frank Elderson lehnt das ab. Der Vizechef der EZB-Bankenaufsicht wandte ein, eine Reihe ungelöster methodischer Probleme stehe dem im Weg. Ohnehin kämen Unternehmen mit grünem Geschäftsmodell schon jetzt günstiger an Kredite als Wettbewerber ohne einen Plan für eine klimafreundliche Zukunft.

Elderson bremst auch frühere Überlegungen, folgsamen Banken Vorzugskonditionen zu bieten. Die Idee: Banken könnten günstiger an Liquidität kommen, wenn sie Vorgaben der EZB zu Klimarisiken erfüllen. Auch da gebe es hohe Hürden, sagte Elderson. Er ließ aber durchblicken, neue EU-Vorgaben könnten das ändern.

Die Bankenaufsicht der EZB achtet längst darauf, wie Banken Klimarisiken in ihren Büchern handhaben. Die EU-Gesetzgeber haben ihr dafür zusätzliche Befugnisse verliehen. Die Bankenaufseher können leichter einschreiten, wenn sie Mängel erkennen und Folgen für die Finanzstabilität befürchten.

Banken drohen Geldstrafen

Die EZB-Aufseher zeigen sich insgesamt unzufrieden: Ungefähr 90 Prozent aller Banken seien durch den Übergang zu einer klimafreundlichen Wirtschaft „erhöhten Risiken“ ausgesetzt. Tenor: Sie tun zu wenig, um ihre Kreditportfolios in Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen zu bringen.

Das ist der zentrale Befund eines Berichts, den die EZB vor wenigen Tagen veröffentlicht hat. Nach Einschätzung Eldersons riskieren 70 Prozent der Banken Klagen. Elderson nimmt sie in die Pflicht, im Sinne des Klimaschutzes „mehr mit ihren Geschäftspartnern, die sie finanzieren, zusammenzuarbeiten“.

Bis Ende dieses Jahres haben Europas größte Banken unter Aufsicht der EZB – das sind etwas mehr als 100 – Zeit, die Vorgaben der EZB-Bankenaufsicht umzusetzen. Kommen sie dem nicht nach, drohen Geldstrafen. Das betonte Elderson am Dienstag.

Mauricio Vargas, Ökonom der Umweltschutzorganisation Greenpeace, zeigt sich von den Ankündigungen enttäuscht. Sie seien nicht mehr als heiße Luft. Die EZB müsse ihre „Hinhaltetaktik beim Klimaschutz“ beenden und „den versprochenen klimafreundlichen Umbau ihrer geldpolitischen Operationen endlich umsetzen“.

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