Ein guter Kommentar zum Artikel unten von Ernst von Wegen:
Jedem der Leser hier kann ich nur empfehlen die Videos von Tobias Wagner "Elektro Trucker" auf Youtube selber zu schauen. Er macht jede Woch eins und es sind erst 7? die man sehr gut wegschauen kann. Und danach ist man wirklich aufgeschlaut!
Ich war auch ganz baff als ich die vor zwei Wochen entdeckt habe. Ich war zwar vorher auch schon überzeugt das sich der Elektro LKW durchsetzen wird, aber dass es in der Praxis schon so gut funktioniert war mir nicht klar.
Es hat wirklich einen AHA Effekt wenn einem klar wird wie sehr die Berichterstattung über dieses Thema verzerrt ist und wie sehr es sich von der Praxis die sich jetzt einfach durchsetzt unterscheidet.
Die Zeit hier Von Christoph M. Schwarzer 27. August 2024,
Elektrische Lkw: Die E-Brummis kommen
Wie lassen sich Lkw sauber antreiben? Dafür suchte die Industrie lange nach guten Lösungen. Jetzt setzen sich E-Lkw durch. Die Wende könnte schneller gehen als bei Autos.
Elektrische Lkw: Der gesetzlich erlaubte Fahr-Rhythmus passe ideal zu Batterie-Lkw,
sagt der Elektrotrucker Tobias Wagner.
Viereinhalb Stunden am Steuer. 45 Minuten Pause. Und noch mal viereinhalb Stunden auf dem Asphalt. Diese maximalen Lenkzeiten schreibt das Gesetz Truckern vor. Der Rhythmus passe ideal zu Batterie-Lkw, sagt Tobias Wagner. Er muss es wissen, denn seit Anfang Juli fährt er selbst E-Lkw. Wagner nennt sich auf seinem YouTube-Kanal Elektrotrucker. Nach mehreren Wochen ist er überzeugt, dass sich dieser Antrieb für schwere Nutzfahrzeuge durchsetzt. Nicht Wasserstoff. Nicht der synthetische Diesel. Nicht die Oberleitung.
Angestellt wurde Tobias Wagner von Nanno Janssen. Die gleichnamige Spedition im ostfriesischen Leer hat 60 Zugmaschinen, sechs davon sind elektrisch. "Ich habe 30 weitere bestellt", sagt Janssen. Die Motivation: "Wirtschaftlichkeit hat Priorität." Janssen ist ein nüchterner Rechner – so wie es in der Branche mit ihren geringen Margen notwendig ist. Er ist sicher, dass sich die Investitionen in drei bis vier Jahren auszahlen.
Für die zehn Ladesäulen auf dem Betriebshof mit je zwei Ladepunkten und die ersten Lkw hat er eine Förderung von 80 Prozent bekommen. Die zukünftigen Zugmaschinen aber sind frei finanziert. 280.000 bis 300.000 Euro sind fällig. Beim Dieselantrieb sind es nur rund 130.000 Euro.
Niedrige Fahrenergie- und Mautkosten
Dass sich das rechnen kann, liegt zum einen an den Fahrenergiekosten. Lkw-Diesel kostet inklusive Steuern rund 1,60 Euro pro Liter. Bei einem Verbrauch von 34 Litern sind das gut 54 Euro für 100 Kilometer. Der Strom kann im Preis stärker schwanken, liegt aber bei etwa 35 Cent pro Kilowattstunde. Multipliziert mit einem Verbrauch von rund 100 Kilowattstunden macht das 35 Euro auf 100 Kilometer – fast zwanzig Euro Ersparnis. Eine Fotovoltaikanlage senkt die Kosten noch einmal deutlich.
Außerdem sind elektrische Schwerlast-Lkw bis Ende 2025 von der Maut befreit. Danach werden es etwa zehn Cent pro Kilometer sein. Normalerweise sind es etwa 40 Cent. Elektrisch fahren lohnt sich.
Allerdings hat sich der sachliche Spediteur Janssen mit dem begeisterten Fahrer Wagner keinen Amateur in den Betrieb geholt. Tobias Wagner ist Gründer des Start-ups ChargeX, das eine Art Mehrfachsteckdose für Elektroautos anbietet. Inzwischen ist er dort nur noch als Gesellschafter tätig. Auf der Suche nach einer neuen Aufgabe hat er umgesattelt und den Lkw-Führerschein gemacht.
Ihm muss also niemand erklären, wie man Reichweiten einschätzt oder wie lange ein Ladestopp wirklich braucht. Die Autowelt habe den Weg für die E-Lkw bereitet, sagt Wagner. "Es ist alles erfunden und vorhanden. Die elektrischen Lkw haben eine erstaunliche Reife. Man muss es nur tun."
