Mittwoch, 24. Januar 2024

Waldburger Rücken: Ein Gutachten hält ein Nationales Naturmonument für möglich

Schwäbische Zeitung  hier Von Katrin Neef  24.1.24

Die Details

Soll ein Teil des Altdorfer Waldes zum Landschaftsschutzgebiet werden? Diese Frage hat das Landratsamt Ravensburg von einem Fachbüro prüfen lassen. 

Verschiedene Gemeinderäte und der Kreistag hatten das Landratsamt dazu aufgefordert. Hintergrund für diese Forderung aus dem Herbst 2020 war damals die umstrittene Kiesgrube, die im Gebiet des Waldburger Rückens entstehen soll. Dem war eine Petition des Vereins Natur- und Kulturlandschaft Altdorfer Wald mit mehr als 13.000 Unterzeichnern vorausgegangen. Inzwischen ist auch eine Diskussion um den Waldburger Rücken als möglicher Standort für Windräder entbrannt. Jetzt liegt das Gutachten des Fachbüros vor.

Das Fachbüro hat das Gebiet Waldburger Rücken und Wolfegger Hügelland untersucht und kommt zum Ergebnis, dass diese Region die Voraussetzungen für ein Landschaftsschutzgebiet erfüllt. Im Gutachten ist sogar die Rede davon, dass der Waldburger Rücken wegen seiner geologischen Besonderheit zum Nationalen Naturmonument werden könnte. Dann würde er einem strengen Schutz unterliegen.

Das Gutachten umfasst 157 Seiten und berücksichtigt viele Aspekte. Die Hauptaussagen zu den zentralen Themen:.....

Das sagen die Gutachter zum Waldburger Rücken:

Zusätzlich zu einem möglichen Landschaftsschutzgebiet schlagen die Gutachter vor, zu prüfen, ob der Waldburger Rücken als Nationales Naturmonument zu schützen sei. Dadurch könne seine Besonderheit für nachfolgende Generationen erhalten werden. Nationale Naturmonumente gibt es in Deutschland erst seit 2010. Gemeint sind damit „einzigartige Naturerscheinungen von bundesweiter Bedeutung“, wie das Bundes-Umweltministerium auf seiner Internetseite schreibt. Ein Nationales Naturmonument unterliegt demnach einem strengen Schutz, der jegliche Veränderung der geschützten Naturerscheinung ausschließt.

Das jetzt vorliegende Gutachten bezieht sich auch auf vorangegangene Untersuchungen des Geologen Hermann Schad. Diese hätten gezeigt, dass die geologischen Strukturen des Altdorfer Waldes südlich der Wolfegger Ach in Deutschland einzigartig seien.

Diese Aussagen trifft das Gutachten zum geplanten Kiesabbau in Grund bei Vogt:

Das Gutachten hält fest, dass die Aushebung einer Kiesgrube den Schutzzielen eines möglichen Landschaftsschutzgebiets entgegenstehe. Sollte der Waldburger Rücken nicht als Schutzgebiet ausgewiesen werden und sollte dort Kiesabbau möglich werden, würden die seltenen glazimorphologischen Strukturen unwiederbringlich verloren gehen. Die Aneinanderreihung von Moränenrücken im Untersuchungsgebiet sei landschaftsprägend. Der morphologisch höchste Moränenrücken des Altdorfer Waldes, Waldburger Rücken genannt, sei besonders exponiert und sollte raumplanerisch geschützt werden.

Im Falle einer Ausweisung als Landschaftsschutzgebiet sollte Kiesabbau im Bereich des Waldburger Rückens in der Verordnung verboten werden, so die Empfehlung der Gutachter.

So beurteilt das Gutachten das Vorhaben, im Altdorfer Wald Windräder zu bauen:

Der Bau von Windenergieanlagen im Altdorfer Wald hätte „enorme Auswirkungen auf das Landschafts- und Waldgefüge“ und würde negative Folgen für das Landschaftsbild, die Naherholung, den Naturschutz, für den Zerschneidungsgrad der Landschaft sowie insbesondere den Boden mit seinen geologischen Besonderheiten mit sich bringen, heißt es im Gutachten. Gleichzeitig würdigen die Gutachter Windräder als wichtigen Baustein der Energiewende, die zum Klimaschutz und damit auch zum Naturschutz beitrage.

