Samstag, 10. August 2024

Deutschland muss entsiegeln

Die DUH hat sich Städte mit mehr als 50.000 EW vorgenommen. Unser ländlicher Raum ist davon, oberflächlich gesehen, unberührt - aber nicht wirklich, denn viele Orte tragen dieselben Merkmale der vergangenen Jahre in sich. Es lohnt sich, genauer hinzusehen.

hier  DUH

Unser Hitze-Check deckt auf: Diese Städte werden im Sommer zur Hitzehölle 

Zu viel Grau, zu wenig Grün. So lautet das Ergebnis unseres ersten deutschlandweiten Hitze-Checks. Wir haben untersucht, wie gut die Städte aufgestellt sind, um ihre Einwohnerinnen und Einwohner vor extremen Hitzewellen, wie wir sie auch jetzt gerade erleben, zu schützen. Klar ist: So kann es nicht weitergehen!

Insgesamt haben wir alle 190 Städte in Deutschland mit mehr als 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern unter die Lupe genommen. Die Kriterien: Flächenversiegelung und sogenanntes Grünvolumen – also Bäume, Büsche, Wiesen und Co. Dabei bekamen 24 Städte von uns eine Rote Karte, 82 eine Gelbe Karte und immerhin 84 eine Grüne Karte. Besonders schlecht schneiden Ludwigshafen, Heilbronn, Regensburg, Worms, Mainz, Ludwigsburg und Ingolstadt ab – sie sind besonders stark versiegelt und bieten viel zu wenig kühlendes Stadtgrün. Spitzenreiter sind hingegen die Städte Detmold, Ratingen, Potsdam und Jena. Hier liegt der Anteil der versiegelten Siedlungs- und Verkehrsfläche deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt von 45 Prozent. Grund zum Aufatmen? Leider nicht, denn noch immer werden in Deutschland jeden Tag mehr als 50 Hektar Fläche für Siedlungen und Verkehr zusätzlich verbraucht. Das entspricht pro Jahr einer Fläche so groß wie die Stadt Hannover. Bei immer häufigeren Hitzetagen und Extremwetterereignissen, wie Starkregen, ist das eine enorme Gefahr. Nur unversiegelte Flächen können Regenwasser aufnehmen und ihre Umgebung auch an heißen Tagen kühlen. Wenn jetzt nicht schnell gehandelt wird, drohen also immer mehr Flutkatastrophen, extremere Temperaturen in der Innenstadt und immer mehr Hitzetote.

Wir fordern deshalb von der Bundesregierung ein rechtlich verbindliches Ziel, die Flächenversiegelung in Deutschland bis spätestens 2035 zu stoppen. Zusätzlich braucht es bundesweite Standards für die Begrünung von Schulhöfen und anderen öffentlichen Flächen. Auch auf kommunaler Ebene sollten verbindliche Grünanteile festgelegt und Umbau statt Neubau priorisiert werden. Fordern Sie jetzt mit uns die Bundesregierung auf, Maßnahmen gegen Hitze, Dürre und Hochwasser zu ergreifen.


Pressemitteilung Dienstag, 30.07.2024

Zu viel Grau, zu wenig Grün: Viele deutsche Städte fallen durch im ersten Hitze-Check der Deutschen Umwelthilfe

• Neue Daten offenbaren weiterhin dramatischen Zuwachs versiegelter Flächen in deutschen Städten

• 190 Städte im Hitze-Check: Ludwigshafen, Heilbronn und Regensburg sind am stärksten versiegelt und bieten gleichzeitig zu wenig Grünvolumen; Detmold, Ratingen und Potsdam weisen den Weg in die richtige Richtung

• DUH und GKV-Bündnis für Gesundheit Baden-Württemberg fordern für mehr Gesundheit und Umwelt in Städten: Stopp des Flächenfraß bis 2035 und verbindliche Grünanteile

Der Großteil der Städte in Deutschland schützt die Menschen nicht ausreichend vor den extrem hohen Temperaturen als Folge der Klimakrise: Sie sind gleichzeitig stark versiegelt und bieten zu wenig kühlendes Grün. Dies ist das Ergebnis des ersten Hitze-Checks der Deutschen Umwelthilfe (DUH) unter den 190 deutschen Städten mit mehr als 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Die Analyse betrachtet Flächenversiegelung und Grünausstattung in den Städten, basierend auf neuen Daten der Potsdamer Luftbild Umwelt Planung GmbH im Auftrag der DUH.

Insgesamt erhalten 24 Städte eine Rote Karte, 82 eine Gelbe Karte und 84 eine Grüne KarteBesonders schlecht schneiden die Städte Ludwigshafen, Heilbronn, Regensburg, Worms, Mainz, Ludwigsburg und Ingolstadt ab – sie sind besonders stark versiegelt und haben sehr wenig sogenanntes Grünvolumen. 

Unter den Städten mit Grüner Karte, also vergleichsweise wenig Versiegelung und hohem Grünvolumen, schneiden Detmold, Ratingen, Potsdam und Jena am besten ab. 
 
Städte wie Sindelfingen oder Kaiserslautern sind zwar extrem stark versiegelt, haben aber viel Grünvolumen. Solche Städte erhalten eine Gelbe Karte. Städte wie Pulheim und Wilhelmshaven, die eine vergleichswiese geringe Versiegelung aufweisen, aber gleichzeitig sehr wenig Grünvolumen besitzen, bekommen ebenfalls eine Gelbe Karte

 


Dazu Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH: 

„Wir fordern von der Bundesregierung
ein rechtlich verbindliches Ziel,
die Flächenversiegelung in Deutschland
bis spätestens 2035 zu stoppen.


