Solarkraft: Gefahr von Sonnenbrand
Der Solarboom in Deutschland geht mit steigender Geschwindigkeit weiter. Das bringt das schwache Netz an seine Grenzen. Es gäbe eine einfache Lösung
Was für sonnige Zeiten! Während der Bau von Windrädern in Deutschland weiterhin schwächelt, gibt es bei Solarmodulen einen Rekord nach dem anderen. Noch einmal 25 Prozent mehr Fotovoltaik-Module wurden im ersten Halbjahr installiert, im Vergleich zum selben Zeitraum des eh schon fabelhaften Rekordjahrs 2023.
Damals bescherten vor allem die Eigenheim- und Balkonbesitzer das Wachstum, jetzt sind es die Besitzer von Gewerbedächern und die Entwickler großer Solarparks. Sie installieren massenhaft chinesische Module, die wegen der Überkapazitäten in den dortigen Riesenfabriken so billig sind wie nie zuvor. Man solle jetzt zugreifen, jubeln Branchenvertreter, einen günstigeren Zeitpunkt zum Kauf werde man kaum mehr erwischen. Dem Klima (und der von ihm abhängigen Menschheit) kann das alles nur recht sein.
Alles wolkenlos also? Leider nicht. Denn der entfesselte Zubau der immer leistungsstärkeren Silizium-Platten bringt an anderer Stelle gravierende Probleme mit sich: im Stromnetz. Vor allem im gut eine Million Kilometer langen Verteilnetz, das die Gebäude an die Elektrizitätsversorgung anschließt. Den mehr als 860 Betreibern dieser Netze verdüstern die überall wachsenden Solarmodule zunehmend die Laune.
Denn im Netz müssen sich Stromerzeugung und -verbrauch stets die Waage halten, das ist ein physikalisches Gesetz. Wenn nun aber an immer mehr Orten in sonnigen Mittagsstunden die Stromproduktion explodiert, während der Verbrauch gleich bleibt, gefährdet das die Netzstabilität.
Im schlimmsten Fall droht bei schwach ausgebauten Netzen sogar ein lokaler Kollaps.
Das Problem: Die in Deutschland installierten Solaranlagen sind alles andere als smart und flexibel. Ihre Steuerung hat keine Ahnung, wie es gerade da draußen im Stromnetz aussieht – die Module speisen in der Regel einfach hemmungslos alles ein, was sie produzieren.
Hier zeigt sich einmal mehr, wie fatal es ist, dass Deutschland die Digitalisierung verschlafen hat. Denn es gibt auch für dieses Solarproblem längst eine technische Lösung. Man müsste sie nur umsetzen.
Natürlich lautet diese Lösung nicht, den endlich in Schwung gekommenen Ausbau wieder abzuwürgen, wie es Gegner der Energiewende jetzt fordern. Sondern die Anlagen netzdienlicher zu machen, wie das in der Fachsprache heißt.
Start-ups bieten das ihren Kunden bereits an: Mit etwas technischer Aufrüstung werden die Solaranlagen flexibel und steuerbar. Durch die Installation eines digitalen Messgeräts namens Smart Meter und eines Steuerungsprogramms kann die Anlage erkennen, ob es gerade ein Überangebot an Strom gibt, dann ist der aktuelle Strompreis nämlich niedrig. In solchen Stunden speichert sie den Sonnenstrom dann in einer Batterie im Keller ein – so eine Batterie wird bereits bei 80 Prozent der neuen Solaranlagen mit eingebaut. Und wenn die Sonne untergeht und der Strombedarf wächst, speist sie die gespeicherte Energie ins Netz ein, für gutes Geld.
Es ist höchste Zeit, dass diese Technologie sich flächendeckend durchsetzt. Die Regierung sollte dafür die aufs unflexible Einspeisen getrimmte Solarförderung zügig anpassen und den Einbau von digitalen Messgeräten beschleunigen. Damit die Sonnenstrom-Produzenten endlich einen Anreiz haben, sich netzsozial zu verhalten. Und damit wir uns weiterhin freuen können über immer neue Solarrekorde.
hier Verbraucherzentrale Stand: 11.03.2024
Smart Meter: Was Sie über die neuen Stromzähler wissen müssen
Smart Meter ermitteln nicht nur den Stromverbrauch, sie können die erhobenen Daten auch direkt versenden – zum Beispiel an den Stromversorger oder den Netzbetreiber. Aber nicht alle Haushalte werden so ein intelligentes Messsystem bekommen.
Alle Haushalte in Deutschland werden bis 2032 mit digitalen Stromzählern ausgestattet.
Bestimmte Haushaltsgruppen werden mit intelligenten Messsystemen (umgangssprachlich: "Smart Meter") ausgestattet. Diese besonderen digitalen Zähler können die Messdaten versenden und auch Signale von außen empfangen.
Smart Meter sollen in erster Linie bei Haushalten mit hohem Stromverbrauch, einer eigenen Erzeugungsanlage (z.B. Photovoltaik-Anlage) oder sogenannten steuerbaren Verbrauchseinrichtungen (z.B. Wärmepumpen oder Wallboxen) installiert werden.
Was bedeuten die Begriffe moderne Messeinrichtung, intelligentes Messsystem und Smart Meter?
Als moderne Messeinrichtung werden digitale Stromzähler bezeichnet, die keine Daten senden oder empfangen. Sie erkennen sie an einer digitalen Anzeige, auf der der Zählerstand abgelesen werden kann. Stück für Stück werden die analogen schwarzen Stromzähler mit Drehscheibe (Ferraris-Zähler) durch diese digitalen Zähler ersetzt. Im Unterschied zu analogen Zählern erfassen moderne Messeinrichtungen den Verbrauch zusammen mit der tatsächlichen Nutzungszeit und zählen nicht einfach nur den Gesamtverbrauch hoch. Es besteht außerdem die Möglichkeit, eine moderne Messeinrichtung in ein Kommunikationsnetz einzubinden – damit wird sie zu einem intelligenten Messsystem.
Ein intelligentes Messsystem besteht aus zwei Elementen:
einem digitalen Stromzähler (moderne Messeinrichtung)
und einem Kommunikationsmodul (Smart-Meter-Gateway).
Das Kommunikationsmodul ermöglicht die Einbindung des Zählers in ein Kommunikationsnetz und die sichere Datenübertragung. Das intelligente Messsystem kann daher – anders als eine moderne Messeinrichtung – Daten senden und auch empfangen. So kann der Zählerstand automatisch übermittelt werden (Fernauslesung). Außerdem wird es in Zukunft möglich sein, Preis- oder Steuersignale über das intelligente Messsystem zu empfangen.
Der Begriff „Smart Meter“ wird in Deutschland häufig als alternative Bezeichnung für das intelligente Messsystem verwendet. Eigentlich meint der Begriff jede Art von Zähler, die kommuniziert, also Daten sendet und empfängt. Bei kommunizierenden Unterzählern und intelligenten Zählern, wie sie im Ausland genutzt werden, trifft die Bezeichnung Smart Meter also ebenfalls zu – allerdings sind diese technisch nicht unbedingt mit dem intelligenten Messsystem gleichzusetzen.
viel mehr noch im Original-Artikel
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