E-Lkw unmittelbar vor Serienanlauf
Prinzipiell mag das stimmen. Aber es fehlt in der Realität noch eine Menge. So hat Mercedes zwar eine umfangreiche Werbekampagne für den e-Actros mit 625 Kilowattstunden Energieinhalt gestartet. Damit sollte man rund 600 Kilometer am Stück fahren können. Ein Schwerlast-Lkw darf auf der Autobahn maximal 80 Kilometer pro Stunde fahren, legt in 4,5 Stunden also 360 Kilometer zurück – dann ist ohnehin eine Pause vorgeschrieben. Die Auslieferung des e-Actros jedoch lässt bis 2025 auf sich warten. Bei anderen Herstellern sieht es ähnlich aus.
Noch ganz am Anfang steht auch der Aufbau der Ladesäulen. Es gibt diverse Vorzeigeprojekte wie den Rhein-Alpen-Korridor von Aral Pulse. Die meisten Elektrotrucker aber müssen sich aktuell an den Ladeparks der Pkw bedienen. Das nimmt zum einen E-Autos den Platz weg. Außerdem kann es umständlich sein: Der Fahrer muss dafür oft die Zugmaschine vom Auflieger trennen. Und das Aufladen dauert meist länger.
Dabei ist eigentlich klar, wie ein Lkw-Ladenetz aussehen müsste. Die Basis bilden die Betriebshöfe, auf denen heute eigene Diesel-Zapfsäulen üblich sind. Für die Langstrecke wiederum hat die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur 350 besonders wichtige Standorte identifiziert. Die Nationale Leitstelle gehört zu einer Gesellschaft im Besitz des Bundesverkehrsministeriums. Für die Untersuchung konnten die Mitarbeiter auf die wahrscheinlich beste Quelle zugreifen, die es für Lkw gibt: die Mautdaten.
An den 350 Standorten, von denen etwa 100 simple Lkw-Parkplätze ohne Tankstelle und Restaurants sind, müssen mehr als 4.000 Ladepunkte entstehen. Nicht ganz die Hälfte davon braucht nach der Analyse der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur das Megawatt Charging System. Diese Ladesäulen liefern statt 300 oder 400 Kilowatt über 1.000 Kilowatt.
Neben den etablierten Ladesäulenbetreibern hat die Industrie selbst ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Namen Milence gegründet. Es hat bereits Megawatt Charger in Frankreich und den Niederlanden eröffnet. Deutschland folgt in Kürze mit Ladeparks an der A 9 zwischen Leipzig und Berlin sowie am Hermsdorfer Kreuz in Thüringen.
Noch vor wenigen Jahren war nicht absehbar, ob sich E-Lkw durchsetzen. Neben den CO₂-Vorgaben der Europäischen Union unterstützen stark sinkende Batteriepreise die Entwicklung. Der Zelltyp etwa, der im Mercedes e-Actros verbaut ist, wird auf dem chinesischen Leitmarkt derzeit für circa 50 Euro pro Kilowattstunde gehandelt. Vor zwei Jahren war es noch doppelt so viel. Die Kosten auf Zellebene sind etwas anderes als der Verkaufspreis einer Zugmaschine. Trotzdem wird sich der Abstand zwischen Diesel- und Elektroantrieb mittelfristig verkleinern.
Verbände weiter skeptisch
Während die Teststrecke für Oberleitungs-Lkw zwischen Hamburg und Lübeck eingestellt wird und Wasserstoff-Lkw weiter nur im Feldversuch unterwegs sind, schaffen die Logistikunternehmen Fakten. So hat DSV aus Dänemark 300 Batterie-elektrische Volvo-Zugmaschinen geordert, die bis 2026 ausgeliefert werden sollen. Aldi Süd installiert an seinen Standorten spezielle Ladestationen. Kaufland beliefert nach Baden-Württemberg demnächst auch diverse Standorte in Niedersachsen mit elektrischen Renaults und Mercedes. Fast alle großen Logistiker von Kühne Nagel bis Große-Vehne planen, E-Lkw zu kaufen.
Während Spediteure, die genau rechnen müssen, bereits begriffen haben, dass alles elektrisch wird, überwiegt bei den Interessenverbänden die Skepsis. So verweist der Bundesverband Spedition und Logistik auf synthetische, klimaneutrale Kraftstoffe für den Verbrennungsmotor. Und vom Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung heißt es, dass die mittelständischen Transportunternehmen den "Transformationsprozess bis 2030 nicht ohne echte staatliche Zuschüsse in die Fahrzeuganschaffung und in den Aufbau betrieblicher Ladeinfrastruktur stemmen können". Die Skepsis könnte also auch Strategie sein, um sich staatliche Unterstützung zu sichern.
Das Potenzial, CO₂ einzusparen, ist jedenfalls groß: Rund ein Drittel der Emissionen im Verkehrssektor entfallen auf Nutzfahrzeuge. Und anders als Autos, die 15 und mehr Jahre unterwegs sind, bis sie ausgetauscht werden, wird eine Zugmaschine für einen 42 Tonnen schweren Sattelzug nach sieben oder acht Jahren ersetzt. Obwohl Autos bei der Antriebswende der Vorreiter waren, könnten Lkw sie bald einholen.
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