Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Interessierte,
heute in den frühen
Morgenstunden wurde nach einer Nachtsitzung im Trilogverfahren zwischen Europäischer
Kommission, Europaparlament und Rat der Durchbruch bei der
EU-Erneuerbaren-Richtlinie (RED III) erreicht. Vorausgegangen waren fast zwei
Jahre intensive Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen.
Die Trilogeinigung
ist eine informelle Einigung, die jetzt noch von EP und Rat formell angenommen
werden muss.
Die Beschlüsse zur
EU-Richtlinie für erneuerbare Energien sind ein Durchbruch für Europa. Das
Tempo des Ausbaus der Erneuerbaren wird europaweit verdoppelt. Die Ziele des
Koalitionsvertrags für die Erneuerbaren werden damit rechtsverbindlich - und
zwar nicht nur für Deutschland sondern für alle Mitgliedsstaaten. Wir machen
Tempo bei der Energiewende und um schneller unabhängig von russischem Gas zu
werden. Erst 2018 wurde die Erneuerbaren-Energien-Richtlinie während der Großen
Koalition in Deutschland reformiert. Das Hauptziel für den Erneuerbaren-Ausbau
wurde auf 32,5% am gesamten Energieverbrauch europaweit in 2030 angehoben.
Heute haben wir lediglich rund 20% erreicht. Ursprünglich hatte die EU-Kommission
nach den Klimaprotesten und der Europawahl 2019 im Rahmen des Green Deals 40%
vorgeschlagen. Nach dem Angriff auf die Ukraine erhöhte die EU-Kommission ihren
Vorschlag auf 45%.
Was nun
herausgekommen ist:
- Die
EU hebt ihr bisheriges Erneuerbaren-Ziel von 32,5% auf 45% an.
42,5% Prozent werden wie bisher durch Mitgliedstaaten erbracht; 2,5%
werden durch weitergehende freiwillige Beiträge der Mitgliedstaaten oder
EU-Maßnahmen. Daneben sind viele verbindliche Sektorziele vereinbart
worden, damit neben dem Stromsektor auch in den anderen Sektoren der
Umstieg auf Erneuerbare Fahrt aufnimmt.
- Beim Erneuerbare-Wärme-Ziel:
Das bisher unverbindliche Ziel
für den Wärmebereich wird verbindlich und auf 1,1 Prozentpunkte Steigerung
pro Jahr festgelegt. Hinzu kommt ein neues, indikatives Gebäudeziel von
49% Erneuerbare Energien am Wärmebedarf in Gebäuden.
- Im Verkehrssektor erhöht sich das bereits verbindliche
Ziel von 14% auf 29%.
- In der Industrie muss verbindlich bis 2030 42% des
eingesetzten Wasserstoffes aus Erneuerbaren Energien kommen, und dann 60%
in 2035. Der Anteil von EE am Energieverbrauch der Industrie insgesamt
soll jedes Jahr um 1,6% steigen.
- Wir
beschleunigen die Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energien und Netze.
Die Regelung aus der Notfallverordnung, die wir letztes Jahr im Zuge der
Krise vereinbart haben, werden zukunftsfest gemacht und dauerhaft
fortgeschrieben. Auch in der EU sind jetzt Erneuerbare und Netzausbau von
überragendem öffentlichen Interesse. Damit kann z.B., wenn es schon bei der
Ausweisung der Flächen eine Umwelt- und Artenschutzprüfung stattgefunden
hat auf deine weitere Prüfung für die einzelne Anlage verzichtet werden,
aber nur, wenn angemessene Vermeidungs- oder Ausgleichsmaßnamen getroffen
wurden, das Naturschutzniveau also hoch bleibt. Dies war im ursprünglichen
Vorschlag der EU-Kommission so nicht vorgesehen, sondern kommt nun auf
deutsche Initiative hin in verstärkter Form.
- Neuer
Schwung für grenzüberschreitende Projekte:
jeder Mitgliedstaat muss mindestens 1 grenzüberschreitendes Projekt für
die Erneuerbaren angehen. Damit wird die gemeinsame Zusammenarbeit
gestärkt, bspw. bei gemeinsamen Offshore-Projekten.