In Zeiten der Klimakrise brauchen unsere Städte unversiegelte Böden zur Versickerung von Wasser und Grünflächen zur Kühlung. Grün ist aber nicht gleich Grün. Der Rollrasen kann mit dem alten Baumbestand nicht mithalten, deshalb ist nicht nur entscheidend, dass Versiegelung gestoppt und dort, wo es geht, zurückgebaut wird, sondern dass vor allem neben Rasenflächen auch Bäume, Büsche und Wiesen in unseren Städten zu finden sind. 

Der anhaltende Trend zu mehr Beton und weniger Grün ist alarmierend. Statt zu lebenswerten Orten der Erholung entwickeln sich unsere Städte in Hitze-Höllen. Die Bundesregierung muss jetzt wirksame Maßnahmen ergreifen, wie zum Beispiel bundesweite Standards für die Begrünung von Schulhöfen vorzuschreiben. Wir fordern verbindliche Grünanteile auf kommunaler Ebene und Umbau statt Neubau.“

Aktuell werden in Deutschland täglich über 50 Hektar Fläche für Siedlungen und Verkehr verbraucht, dies entspricht pro Jahr einer Fläche der Stadt Hannover. Das stellt in Zeiten der Klimakrise ein enormes Gesundheitsrisiko dar. Besonders folgenreich ist der Verlust großer Bäume. Gerade sie sorgen in der Stadt für einen hohen Kühleffekt. Baumlose Grünflächen haben einen etwa zwei- bis viermal geringeren Kühleffekt als baumbestandene Flächen.

Frank Winkler, Stellvertretender Leiter der vdek-Landesvertretung für das GKV-Bündnis für Gesundheit Baden-Württemberg: „Gesundheit ist untrennbar mit den klimatischen Umweltbedingungen verbunden. Menschen brauchen Erholungsorte in ihrem engsten Lebensumfeld. Dazu braucht es in unseren Städten mehr Platz für Grünflächen, die für ein gutes Klima und saubere Luft sorgen. Das zeigen wir beispielhaft in unserem gemeinsamen Projekt ‚Gesund unterwegs im Stadtquartier‘ mit der Deutschen Umwelthilfe. In den Modellstädten Mannheim und Singen gestalten wir vier Schulhöfe und die umgebenden Stadtviertel gesundheitsförderlich. Die Beteiligung betroffener Zielgruppen, in diesem Fall von Kindern und Jugendlichen, steht dabei im Fokus. Entsprechend des WHO-Ansatzes ‚Health in all policies, Whole of society und Whole of goverment‘ betrachten wir Gesundheitsförderung als eine politikfeldübergreifende und gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die uns alle angeht.“

Zentrales Problem bei der Umsetzung notwendiger Maßnahmen ist die uneinheitliche Datenerhebung durch die Bundesländer. Dazu Sascha Gey, Data Analyst von Luftbild Umwelt Planung: „Satellitendaten bieten eine zugängliche, vergleichbare und kosteneffiziente Möglichkeit flächendeckende Analysen zu zahlreichen Fragestellungen durchzuführen. Von der Bilanzierung von Versiegelung und Stadtgrün, über die Messung von Oberflächentemperaturen bis hin zum zeitlichen Monitoring von Veränderungen. Sie sind ein immer wichtiger werdendes Planungswerkzeug für Städte und Kommunen bei der Klimaanpassung und Stadtplanung - damit Maßnahmen dort getroffen werden, wo Sie am meisten bewirken."

Zur Methode des Hitze-Checks:

Bei der Flächenversiegelung ist die Bewertungsgrundlage der deutschlandweit durchschnittliche Anteil der Versiegelung an der Siedlungs- und Verkehrsfläche in Höhe von 45 Prozent. Zu Siedlungs- und Verkehrsflächen zählen Wohnhäuser, Straßen, genauso wie Parks oder auch Friedhöfe. Eine Rote Karte erhält, wer mit mehr als 50 Prozent einen deutlich überdurchschnittlich hohen Anteil versiegelte Fläche hat. Eine Gelbe Karte erhält, wer 45 bis 50 Prozent versiegelte Fläche aufweist und eine Grüne Karte, wer mit 45 Prozent unter dem deutschlandweiten Durchschnitt liegt.

Das Grünvolumen betrachtet Grünflächen mit klimaregulierendem Effekt und wird in Kubikmeter pro Quadratmeter angegeben. Ein durchschnittlich hoher Laubbaum hat ein Grünvolumen von etwa 3.400 Kubikmeter.

Für die Gesamtbewertung wurden die Flächenversiegelung und das Grünvolumen kombiniert betrachtet, wobei die Flächenversiegelung stärker gewichtet wird.

Links: Am Ende dieser Seite finden Sie: Das Ranking mit allen 190 Städten sowie einer Übersicht nach Bundesländern

Ein Forderungspapier der DUH für mehr Grün statt Grau in deutschen Städten
Mehr Infos zum Modellprojekt in Mannheim und  Singen: 
https://www.duh.de/themen/natur/stadtnatur/gesund-unterwegs-im-stadtquartier/

 Kontakt:

Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin DUH
0170 7686923, metz@duh.de

Frank Winkler, Stellvertretender Leiter vdek-Landesvertretung für das GKV-Bündnis für Gesundheit Baden-Württemberg
0711 2395419, frank.winkler@vdek.com
 

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