Als mögliche Lösung wird im Gutachten vorgeschlagen, weniger wertvolle Zonen innerhalb des geplanten Landschaftsschutzgebiets auszuweisen, in denen die Errichtung von Windenergieanlagen konzentriert stattfinden könnte. „Bei einer deutlichen Reduktion der derzeit angedachten Anzahl der Windenergieanlagen wäre es so möglich, die Wertigkeit des restlichen Bereiches des Landschaftsschutzgebietes zu erhalten.“ Aber es heißt auch: „Werden infolge Windenergieanlagen errichtet, können maßgebliche Ziele eines geplanten Landschaftsschutzgebietes nicht erreicht werden.“

Das sagt das Gutachten zum Thema Wasser:

Laut Gutachten liegt für den Waldburger Rücken für die bedeutsamen Grundwasservorkommen „ein mittleres Schutzpotenzial“ vor. Kritischer und empfindlicher seien Bereiche mit grundwassernahen/-beeinflussten Böden, weil diese keine oder nur eine sehr geringe Schutzfunktion im Bezug auf Nähr- und Schadstoffeintrag haben. „Daher bedürfen diese Bereiche eines besonderen Schutzes einhergehend mit einer schonenden Flächennutzung“, empfiehlt das Papier.

Diesen Handlungsbedarf sehen die Gutachter bei den Mooren:

Im untersuchten Gebiete gebe es einige Moorböden, so die Gutachter. Diese würden derzeit überwiegend landwirtschaftlich genutzt und setzten daher Treibhausgase frei. Intakte Moore seien aber wegen ihrer Rolle als Kohlenstoffspeicher für den Klimaschutz von hoher Bedeutung. Bei einer naturnäheren Bewirtschaftung der Moore sowie einer möglichen Moorrenaturierung seien Erfolge für Klima- und Naturschutz jedoch erst mittel- bis langfristig zu erwarten.

Diese Aussagen trifft das Gutachten zum Thema kulturelles Erbe:

Das untersuchte Gebiet werde charakterisiert durch „eine vielfältig erlebbare, in hohem Maße schutzwürdige Kulturlandschaft“. Weiter heißt es: „Streuobstwiesen in Ortsrandlage bilden wertvolle Elemente der ländlichen Nutzungsgeschichte, ebenso wie Weiher, Tümpel und Seen im Gebiet, auch im Zusammenhang mit dem historischen Torfabbau. Auch die direkt an das Gebiet angrenzende Burg Waldburg und das Schloss Wolfegg in gleichnamigen Orten sowie das Bauernhausmuseum heben die besondere Schutzwürdigkeit der Landschaft anhand bedeutender Elemente der Kulturgeschichte hervor. Unterschiedlichste, meist blumengeschmückte Feld- und Sühnekreuze und Kapellen zeugen von einer gelebten christlichen Kultur und unterstreichen die Eigenart und Schutzwürdigkeit dieser Kulturlandschaft.“

Diese Bedeutung als Erholungsgebiet sehen die Gutachter:

Hervorzuheben seien die großen geschlossenen Waldflächen und deren besondere Bedeutung als Ort der Ruhe und Regeneration, die besondere Vielfalt an Landschafts-, Natur- und Kulturerlebnismöglichkeiten und die gut ablesbare geologische Genese des Raumes. Das Gebiet verfüge insbesondere im Westen über eine hohe Dichte an infrastrukturellen Freizeitausstattungen, die die Schutzwürdigkeit der landschaftsgebundenen Erholungsräume unterstütze. Attraktionen wie das Bauernhausmuseum in Wolfegg und die Burg Waldburg würden Besucher anziehen, wodurch von einer überdurchschnittlichen Nutzung des Gebietes als Erholungsraum auszugehen sei. Der Untersuchungsraum habe folglich sehr gute Voraussetzungen zur weiteren Entwicklung des „sanften Tourismus“ als bedeutendem Wirtschaftsfaktor in einem möglichen Landschaftsschutzgebiet.

So geht es jetzt weiter:

Das Landratsamt schreibt auf seiner Internetseite, das Gutachten werde jetzt im Landratsamt geprüft - mit dem Ziel, „hierzu eine fundierte eigene Haltung zu entwickeln und dann in einen öffentlichen Diskussionsprozess einzutreten“.

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