Das alles ist eine gute Nachricht für Investitionen in die
Erneuerbaren. Die RED III wird einen Boom von zukunftsfähigen Investitionen
überall auslösen.
Das bedeutet
dauerhaft Unabhängigkeit von fragwürdigen Lieferanten von fossilem Öl, Gas,
Kohle und Uran. Die Kosten für die Erneuerbaren sinken seit Jahren
kontinuierlich. Der Erfolg der Erneuerbaren am Markt wird durch die RED III
gesichert. Das verschafft unserer Industrie Wettbewerbsvorteile in
Zukunftssektoren.
Besonderer Knackpunkt
bei den Verhandlungen war bis tief in die Nacht die Frage, ob mit Atomenergie erzeugter
Wasserstoff auf die EE-Ziele angerechnet werden darf, worauf besonders Frankreich gedrängt hatte.
Das ist der Kompromiss: Es findet keine Anrechnung auf die EE-Ziele statt. Auch
eine Berücksichtigung auf das Hauptziel findet nicht statt. Allerdings erhalten
Mitgliedsländer, die ihr Hauptziel erreichen und mit Blick auf die in der
Industrie genutzten Brennstoffe weitgehend dekarbonisiert sind, einen Abschlag
auf das EE-Wasserstoff-Unterziel in der Industrie und damit etwas mehr
Flexibilität. Konkret: Wer a) sein Hauptziel erreicht und b) seinen Anteil
fossiler Brennstoffe in der Industrie auf 23% in 2030 gesenkt hat, kann einen
Abschlag von 20% auf das EE-H2-Unterziel in der Industrie erhalten (also statt
42% -> 33,6%). Für das 2035-Ziel bekommt man diesen 20% Abschlag nur
dann, wenn der Anteil der fossilen Brennstoffe auf 20% gesunken ist (und das
EE-Hauptziel erreicht wird). Damit müssen weiterhin alle Mitgliedsländer die
Erneuerbaren massiv ausbauen, auch wenn sie künftig auch Atomenergie nutzen
wollen. Einen schlanken Fuss kann sich kein Land machen - die anspruchsvollen
Hauptziele gelten verbindlich für alle. Gleichzeitig gibt es klimapolitische
Fortschritte nur in europäischer Zusammenarbeit. Ein Kompromiss mit Frankreich
und anderen Pro-Atom-Staaten war daher notwendig.
Ein
Wermutstropfen ist auch die Einigung bei der Nutzung von Holz zur
Energiegewinnung, das
weiterhin als Erneuerbare Energie gilt. Zwar gibt es dank des Europaparlaments
neue Maßnahmen zum Schutz von alten und artenreichen Wäldern. Hier haben sich
vor allem die Mitgliedsländer mit einer starken Holzindustrie gegen das
Europaparlament durchgesetzt. Als Bundesregierung waren wir im Rat der
Mitgliedsländer ebenso für striktere Regeln für die Nutzung der Biomasse,
fanden dafür jedoch keine Mehrheit.
Insgesamt ist diese
Einigung ein echter Durchbruch für die Erneuerbaren in der EU und zeigt, wie
viel sich trotz aller Widerstände in die richtige Richtung bewegen lässt. Die
Bundesregierung war hier geeint erfolgreich. Von einem Anteil der Erneuerbaren
in 2022 von 20,4% am Endenergieverbrauch, müssen wir in 2030 nun über 40%
erreichen.
Klar ist auch: Das reicht immer noch nicht für die Erreichung der Pariser Klimaziele. Gleichzeitig war die EU noch nie so ambitioniert. Wir arbeiten im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz weiter für mehr Ambitionen und Mehrheiten dafür unter den EU-Mitgliedsländern. Dazu beigetragen haben unsere Beamt*innen in Brüssel und Berlin, die auch hier für den Green Deal mit ungezählten Überstunden und hoher Professionalität verhandelt haben.
Mit optimistischen
Grüßen,
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